Iggy Pop ist mit „lohnenderem“ Leben kein bisschen weniger wild

Der Pate des Punk kehrt mit seinem neuen Album „Every Loser“ zu seinen Wurzeln zurück.

„Mit 75 kannst du dich nicht mehr hinstellen, Grimassen schneiden, die Faust ballen und sagen, ich mach ein Rock-Album.“ Punk-Ikone Iggy Pop ist im April vorigen Jahres 75 Jahre alt geworden. Trotz der Überzeugung, dass in seinem Alter die Punk-Attitüde leicht zu reiner Pose verkommen kann, hat er so ein Album gemacht.

Nach einem Spoken-Word-Ambient-Jazz-Werk und dem französischen Covers-Album „Après“ mischt das brandneue „Every Loser“ dröhnende Punk-Kracher und Drums im Turbo-Tempo mit Midtempo-Rocksongs mit psychedelischen Elementen. Iggy singt vom „Modern Day Rip Off“, über drogengebeutelte Seelen und – häufig zynisch – sein Leben im Musikbusiness, das nie gut mit kompromisslosen Nonkonformisten wie ihm umgegangen ist.

All das kommt so vital daher, dass alle Gedanken an eine Pose sofort weggeblasen werden. Nicht nur an Pops Lachen am Ende des Tracks „Neo Punk“ ist zu hören, wie sehr er diese Musik immer noch liebt und mit Leben erfüllen kann.

„Es gab keinen Plan, so ein Album zu machen, das hat sich einfach ergeben“, erklärte Pop, der als James Osterberg in Michigan geboren wurde und 1969 mit der Band The Stooges bekannt wurde, dem Fachmagazin Billboard. „Morrissey hat mich gefragt, ob ich einen Track für sein nächstes Album mit ihm singen will. Unter die Mail schrieb er: ,Der Produzent ist großartig!`“

Der Produzent war der mit einem Grammy ausgezeichnete Andrew Watt. Pop schickte ihm sehr viele tolle Ideen für den Morrissey-Song – zu viele. Watt wollte sie nicht in einer Schublade verkommen lassen, sondern ein Album daraus machen.

Als Musiker für „Every Loser“ konnten Pop und Watt die Elite der Szene verpflichten: Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) und Duff McKagan (Guns N’ Roses) spielen auf den meisten Songs Drums beziehungsweise Bass. Stone Gossard (Pearl Jam), Dave Navarro (Jane’s Addiction) und Josh Klinghoffer (Ex-Red-Hot-Chili-Peppers) spielen Gitarre, und der im April 2022 verstorbene Foo-Fighters-Drummer Taylor Hawkins hat auch einen Gastauftritt.

„All diese Typen kenne ich seit dem Beginn ihrer Karriere“, erzählte Pop dem Musikmagazin NME. „Sie sind jung genug, meine Kinder zu sein und haben meine Musik gehört, seit sie Kinder waren.“

Lohnenderes Leben

Dazu, dass sie ihn bewundert und als Idol gesehen haben, wie sehr er mit seinem Stil die Musik und diese Musiker beeinflusst hat, hat Pop keinen Bezug: „Ich glaube, dazu müsste ich das Ganze von außen betrachten können. Dann hätte ich daraus vielleicht auch mehr Kapital schlagen können. Mir ist nur aufgefallen, dass das Leben in den letzten Jahren leichter und in vielen Bereichen lohnender und einträglicher geworden ist.“

Damit spielt Pop darauf an, dass er erst im Jahr 2016, 50 Jahre nach Karriere-Beginn, mit Album „Post Pop Depression“ neben der Anerkennung als einflussreicher Künstler auch kommerziell erfolgreich geworden ist.

„Da kam zusammen, dass sich die Gesellschaft so entwickelt hatte, dass Punk besser verstanden wurde. Aber auch, dass im Streaming die Alben der Stooges roher und besser klingen. Jedenfalls konnte ich dadurch endlich das alte Problem lösen, dass mir wieder ein Plattefirmentyp sagt: ,Dein Album hat sich nicht verkauft und einen Verlust gemacht!` Aber eigentlich bin ich nur froh, dass Leute meine Musik gehört und Spaß damit gehabt haben.“

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