Tim Mälzer: "Ich wäre gerne Österreicher“
Tim Mälzer über den TV-Quotenbringer Kitchen Impossible, seine Fähigkeit zur Selbstkritik und die Zukunft der Gastronomie.
Eins gegen eins, neun Duelle rund um die Welt. Seit Sonntag können wir wieder Tim Mälzer – streitbar und ehrgeizig wie eh und je – über die Schultern blicken, wenn er in der Kochshow „Kitchen Impossible“ (VOX 20.15, Streaming auf RTL+) gegen Köche und Köchinnen antreten muss. Das Geheimrezept der Show: Eine Zutatenliste bekommen die Teilnehmer nicht – sie müssen durch Schmecken und Riechen die Gerichte nachkochen.
So viel Konfliktpotenzial schmeckt den Zusehern: Den Auftakt der Staffel verfolgten rund 1,5 Millionen Zuseher. Kommenden Sonntag tritt der Hamburger Bulle gegen die Wiener Gastronomin Haya Molcho (Neni) an, am 6. März folgt Haubenkoch Alain Weissgerber (Taubenkobel), am 27. März das Trio Felix Schellhorn, Philip Rachinger (Mühltalhof) und Lukas Mraz (Mraz & Sohn).
Tim Mälzer: Im besten Fall bleibt beides zusammen in Erinnerung – ein schöner Ort mit einem tollen Essen. Das ist aber nicht immer der Fall, weil die Konkurrenten mir oft Fallstricke legen wollen. Aber grundsätzlich werde ich nicht müde, die Kombination aus dem Entdecken anderer Kulturen und Speisen, vor allem aber auch dem Kennenlernen von Menschen, zu feiern.
Wie selbstkritisch sind Sie denn? Wie lange können Sie sich Fehler nicht verzeihen?
Ich glaube, dass ich zu den selbstkritischsten Menschen in unserem Gewerbe gehöre. Ich hadere sehr lange mit mir, wenn ich etwas richtig Dummes gemacht habe. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, weil ich es nicht besser wusste, finde ich es mitunter sogar ganz gut. Wenn ich aber etwas falsch gemacht habe, obwohl ich es besser wusste und das Wissen aber nicht abrufen konnte, dann trage ich das auch schon mal eine Woche lang mit mir herum.
Ich schaue voller Neid auf die österreichische Landesküche und vor allem auf die Köche, da sie vor allem handwerklich herausragend qualifiziert sind und in den meisten Fällen einen sehr schönen, unmittelbaren Kontakt zu ihrer Region und zu ihrer Umwelt haben. Und Österreich schafft es, Moderne mit Tradition zu verbinden – das mag ich sehr. Ich wäre gerne Österreicher. (lacht)
Meine Kindheit war kulinarisch betrachtet sehr breit gefächert, da ich in einer sehr modernen Familie groß geworden bin. Schon meine Großmutter war kulinarisch-kulturellen Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen, was bei mir damals allerdings nicht immer zu Begeisterungsstürmen geführt hat. Es gab nämlich eher selten Pommes und Schnitzel.
Die Achterbahn der Gefühle, die wir Gastronomen durchgemacht haben, würde den Rahmen dieser Frage sprengen. Grundsätzlich wurde in mir aber vor allem ein Gefühl ausgelöst: dass ich sehr, sehr stolz bin, ein Teil dieser unfassbaren Gastronomie-Bande zu sein. Weil wir bewiesen haben, dass wir flexibel, anpassungsfähig, kreativ sowie innovativ sind und uns eigentlich keiner Herausforderung nicht gestellt haben und ja – dafür können wir uns alle mal auf die Schulter klopfen.
Ich glaube, dass wir uns in den nächsten ein, zwei Generationen von vielen Traditionsgasthäusern verabschieden müssen. Weil der Beruf einem alles abverlangt wie Verzicht auf Privatleben oder Verzicht auf ein stark ausgeprägtes Sozialleben. Ich glaube, dass sich die Gastronomieszene noch breiter aufstellt, noch qualitativer und noch angenehmer für den Gast wird, es gleichzeitig aber immer schwieriger für den Wirt werden wird, sich zu differenzieren.
Ich mache ja ganz viele unterschiedliche Dinge parallel wie zum Beispiel meine Gastronomien, meine Cateringfirma, die TV-Formate oder auch Kochbücher. So lange es mir Freude macht, Kraft gibt und ich das Gefühl habe, eine Geschichte erzählen zu dürfen, sehe ich keinen Grund, etwas zu verändern. Allerdings würde ich mich auch freuen, ein studierter Tischler-Architekt zu sein, der mit seinen eigenen Händen Möbel macht und eine architektonische Sehenswürdigkeit im Hamburger Stadtbild präsentiert. Tischler-Architekt – gibt es den Studiengang? Wenn nicht, habe ich ihn gerade erfunden. (lacht) Sprich: Ich wäre auch gerne Tischler oder Architekt.
Zur Person
Familie
Tim Mälzer wurde als Sohn eines Delikatessenhändlers am 22. Januar 1971 in Elmshorn (Schleswig-Holstein) in Nord-Deutschland geboren. Nach seiner Matura und dem Zivildienst absolvierte er eine Koch-Lehre im Hamburger Hotel InterContinental. Sein Privatleben hält Mälzer geheim: Er soll verheiratet sein und drei Kinder haben.
Karriere
Seit 2009 betreibt er die „Bullerei“ im Hamburger Schanzenviertel – daher auch die Spitznamen Kochbulle oder Hamburger Bulle. 2003 startete Mälzer mit der Kochshow „Schmeckt nicht – gibt's nicht“. Im Dezember 2014 wurde die erste Folge "Kitchen Impossible" ausgestrahlt.
Kommentare