Vor 40 Jahren läuteten Depeche Mode eine finstere Ära ein

Es krachte, es rumpelte, es klirrte. Vor 40 Jahren veröffentlichten Depeche Mode ihr viertes Album „Some Great Reward“ mit dem Hit „People Are People“. Es war wegweisend für die Band und läutete eine neue - düstere - Ära ein.

Das war der Beginn von 13 dunklen Jahren. „Depeche Mode wurden endgültig zu einer dunklen Band, der Begriff „Synthie-Popper“ erschien da fast wie eine Beleidigung. Bis zu ‚Home‘ von 1997 sollten sie kein optimistisches Stück mehr veröffentlichen“, schrieb der Rolling Stone über das Album „Some Great Reward“, das im Herbst vor 40 Jahren erschien. 

Die Burschen, die im Jahr zuvor zum Video von „Everything Counts“ noch nett tanzten und mit Xylofon spielten, wurden Fürsten der Finsternis.

Der bekannteste Song darauf ist „People Are People“. Mit dem kühlen, hämmernden Elektroniksound brachten sie den Underground in die Charts. 

Düstere Zeiten, düstere Band Depeche Mode

Weltpolitisch war das Jahr 1984 noch düster: Die Gefahr des Kalten Krieges war noch nicht gebannt – und das Apartheid-Regime in Südafrika bestand noch mehrere Jahre. "Ich kann nicht verstehen, warum Menschen einander hassen. Hilf mir, es zu verstehen", bittet die Band.

Die Suche nach der Antwort ist bis heute schwierig. Ein gedanklicher Evergreen. Was für den Erfolg des Songs wohl genauso wichtig war wie der Text, war der metallische, harte Sound. Der entstand in den Hansa Studios direkt an der Berliner Mauer. „Die Lage hätte sich niemand ausdenken können“, erzählte Bandmitglied Martin L. Gore später laut SWR, „man konnte vom Fenster aus den Stacheldraht und die Wachen sehen“.

Dort experimentierte man mit der noch recht neuen Technik des Samplings. Die Toningenieure konnten Geräusche aufnehmen und durch „Looping“ immer wieder wiederholen. „Wir gingen in die Studios und fragten als Erstes, wo die Küche sei. Wir suchten nach Töpfen und Pfannen und Sachen, die wir die Treppe runterwerfen konnten. Wir nahmen die Rhythmen auf, die sie beim Herumkrachen erzeugten, und machten daraus Loops“, erinnerte sich Dave Gahan laut Entertainment Weekly.

Martin L. Gore mochte "People Are People" nicht

Der Sänger verriet auch, dass es trotz – oder gerade wegen des Erfolgs – nicht Martin L. Gores Lieblingsnummer ist, obwohl sie aus dessen Feder stammt. „Ich glaube, wir haben das Stück seit Mitte der 80er-Jahre nicht mehr live gespielt. Es ist ziemlich poppig.“ Aber immerhin katapultierte der Song die Band in einen anderen Kosmos und ins Vorprogramm großer Stadionkonzerte von Elton John oder Rod Stewart.

Singleauskopplungen:

  • „People Are People“ (12.3.1984)
  • „Master and Servant“ (20.8.1984)
  •  „Blasphemous Rumours“ (29.10.1984)

Das Album erschien am 24. September 1984 bei Mute Records. „People Are People“ landete auf Platz 1 im Vereinigten Königreich und in Deutschland. In Österreich schaffte es der Song auf Platz 6.  „Master and Servant“ landete in Deutschland
auf Platz zwei.

Das mag vielen gefallen haben. Blixa Bargeld, Frontmann der Einstürzenden Neubauten, nicht. Er behauptete, der Produzent Gareth Jones habe für die Neubauten bestimmte Samples für Depeche Mode gestohlen. Jones hatte zeitgleich in den Hansa Studios neben „Some Great Reward“ am Neubauten-Album „Halber Mensch“ gearbeitet. Er dementierte die Vorwürfe stets. Gore wiederum meinte, man habe sich Klänge geschnappt und im Popkontext verwendet.

Lack und Leder

Das vierte Studioalbum von Depeche Mode war auch für den schüchternen Martin L. Gore wegweisend. Fortan stellte der Songwriter sein Licht nicht mehr unter den Scheffel, sondern sich selbst in den Vordergrund. Bis auf „If You Want“ stammten alle Songs von ihm. Und mit seinem Aussehen drückte er der Band seinen Stempel auf. Weißblond gefärbte Mähne auf dem Kopf, Fetisch-Harness und Netz-Shirt am Körper.

Er soll in Sado-Maso-Lokalen unterwegs gewesen sein und dort die Idee zu „Master and Servant“ gehabt haben. Der Song zieht eine metaphorische Parallele zwischen den Machtstrukturen in sexuellen Beziehungen und den gesellschaftlichen und politischen Hierarchien. „Die Leute denken, es geht um Sado-Maso. Wenn du es analysierst: Es ist nicht so.“ Ein paar Radiostationen haben das nicht analysiert. Sie weigerten sich – O tempora, o mores! –, das Lied zu spielen.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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