"Mr. ROMY" Andi Knoll: "Jeder hat das Recht, sich zu blamieren“
Andi Knoll und Markus Freistätter über Watschen auf der Bühne, die kürzeste Dankesrede, die Umstände der Gala und den „Fernsehtiefpunkt des Jahres“.
Am kommenden Samstag (21.10 Uhr, ORF2) stehen sie bei der KURIER ROMY-Gala gemeinsam auf der Bühne der Hofburg: Moderator Andi Knoll und Schauspieler Markus Freistätter, der die Kategorie „Entdeckung“ präsentiert. Im Interview sprechen sie über Will Smith, die Schwierigkeiten mit Social Media, über Essen und Trinken und darüber, wie man die ROMY am kürzesten in Empfang nimmt.
Knoll: Ich würde mir das genauso gefallen lassen, wie es sich Chris Rock gefallen hat lassen. Das ist das Einzige, das man in der Situation machen kann. Zurückhauen geht nicht.
Knoll: Ich habe mal eine Kinopremiere moderiert, da war – ich weiß nicht mehr warum – die Jazz Gitti auf der Bühne. Die hat mir mit den Worten „Ihr spielt’s mich nie!“ ein eh fast ganz leeres Popcornsackerl über den Kopf gestülpt. Ich hab mein Mikrofon unters Sackerl geholt und weitergeredet, ganz normal. Dagegen halten geht nicht.
Freistätter: Das war beleidigend, das geht gar nicht. Wir wissen, dass der sich gerne an der Grenze bewegt. Aber wenn es um Krankheiten geht, gibt’s kein Pardon. Und die Reaktion geht auch gar nicht.
Knoll: Das kann ich jetzt eigentlich nicht ohne meinen Anwalt nicht sagen, aber: Da hat’s was. Scientology macht gaga. Das sieht man auch an Tom Cruise und John Travolta, das tut einem nicht gut. Und da war mutmaßlicher Weise noch das eine oder andere dabei, diese Dankesrede war so wirr. Da ist von Anfang bis Ende ganz viel schief gegangen. Aber schon Jahre vorher.
Knoll: Ich glaube nicht. Das ist so ein gelerntes Setting: Da sitzen unten schöne Menschen, oben steht wer, der etwas erzählt. Wir leben gerade in schwierigen Zeiten, aber das sollte natürlich trotzdem überwiegend launig sein. Und es muss ja nicht gleich eine Watsche sein – aber von so kleinen Eklats lebt das natürlich auch. Es gab ja auch bei der ROMY schon wirre Sachen, die gesagt wurden, ROMYs, die von Tischen geklaut wurden. Es ist eine Live-Sendung, bei der jeder das Recht hat, sich selber zu blamieren. Und ich werde den Teufel tun, das zu verhindern.
Freistätter: Du stehst daneben und genießt das!
Knoll: Total. Es ist ja Unterhaltung.
Knoll: Zumindest kein Verbot! Gib eam, wenn du mit den Konsequenzen leben willst.
Freistätter: Ich steh dann hinter ihm und schau, was er macht.
Freistätter: Julian Looman hat mir gesagt: Sollte er die ROMY erhalten, unterbietet er den Rekord von Tobias Moretti.
Freistätter: Den der kürzesten Rede. Tobias Moretti sagte einmal nur „Danke, danke, danke“. Julian Looman will nur „Danke, danke“ sagen.
Knoll: Falls er das liest: Ich würde ja bei „Danke“ bleiben. Dann hat er einen Rekord, den man nur noch mit einem freundlichen Nicken brechen kann!
Freistätter: Oder ROMY nehmen und gehen.
Knoll: Man sollte zumindest immer im Hinterkopf haben, was auf der Welt da draußen gerade passiert. Sonst wirkt man dümmlich oder abgehoben, und das wirft man unserer Branche ja ab und zu eh mal vor.
