Wie die Germknödel auf die Alm kamen
Beim Blick in die Speisekarte auf der Skihütte taucht die Frage auf: Was war zuerst da – der Knödel oder die Skihütte? Gut, die Henne-Ei-Frage ist schnell geklärt.
Erste archäologische Knödelfunde auf dem heutigen Gebiet Österreichs stammen aus der Jungsteinzeit. Und damals wurden am Mondsee Pfahldörfer gebaut, aber keine Après-Ski-Stadel.
Der Knödel rollt dann weiter durch das dekadente Alte Rom, etwa beim reisefreudigen Gelehrten Plinius dem Älteren. Die Römer haben Fleisch zerkleinert und zu Rundlingen geformt: Man brauchte beim Verzehr kein Besteck und so ein weicher Happen war auch mit schlechten oder gar keinen Zähnen eine taugliche Nahrung.
Eine erste bildliche Darstellung von Knödel taucht im 12. oder 13. Jahrhundert auf. Ein Fresko in der Hochkapelle von Hocheppan in Südtirol zeigt eine Person beim Verzehr eines Knödels. Auch hier: kein Skifahrer, sondern eine Frau – vermutlich eine Hebamme – die neben Maria, die Mutter Jesu, im Wochenbett einen Knödel aufspießt. Im Mittelalter aß das Volk den Knedl mit der Hand, nur die feinen Herrschaften griffen zum "Knödelwürger".
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Ob Kloß, Küglin oder Klumpen, seit dem 15. Jahrhundert finden sich Knödelrezepte handschriftlich in Kochbüchern. Der Knödel, der Aggregat-mäßig ein bisserl zwischen Brei und Brot transzendiert, hatte einen großen Vorteil: So wie getrocknetes Fleisch oder Früchte konnte man die kompakte Kugel gut für die Jagd oder auf längeren Wanderschaften mitnehmen.
Heutzutage wäre es befremdlich, wenn wir beim Wandern auf der Alm einen mitgenommenen Knödel zum Jausnen auspacken. Das führt zu Erklärung zwei: Wo man alpin nicht viel hatte, wurden aus Speisekammer-Resten wie Brot, Speck oder Mehl Knödel geformt und konservierbar gemacht.
Heute ist der Knödel von Südtirol über Bayern und Böhmen bis Oberösterreich Kulturgut, regelrecht endemisch. Zu einer runden Sache aber wird er durch die Vielfalt: ob süß oder pikant, gefüllt oder ungefüllt, als Vorspeise, Beilage oder Dessert: alles erlaubt. Da sind wir noch gar nicht bei der Frage angelangt, ob die Grundzutat Erdäpfel, Semmel, Grieß, Mehl oder Fleisch sein soll.
Aber auf der Skihütt'n kann es nur einen geben: den Germknödel. Ob dieser mit heißer Butter oder mit Vanillesauce besser schmeckt, darüber lässt sich streiten. So lange, bis Forscher mit modernster Technik am Ur-Teigrest vom Mondsee Vanillespuren finden.
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