Eine Welt ohne Treueversprechen: Das Ende der Monogamie
Schauspieler Gedeon Burkhard liebt zwei Frauen und löst damit Debatten aus. Die Wiener Psychotherapeutin Magdalena Ségur-Cabanac erklärt, was Polyamorie ist.
Kürzlich verriet Schauspieler Gedeon Burkhard Details über seine polyamoröse Beziehung zu zwei Frauen. Der 54-Jährige beschrieb seine Lebenssituation mit den Worten: "Ich fühle mich auf jeden Fall sehr lebendig – wie ein Sechsjähriger auf dem Spielplatz."
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Sein Liebeskonzept könne er nur weiterempfehlen: Eifersuchtsdramen oder ähnliche Streitpunkte soll es bei der Ménage-à-trois nicht geben. Verliebt, verlobt, verheiratet – das Prinzip der Zweierbeziehung ist in unserer Gesellschaft nach wie vor tief verankert: Laut einer repräsentativen Umfrage von Parship träumen 90 Prozent der Österreicher von der großen Liebe. Jedoch glaubt jeder zweite Erwachsene unter 30, dass das Modell "Offene Liebesbeziehung" in Zukunft häufiger wird, so eine Studie vom Konkurrenten Elitepartner.
Alle lieben alle
In offenen Beziehungen gestehen sich die Lebenspartner zu, mit anderen Personen Sex zu haben. Anders gelagert ist die Polyamorie, bei der es darum geht, einvernehmlich zu mehreren Menschen parallel eine richtige Liebesbeziehung zu pflegen – und alle Beteiligten wissen voneinander. Deutsche Schätzungen gehen davon aus, dass bei unseren Nachbarn 10.000 Bürger polyamor leben. Umgelegt auf Österreichs Bevölkerung wären das 1.000 Menschen hierzulande.
Dass die Gesellschaft alternativen Beziehungsmodellen offener gegenübersteht, kann die Wiener Psychotherapeutin Magdalena Ségur-Cabanac nicht erkennen: "Ich glaube, dass es immer mehr Personen gibt, für die eine monogame Beziehungsform nicht passend oder in einer bestimmten Lebensphase nicht passend ist. Aber auf gesellschaftlicher Ebene erkenne ich nicht wirklich eine größere Akzeptanz."
Was hinter dem Wunsch der Betroffenen steckt? "Tatsächlich gibt es Personen, die sagen, dass sie zwei, drei Personen gleichzeitig lieben sowie respektieren können und nicht lügen wollen. Sie wollen sich ethisch korrekt verhalten und möchten, dass ihr Partner oder ihre Partnerin darüber Bescheid wissen. Es handelt sich dann um ein selbstbestimmtes gemeinsames Entscheiden."
Lexikon der Liebe
Polygamie
Kommt aus dem Griechischen von polys – eine Vielehe ist in Österreich verboten
Polyamorie
Amor, die Liebe, kommt aus dem Lateinischen – ein Lebensmodell, in dem mehrere Liebesbeziehungen gleichzeitig geführt werden. In englischsprachigen Medien haben sich geometrische Bezeichnungen für diverse Konstellationen etabliert: Das V steht z. B. für eine Person, die zwei Beziehungen unterhält, Quad steht für eine Beziehung zu viert
Offene Beziehung
Eine klassische Paarbeziehung, in der Flirten oder sexuelle Kontakte mit anderen erlaubt sind
Die Konstellation wie bei Gedeon Burkhard hält die Expertin für ein wenig provokant, da hier der ältere Mann zwei junge Frauen liebt. "Mir ist wichtig zu betonen, dass viele polyamore Konstellationen einen Gegenentwurf zu patriarchalen Beziehungsbildern bieten und dass es viele verschiedene Konstellationen und Varianten gibt."
Nicht für alle geeignet
Neben der sexuellen Orientierung gibt es auch eine Beziehungsorientierung. Wie Menschen eine Beziehung gestalten wollen, hängt mit Traditionsvorstellungen oder dem Bedürfnis nach Sicherheit zusammen. "Wenn man einen jahrhundertelang vorgegangenen Trampelpfad verlassen will, muss man umso mehr kommunizieren." Nicht für jeden ist eine offene Beziehung geeignet. „Bei manchen wird die Vorstellung Panik auslösen, weil sie zu zweit die Sicherheit haben, die sie brauchen."
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