
Trend zu Saftkuren: Was sie wirklich bringen
Fasten ohne feste Nahrung hilft kurzfristig, ein Ernährungsmediziner warnt aber vor überzogenen Hoffnungen.
Von M. Eichhorn-Zachariades
Eine Saftkur, was für eine großartige Idee – dachte ich zumindest. Aber ich bin ehrlich: Von den ursprünglich geplanten sechs Tagen ohne feste Nahrung (erlaubt sind ausschließlich Säfte, Tee, Wasser und klare Brühe) habe ich nur drei durchgehalten. Nicht etwa, weil die Säfte nicht geschmeckt hätten – im Gegenteil! Sorten wie Grüntee mit Kräutern, Quitte, Zitrusfrüchten und Moringa oder eine Mischung aus Gurke, Apfel, Sellerie, Ingwer und Spinat sind genau mein Geschmack.
Schwindel beim Aufstehen, Übelkeit, zittrige Hände
Doch mein restlicher Körper war weniger euphorisch. Während ich den ersten Tag noch recht problemlos überstand, ging es ab Tag zwei rapide bergab. Fastenhoch? Fehlanzeige. Stattdessen kämpfte ich mit Konzentrationsproblemen, einem ständigen Hungergefühl und dem Wunsch, mich einfach nur hinzulegen. An Tag drei war es dann vorbei: Schwindel beim Aufstehen, Übelkeit, zittrige Hände. Mein Körper zog die Reißleine – und ich mit ihm. Hatte ich etwas falsch gemacht? Oder sind Saftkuren gar nicht so gesund, wie behauptet wird?
Das wollte ich von Ernährungsmediziner Matthias Riedl genauer wissen.
Fest steht: Fasten, also der weitgehende oder komplette Verzicht auf Nahrung, hat eine Vielzahl positiver Effekte. Studien zeigen, dass es unter anderem helfen kann, den Blutzucker zu regulieren, das Körpergewicht zu stabilisieren, den Blutdruck zu senken und Entzündungen im Körper zu reduzieren. „Auch Zusammenhänge mit einer geringeren Krebsentstehung werden derzeit erforscht“, sagt Riedl.
Jo-Jo-Effekt garantiert
Da während einer Saftkur keine feste Nahrung aufgenommen wird, wird auch die Verdauung entlastet. Daneben stellt sich der Stoffwechsel um: Durch die reduzierte Kalorienzufuhr greift der Körper schneller auf Fettreserven zurück, was kurzfristig auch zu einer Gewichtsreduktion führen kann.
Riedl warnt jedoch vor falschen Schlüssen: „Es handelt sich dabei primär um einen Wasserverlust, nicht um einen nachhaltigen Fettabbau.“ Fasten sollte deswegen nicht wie eine Diät angewendet werden. Denn wenn nach der kalorienarmen Saftkur plötzlich wieder deutlich mehr gegessen wird, ist der Jo-Jo-Effekt fast unausweichlich. Für nachhaltige Gewichtsabnahme empfiehlt Riedl deswegen statt einer (Saft-)Fastenkur eher eine langfristige Ernährungsumstellung. Da die Hunger- und Sättigungswahrnehmung nach dem Fasten häufig deutlich besser ist, eignet sich eine Fastenphase aber sehr gut, um eine Ernährungsumstellung einzuläuten.
Entgiftung nicht belegbar
Von Befürwortern hört man immer wieder, dass Saftkuren den Körper entgiften sollen. Zugesetzt sind oft vermeintliche Superfoods wie Spirulina-Algen oder Kurkuma, die den Detox-Effekt verstärken sollen.
Wissenschaftlich belegt sei das jedoch nicht, erklärt Ernährungsexperte Riedl. Da der menschliche Körper über Entgiftungsmechanismen wie Leber, Nieren, Darm und Lunge verfügt, werden toxische Stoffe kontinuierlich über diese Organe abgebaut und ausgeschieden.
„Eine zusätzliche Entgiftung ist daher nicht notwendig, auch wenn bestimmte pflanzliche Inhaltsstoffe der Säfte, darunter Antioxidantien, unterstützende Funktionen im Zellschutz haben können.“
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