Jasmin Meiri-Brauer

Jasmin Meiri-Brauer: "Wir wollen Frieden schaffen durch Musik"

Maler Arik Brauer ist ihr Großvater, Sängerin Timna Brauer ihre Mutter. Jetzt veröffentlicht Jasmin Meiri-Brauer mit ihrer Band Baba Yaga selbst ihr Debütalbum.

Sie liebt das Leben, das merkt man ihr in jeder Sekunde an: Jasmin Meiri-Brauer ist ein Kraftwerk an positiver Ausstrahlung. Und auch ihre Band hat Power: Baba Yaga spielen ein wildes Crossover an Stilen, von Klezmermusik über Balkan-Tunes bis Orient-Klängen – besonders die jüdische Musik ist Meiri-Brauer in die Wiege gelegt. 

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Am 7. Juni erscheint ihr beeindruckendes Debütalbum "Grenzenlos" inklusive der Single "Yod'im Le'an" – rhythmische Weltmusik, die auch zwei Tage zuvor bei der Präsentation im Wiener Metropol das Publikum zum Tanzen und Feiern bringen wird.

Baba Yaga, das könnte in der Rangliste außergewöhnlicher Bandnamen eher vorne landen. Was hat es mit dem Namen auf sich? 

Baba Yaga ist eine wilde Hexe aus der slawischen Mythologie. Eine Waldfrau und eine Muse der Kunst. Und die Inspiration für unsere Musik, die viel mit osteuropäischen Sounds spielt und etwas Mysteriöses ausstrahlt. Hexen haben eine beängstigende Konnotation, aber eigentlich ist Baba Yaga ganz lieb. Wild, aber lieb. Das ist die Energie, die wir rüberbringen.

Was ist Ihre Muse, was inspiriert Sie?

Starke Frauen, die auf der Bühne an der Front stehen und generell auf eigenen Beinen. Mit meiner Mutter Timna habe ich da ein gutes Vorbild. Wie überhaupt eine lange Tradition eigenständiger Frauen in der Familie, gerade Musikerinnen.

Die Musik, die Sie machen, ist ein ziemlich wildes Crossover aus unterschiedlichen Genres. Wie würden Sie sie beschreiben?

Die Bandbreite ist groß, sie geht von Klezmer-Stücken und Orient-Klängen über Balkan-Tunes und Gypsy Jazz bis Swing. Wir sind inspiriert von Osteuropa und vom Judentum. Ein Crossover mit rotem Faden, bei dem am Ende trotz aller Unterschiede alles zusammenpasst. Die Bandmitglieder sind aus Israel, Montenegro und Österreich.

Baba Yaga, die Band: „Wir laden die Menschen zur Lust am Leben ein“

©k.scholz

Gesungen wird auf Griechisch, Serbisch, Hebräisch, Italienisch, Englisch. Welche Geschichten erzählen Sie damit?

Wir wollen eine Weltreise machen und Grenzen niederreißen und öffnen. Frieden schaffen durch Musik, ob in Europa oder Orient. Musik überwindet Grenzen, daran glaube ich stark. Sie ist wirkungsvoll und heilsam. Die Leute sollen zusammenkommen, sich verbinden, Freude empfinden.

Was bedeutet Freiheit für Sie?

Innere Ruhe. Freiheit beginnt bei mir selbst. Nach außen bedeutet es Kommunikation und Dialog, auch offen zu sein für andere Meinungen. Trotz Meinungsverschiedenheiten kann man sich zusammensetzen. Freiheit bedeutet für mich, sich nicht abzukapseln, sondern sich zu verbinden – mit sich selbst und mit seinem Außen.

Fühlen Sie sich frei?

Nicht immer, aber oft. Es ist eine tägliche Auseinandersetzung. Auch Tanzen ist Freiheit. Wir laden dazu ein und es funktioniert, vom Kind bis zum Pensionist. Wir spüren die Energie des Publikums auf der Bühne und wie sie, noch benommen vom Tag, nach und nach ihren Alltagstrott vergessen. Die Menschen vergessen ihre inneren Grenzen. Wir laden sie zur Lust aufs Leben ein.

