So wie sich die KI eine Skihütte vorstellt: Schnee, ein Tisch, auf dem Kaiserschmarrn, Pasta asciutta und Germknödel steht und Wintersportler, die sich freuen

Von wegen alpin: Wie Germknödel und Pasta die Skihütte eroberten

Skihütten servieren, was schnell sättigt und allen schmeckt. Doch wie passen Germknödel, Kaiserschmarrn und Pasta in die Berge?

Spätestens wenn die Oberschenkel flattern, heißt es: Energie tanken, Hunger stillen. Hinaus aus der Skibindung, hinein in die Skihütte

Drinnen dampfen Germknödel in Vanillesauce, Pasta asciutta mit staubtrockenem, geriebenen Parmesan wird in beeindruckender Geschwindigkeit auf die Teller geschaufelt. Und dann sind da noch die Berner Würstel mit Pommes, die viele schon seit der ersten Liftfahrt herbeisehnen. Oder die Suppe aus Suppenpulver mit Kaspressknödel

Was haben Pasta und Kaiserschmarren auf der Alm verloren?

Was in den Hütten auf die Teller kommt, ist ein wilder Mix, der mit echtem Alpin-Flair so viel zu tun hat wie ein Coffee-to-go-Becher mit einem Bergbauernfrühstück. Germknödel und Kaiserschmarren? Ursprünglich eher im östlichen Flachland zu Hause. Pasta asciutta? Eine kulinarische Erinnerung an die westdeutschen Wirtschaftswunderjahre, als Spaghetti die Sehnsucht nach Bella Italia stillten.

"Das kulinarische Angebot spiegelt oftmals eher die Erwartungen der dominierenden, oftmals städtisch-kleinbürgerlich sozialisierten Klientel als die Traditionen der alpinen Küche", sagt der Kulturwissenschafter Bernhard Tschofen.

Der Vorarlberger ist Kulturwissenschaftler und lehrt an der Uni Zürich. Das gebe es in ähnlicher Form bereits für die Hütten der Alpenvereine seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. "An unseren Vorstellungen alpiner Küche haben die städtischen Köchinnen und Köche ordentlich mitgekocht."

Man zahlt eben auch dafür, dass es schnell geht und effizient nährt. Bei Tageskartenpreisen um die 80 Euro will der Gast oft keine Zeit verlieren.

Bernhard Tschofen Kulturwissenschafter

Und doch haben sich einige originären Speisen aus den Bergen auf der Hütte durchgesetzt. Aus gutem Grund: "Interessanterweise sind aber gerade Klassiker der alpinen Küche wie Knödel und Spätzle sehr gut mit Fertigprodukten und System vereinbar. Sie haben strukturell vergleichbare Hintergründe: leicht transportierbare Zutaten und geringer Energieaufwand, dabei aber gute Sättigung und viel Geschmack."

Pasta asciutta kam nach Schinkenfleckerl auf die Skihütte

Ähnlich ist es bei der Pasta asciutta. Ob man damit vor Jahrzehnten die Sehnsucht nach Italien stillen wollte? Womöglich. Tschofen sieht vor allem aber einen pragmatischen Grund. "Pasta mit – heute zusehends wählbarer – Sauce ist seit den Sechzigern gewissermaßen ein Nachfolger von Wurstnudeln und Schinkenfleckerl.  Beides folgt der Logik von Teigwaren plus Geschmacksbringer", sagt er.

Und das ist keine österreichische Eigenart. Auch in der Schweiz gehören "Ghackets und Hörnli" und "Älplermagronen", die ihren Ursprung in Kasernen und Kantinen haben, zu den beliebtesten Hüttenklassikern.

Es geht immer auch um Mood, nicht nur um Food.

Bernhard Tschofen Uni Zürich

Die Mehlspeisenküche aus dem Gebiet der ehemaligen K. u. k.-Monarchie habe ebenfalls eine lange Tradition auf der Hütte. Und sie sei vor allem bestens mit der Systemküche vereinbar: "Vor allem vom Schmarrn wusste man schon früh, dass er nirgends so gut gelingt wie in den Bergen. Daher hat sich die Industrie früh auf solche Halbfertigprodukte konzentriert."

So eine Skihütte sei ja eigentlich ein Paradox: "Sie muss den Anschein urig-gemütlicher Gastlichkeit aufrechterhalten und zugleich ein durchorganisierter Betrieb sein, in dem in wenigen Stunden möglichst viele Gäste möglichst schnell und doch zu ihrer Zufriedenheit bedient werden."

Essen auf der Hütte ist mehr als nur Geschmack

Auch wenn das für verwöhnte Gaumen ungustiös klingen mag, wirklich grausig findet das Essen auf der Hütte niemand: "Dass diese Dinge dort besonders gut schmecken, hat natürlich auch viel mit Geschmackserinnerungen, mit Stimmungen und Emotionen zu tun, die quasi mitgegessen werden", sagt Tschofen. Oder anders gesagt: "Es geht immer auch um Mood, nicht nur um Food." 

So wie Tomatensaft im Flieger, nach dem es sonst nie dürstet, schmeckt den Skifahrern in alpiner Umgebung auch das eher schale Skiwasser.

Zur Stimmung beim Skifahren gehört aber auch, dass man sich wieder schleunigst die Ski anschnallt – vorausgesetzt man findet sie im Bretterhaufen vor der Hütte. "Man zahlt eben auch dafür, dass es schnell geht und effizient nährt. Das ist die ökonomische und kulturelle Logik des beschleunigten Skibetriebs", sagt Tschofen. 

Und er fügt hinzu: "Bei Tageskartenpreisen um die 80 Euro will der Gast oft keine Zeit verlieren."

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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