Freistätter: Ich weiß nicht, was er meint! (lacht)
"Würde nicht für Ukraine stimmen": Knoll über den Song Contest
Andi Knoll ist „Mr. ROMY“ – und natürlich „Mr. Song Contest“. Der geht heuer von 10. bis 14. Mai über die Bühne, Österreich ist mit „Halo“ von LUM!X feat. Pia Maria am Start. Und das Wettsingen ist hochpolitisch: Russland wurde ausgeschlossen, und die Buchmacher sehen die Ukraine ganz vorne.
„Die Grätsche zwischen dem, was weltpolitisch los ist, und dem, was dort geboten wird, ist natürlich noch größer“ als bei der ROMY, sagt Knoll.
Er selbst würde „übrigens nicht für die Ukraine stimmen“. Denn diese biete „nicht das beste Lied an dem Abend. Sinnvolle Solidaritätsbekundungen sind für mich, auf ein Benefizkonzert zu gehen, zu spenden. Aber nicht, dass man für ein Land anruft, weil man damit ein politisches Statement machen will.“
Knoll fände es daher „besser, wenn die Ukraine nicht gewinnt, weil das dem Song Contest nicht gut täte, sondern auf Platz zwei oder drei landet“. Welches Lied ist für ihn das beste? „Österreich hat heuer ein durchaus erfolgversprechendes Lied. Das italienische ist sehr italienisch, aber das würde wahrscheinlich gewinnen, wenn nicht die Ukraine mitspielen würde. Großbritannien, Schweden könnten vorne dabei sein.“
Was passiert 2023, wenn die Ukraine den ESC gewinnt? Knoll: „Dann würde ich wetten, dass alles versucht wird, dass wir nächstes Jahr in Kiew sein können und es würde großartig werden.“ Man müsse das Land nach Kräften unterstützen. Und Knoll will „möglichst bald wieder mal hinfahren“, auch wenn die Ukraine den ESC nicht gewinnt: „Es ist eine super Stadt“.
Knoll: Wir sind alle in einer Branche, in der man gutes Geld verdient mit einer Arbeit, die für viele Menschen nicht wirklich „Arbeit“ ist. Deswegen ist es wichtig, dass man nicht auf einem anderen Planeten lebt. Aber die Menschen schalten am Samstagabend ein, damit sie auch mal wieder etwas anderes hören. Davor waren ohnehin die Nachrichten, und es werden Menschen in den Dankesreden darauf Bezug nehmen. Man braucht schon auch ein paar Minuten, in denen es nicht um die beiden Hauptthemen geht. Man sollte keine ganz blöden Witze machen, sonst bekommt man zu Recht eine Watsche. Launig, aber nicht lächerlich, so würde ich es anlegen.
Knoll: Das klassische Vollprogramm-Fernsehen, länger schon totgesagt, feiert gerade Renaissance. Streamingdienste sowieso: So viel ist noch nie produziert worden. Klar, es wird alles ein bisschen schwieriger zu überblicken. Aber der Bedarf ist da. Pandemie ist schrecklich und mühsam und lästig. Aber zumindest, dass so viel Content produziert und konsumiert wurde, ist etwas Positives.
Freistätter: Es wird viel gedreht, auch vieles nachgeholt. Und es kommen alle Kinofilme auf einmal raus, bei mir die „Häschenschule“ und der Deix-Film gleichzeitig. Was natürlich auch nicht das beste ist, denn wie oft geht man privat ins Kino? Und in einen österreichischen Film?
Knoll: Wenn es keine Branchen-Partys gibt, kann man dort auch nicht besoffen im Eck hängen und entdeckt werden.
Freistätter: Natürlich gibt es Einbußen. Man konnte sich nicht so einfach auf Veranstaltungen präsentieren und Menschen kennenlernen, das fehlt. Aber man kann andere Wege finden: Es ist viel leichter, sich online casten zu lassen. Gerade die jungen Kollegen sind mit Instagram aufgewachsen und vermarkten sich selbst gerne. Man ist nicht mehr nur der klassische Schauspieler, die klassische Schauspielerin, die von zuhause abgeholt wird und zum Set gebracht wird. Nicht aus Luxusgründen…
Knoll: Na schon ein bisschen! (lacht)
Freistätter: … sondern damit man pünktlich ist! (lacht) Die Nominierten der „Entdeckung“ freuen sich alle auf die Gala.
