Der Dubai Dream: Wie das Emirat zum Influencer-Paradies wurde
Umstrittener Sehnsuchtsort: Immer mehr Influencer zieht es in das Emirat. Zwei Österreicherinnen erzählen von ihrer Entscheidung, auszuwandern.
Am Telefon entschuldigt sich Aida Tabrizi. Ihr Deutsch sei „nicht mehr so perfekt“, schließlich ist sie vor mehr als zehn Jahren von Wien nach Dubai gezogen. Dort lebt die 40-Jährige mit ihrem britischen Mann und ihrer kleinen Tochter und arbeitet für eine Marketingagentur, die auf Influencer spezialisiert ist. Menschen wie Familie Tabrizi machen in Dubai die überwiegende Mehrheit aus: 89 Prozent der Einwohner sind sogenannte Expats, nur elf Prozent Einheimische.
Derzeit weilen noch wesentlich mehr ausländische Gäste im Wüstenstaat. Wegen der Klimakonferenz, die noch bis Dienstag dauert, steht das Emirat gerade wieder im Fokus. Und in der Kritik. So viel gab es – zumindest im deutschsprachigen Raum – zuletzt vor drei Jahren: Damals befasste sich TV-Satiriker Jan Böhmermann mit der Frage, warum so viele Social-Media-Promis – von Mamabloggerin Sarah Harrison über den Youtuber Sami Slimani und Fernsehmodel Fiona Erdmann – neuerdings ihre Zelte im Emirat am Persischen Golf aufschlagen.
Die Antwort reicht weit über das sonnige Wetter – die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 27 Grad – hinaus. Das Leben in Dubai ist, bis auf eine geringe Mehrwertsteuer, steuerfrei. Mithilfe deutscher Online-Stars hofft Dubai, in Europa ein besseres Image zu erlangen. Influencer benötigen daher eine Lizenz des National Media Council, mit der sie sich verpflichten, gewisse „Standards“ einzuhalten. Dazu zählt, sich nicht kritisch über die Regierung oder den Islam (sowie andere Religionen) zu äußern. Auch Werbung für alkoholische Getränke oder Tabak ist tabu. Dafür winken Einladungen in luxuriöse Hotels und Restaurants und jede Menge Bling-Bling.
➤ Hier mehr lesen: Matteo Thun: "Das einzige No-Go ist in Dubai zu bauen"
„So viel Hass“
„Influencer kriegen so viele Jobs, weil viele Luxusmarken hier angesiedelt sind und mit ihnen arbeiten wollen“, erklärt Tabrizi, die auf Instagram teilweise selbst als Influencerin aktiv ist. Auch sie schwärmt vom Leben in Dubai. Die Auswanderung, bei der inzwischen eigene Agenturen helfen, ist relativ einfach: Wer für ein Unternehmen arbeitet, erhält ein Visum für drei Jahre und eine Privatversicherung. „Dubai ist sehr modern und multikulti. Der Islam ist zwar die offizielle Religion, es gibt aber eine große Toleranz.“
Die strengen Sicherheitsmaßnahmen sorgen für eine verschwindend geringe Kriminalität, erzählt Tabrizi. „Wenn du im Lokal dein Handy auf dem Tisch liegen lässt und nach zwei Stunden wiederkommst, ist es noch da.“
Auch in Richtung Umweltfreundlichkeit habe sich zuletzt einiges getan, sagt die Wienerin. Räumt aber ein, „dass Dubai da noch einen weiten Weg vor sich hat“.
Einen weiten Weg nimmt demnächst auch Karina W. auf sich. Mit Mann und Kind plant sie, Niederösterreich gen Dubai zu verlassen. Weil sie für diese Entscheidung „so viel Hass“ bekommt, möchte sie anonym bleiben. „Wir sind in Österreich immer unzufriedener geworden“, erzählt die Selbstständige. „Man hat das Gefühl, es geht nichts weiter. Eine hohe Steuerlast ist in einem Sozialstaat ja okay. Im Bildungs- und Gesundheitssystem muss man aber immer öfter Leistungen aus der eigenen Tasche zahlen.“
Dubai Dream
Die Kritik am Umgang mit Menschenrechten in Dubai ist W. bekannt. „Die Leute vergessen, dass ich nicht alles an einem Land toll finden muss, wenn ich dort hinziehe“, hält sie dagegen. „Ich sehe das pragmatisch: Als Gast muss ich mich an die Gegebenheiten anpassen – so, wie sich Ausländer hierzulande an unsere Werte und Gesetze halten müssen. Müsste ich als Frau dort Schleier tragen, würde ich nicht hinziehen, aber das ist nicht der Fall. Außerdem ist die arabische Welt viel kinderfreundlicher.“
Die meisten Expats leben in Wohnanlagen, die monatlichen Kosten betragen bis zu 12.000 Euro, berichtet Tabrizi. „Man verdient aber viel mehr und wenn man eine gute unternehmerische Idee hat, kann man hier sehr erfolgreich sein. Was früher der American Dream war, ist heute der Dubai Dream.“ Gerade haben sie und ihr Mann eine Wohnung in Downtown gekauft, eine Rückkehr nach Europa steht nicht im Raum. „Auch wenn wir Spaziergänge in der Natur manchmal schon sehr vermissen.“
Kommentare