Sie kommen aus einer berühmten Künstlerfamilie, beginnend mit Maler und Musiker Arik Brauer. Treten Sie in seine Fußstapfen?

Musikalisch war er vor allem als Austropop-Sänger bekannt. Ich habe mich zwar auch am Wienerlied probiert, aber richtig authentisch kann ich seine Mundart nicht geltend machen. Genetisch hat er mir eine gewisse Begabung aber sicher vererbt.

Wie erinnern Sie sich an Ihren Großvater?

Für mich war er in erster Linie nicht der berühmte Künstler, sondern mein Opa, mit dem ich aufgewachsen bin. Er war ein bodenständiger Mensch, der das einfache Leben liebte. Ihm war bewusst, dass er gut macht, was er macht. Aber das Drumherum und angehimmelt werden war ihm fast peinlich.

Verbinden Sie eine spezielle Begebenheit mit ihm?

Er war der Kern der Familie. Vor allem erinnere ich mich gern an die tollen Gespräche mit ihm. Er war ein Mann, der nicht alterte, der interessiert blieb und mitging mit der Zeit. Als Kind saß ich auf seinem Schoß, während er malte. Ich konnte Teil seines kreativen Prozesses sein und Fragen stellen. Obwohl seine Kunst ein solistisches Schaffen war, lebte er Integration, nicht Isolation. Das war sehr einladend als Kind, wie seine märchenhaften Bilder.

Tauschen Sie sich mit Ihrer Mutter Timna Brauer in musikalischen Fragen aus?

Ich bin stolz, dass ich sie inzwischen nicht zu oft um Rat bitte und selbstständig komponiere. Das war mir unbewusst wichtig. Ich frage sie natürlich oft nach Feedback bei Business, Booking und Marketing. Da ist sie mit einer 40-jährigen Musikerfahrung reich an Erfahrung und eine echte Stütze.

Jasmin Meiri-Brauer

Jasmin Meiri-Brauer

Jasmin Meiri-Brauer wurde 1991 in Wien geboren. Ihre Mutter ist Sängerin Timna Brauer, ihre Tante Schauspielerin Ruth Brauer-Kvam, ihr Großvater Maler und Musiker Arik Brauer. Jasmin studierte Jazz- und Popgesang und Gesangspädagogik am Vienna Music Institute. Ihre Band heißt Baba Yaga. Sie lebt in Israel und Wien.

Wie erleben Sie als Jüdin den Nahostkonflikt um Israel und Palästina?

Sehr schmerzvoll. Ich empfinde Verzweiflung und Frustration. Die Trennung von Menschen, Kulturen und Religionen übersteigt das Verbindende wie nie zuvor. Das ist für mich eine Tragödie und widerspricht dem, wofür ich stehe. Ich bin eigentlich ein sehr optimistischer Mensch. Aber zurzeit sehe ich schwarz und eine große Gefahr, die auf uns zukommt in Europa, wenn Hetze und Hass sich so fortsetzen. Was gerade passiert, ist nicht lösungsorientiert. Es ist klar, dass jedes Menschenleben an oberster Stelle steht und geschont werden soll. Aber ich finde es schwierig, dass viele junge Leute, die sich mit dem Nahen Osten, Islam oder Judentum nicht intensiv auseinandergesetzt, geschweige denn je Israel besucht haben, diesen komplexen Konflikt als Experten beurteilen möchten. Es fehlt an faktenbasierter Recherche und auf Social Media darf alles behauptet werden. Es gibt nur noch Extreme und keine Mitte.

Fühlen Sie sich noch sicher?

In meinem musikalischen Kreis geht es offen zu. Aber zum ersten Mal in meinem Leben vermeide ich es, zu sagen, wo ich herkomme bzw. ringe mit mir selbst. Ich möchte es nicht verstecken. Das ist ein innerer Konflikt. Ganz sicher fühle ich mich nicht.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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