Knoll: Und das nicht nur wegen der warmen Mahlzeit.
Freistätter: Um gemeinsam zu feiern. Das haben alle vermisst. Und wir leisten eine Förderung – indem wir die Entdeckungen in die Gala gehoben haben. Das ist ein Anliegen der ROMY, des KURIER und auch des ORF, Menschen schneller in die erste Reihe zu holen. Und nicht nur Menschen zu sehen, die vielleicht des öfteren schon eine ROMY gewonnen haben. Ich bin nicht einer, der sagt, es sind oft die selben zu sehen. Aber es sind oft die selben zu sehen. Es ist gut, wenn das ein bisschen aufbricht. Insgesamt wird zu wenig für den österreichischen Film getan.
Knoll: Früher war die Fernsehenbranche ein gemeinsamer deutschsprachiger Raum. Viel mehr österreichische Stars sind in deutsche Shows eingeladen worden.Heute kennen wir in Österreich die deutschen Schauspieler, aber die österreichischen sind umgekehrt am deutschen Markt weniger präsent. Ich weiß nicht, was da schief gegangen ist.
Freistätter: Die Wahrnehmung von Schauspielern hat sich verändert. Manche sind auch ganz stark in den Sozialen Medien zu anderen Themen präsent, wie Verena Altenberger.
Knoll: Dr. Nina Proll hat online auch ganz viel zu sagen gehabt. Das war durchaus interessant.
Knoll: Wir sind öffentlich-rechtlich, wir gehören allen. Bei Information noch viel mehr als bei Gesichtern aus der Unterhaltung. Da gibt es keine private Meinung, da kann man noch so auf seinen Twitteraccount schreiben: Ich bin hier privat. Nein, bist du nicht.
Ihr seid aber auch oft Zielscheibe von Social-Media-Meinungen. Wie geht man mit dieser Begleitmusik um, die ja oft sehr kritisch ist?
Knoll: Es kommt sehr darauf an, wer und wie viele das sagen, und in welcher Tonalität. Wer hat Recht: Will Smith – oder alle anderen? Ich habe in meinem Leben nur einen Shitstorm abbekommen. Da habe ich ein Foto gepostet, auf dem ich vor einem Spanferkel stehe und dem Kopf ein Bussi gebe. Es gab tausend Postings – „Entwürdigung des Tieres“ und so weiter. Ab dem 500. aber ging es gar nicht mehr um mich, da haben sich die Veganer mit den Landwirten gematcht. Man darf es nicht so sehr Ernst nehmen. Wie man ja auch die Lorbeeren nicht alle persönlich nehmen sollte. Außer wenn die ROMY ein fulminanter Quotenerfolg werden sollte, liegt das natürlich ausschließlich…
An mir.
Knoll: .. am Markus und nicht an mir. Ich würde mir nie den Erfolg alleine umhängen. Aber den Arschtritt auch nicht. Man ist wie eine Leinwand, die bespielt wird, und das hat man nicht immer ganz unter Kontrolle. Früher war es Menschen wie mir vorbehalten, öffentlich eine Meinung zu haben. Jetzt kann das jeder. Das ist toll, aber natürlich auch gefährlich. Die negative Emotion ist natürlich die stärkere, geschimpft wird schneller als gelobt. Diese Büchse der Pandora werden wir nicht mehr zukriegen. Man redet halt gerne, und noch lieber hat man, wenn auch wer zuhört. Übrigens, danke, dass Sie hier noch immer lesen!
Knoll: „Fernsehtiefpunkt des Jahres“. Das wäre Will Smith bis jetzt, aber das Jahr ist noch jung. Jede Parlamentsübertragung eigentlich auch. Oder „Zuschauer des Jahres“. Reden wir doch auch mal über die, die sich das alles anschauen. Jemand vielleicht, der 800 Stunden durchschaut.
Freistätter: Das dürfen alle!
Knoll: Und der kriegt auch eine warme Mahlzeit dazu.
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