50 Jahre und noch immer kein Mund: Warum Hello Kitty Kult wurde
Fast jeder kennt, hasst oder liebt sie: Die japanische Katzen-Comicfigur "Hello Kitty" wird heute 50 Jahre alt.
Schwarze Knopfaugen, sechs Schnurrhaare, ein schräges Mascherl auf dem Ohr und – wichtig – kein Mund: Mit diesem simplen Aussehen hat "Hello Kitty" Spielzeuggeschäfte und Kinderzimmer auf der ganzen Welt erobert. Ihr Alter sieht man der katzenähnlichen Fantasiefigur nicht an: Am 1. November, feiert "Kitty White", wie sie eigentlich heißt, ihren 50. Geburtstag.
Ihr Antlitz ist den meisten schon einmal begegnet – auf Bettwäsche, Küchengeräten oder Kosmetikartikeln –, die Entstehungsgeschichte von Hello Kitty ist hingegen weniger bekannt.
Anfang der 1970er erhielt die Designerin Yuko Shimizu den Auftrag, für das japanische Unternehmen Sanrio eine "niedliche Comicfigur" zu entwerfen. Der Name "Kitty" entstammt einem Roman von Lewis Carroll, das Begrüßungswort "Hello" sollte den sozial-kommunikativen Charakter des Unternehmens widerspiegeln.
Ein Spielzeug für Erwachsene
"Das Fehlen eines Mundes ermöglicht es den Menschen, ihre eigenen Gefühle auf die Figur zu projizieren, was das emotionale Engagement vertieft", erklärt der Popkultur-Experte Joachim Rodriguez ein Erfolgsgeheimnis des Designs. Auch deshalb sprach Hello Kitty bald nicht nur Mädchen, sondern verspielte Erwachsene an. "In den vergangenen 50 Jahren schaffte es Sanrio, Hello Kitty fit für den Westen zu machen und als globale Marke zu etablieren", analysiert Rodriguez.
Die Wurzeln für den Aufstieg liegen in der Pop-Art-Bewegung der 1960er-Jahre, sagt der Experte. "Kulturelle Ikonen wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein experimentierten in der westlichen Welt mit kommerziellen Bildern und massenproduzierten Kunstwerken. Sanrio nutzte in Japan diese Ästhetik sehr geschickt, um eine Brücke zwischen Konsumgesellschaft und künstlerischem Ausdruck zu schlagen."
Zeichen von Feminismus
In den 1980er-Jahren erlebte das Motiv einen Boom: Es war nicht mehr nur auf kleinen Accessoires zu finden, sondern auch auf Kleidung, Geschirr und technologischen Produkten wie Computern und Smartphones. "Das Produktdesign hat seine Markenidentität an verschiedene kulturelle Kontexte angepasst. In den USA ist sie ein Synonym für kindliche Freude und Retro-Nostalgie, während sie in Asien oft als Symbol für modernen Feminismus und Jugendkultur gesehen wird", führt Rodriguez aus.
Durch ein flexibles Marketing und den lockeren Umgang mit Lizenzrechten entstanden Kooperationen mit angesagten Modemarken wie Gucci oder Adidas; sogar ein Hello-Kitty-Vibrator sorgte einst für Aufregung.
Ein bisschen Frieden
Trotz Umsatzrückgängen (Österreichs einziger Hello-Kitty-Shop in der Lugner City öffnete 2013 und schloss kurz darauf wieder seine Pforten) sei die Faszination "bei Erwachsenen und Kindern ungebrochen", sagt Rodriguez.
Das süße Kätzchen gilt als Initialzündung der japanischen "Kawaii-Ästhetik“ – einer in Asien tief verwurzelten Niedlichkeitskultur, die emotionalen Frieden und Freude verbreiten soll. "Durch niedliche Charaktere wird versucht, den Menschen Glück oder Geborgenheit zu vermitteln", weiß Rodriguez. Über Social Media wird der Gedanke heute weltweit zelebriert, Hashtags wie #hellokittygirl huldigen etwa auf Tiktok dem Geburtstagskätzchen.
Hello Kitty bald als Film?
Wie es mit Hello Kitty weitergeht? Seit Jahren wird über ein mögliches Spielfilmprojekt gemunkelt, dessen Hauptrolle das süße Kätzchen übernehmen soll. Dass dies einem in die Jahre gekommenen Spielzeug ordentlich Auftrieb verleihen kann, hat Kittys westliches Pendant, Barbie, 2023 vorgezeigt.
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