Warum "Goblin-Modus" das Oxford-Wort des Jahres ist

Über 300.000 Menschen haben für den Mode-Begriff gestimmt. Weit dahinter blieben "Metaverse" und "#IStandWith".

Ein Kleiderhaufen am Boden, Zahnpasta-Spritzer am Badezimmerspiegel und die Tiefkühlpizza im Ofen. Wer im "Goblin Mode" (deutsch: "Kobold-Modus") ist, zieht nicht nur eine Spur der Verwüstung durch die Wohnung, sondern verzichtet vielleicht auch ab und zu aufs Duschen und Haarewaschen oder legt die Jogginghose nur zu wirklich besonderen Anlässen ab.

Der Lebensweise, die vielen während des Lockdowns vertraut geworden sein dürfte, scheint nun auch das Oxford English Dictionary verfallen zu sein - zumindest hat das renommierte Wörterbuch "Goblin-Modus" zum Wort des Jahres 2023 gekürt.

Aufstieg des Kobold-Modus

Laut Oxford University Press (OUP), dem Herausgeber des Oxford English Dictionary, handelt es sich dabei um ein Verhalten, das "unverschämt selbstgefällig, faul, schlampig oder gierig ist, typischerweise in einer Art und Weise, die soziale Normen oder Erwartungen ablehnt".

Als besonders anschauliches Beispiel wird die britische Tageszeitung The Guardian zitiert: "Goblin-Modus ist, wenn man um 2 Uhr morgens aufwacht und nur mit einem langen T-Shirt bekleidet in die Küche schlurft, um einen seltsamen Snack zuzubereiten, wie geschmolzenen Käse auf Salzcrackern."

Obwohl der Begriff bereits erstmals 2009 auf dem Kurznachrichtendienst Twitter auftauchte, ging er im Februar 2022 in den sozialen Medien viral. Damals sorgte Schauspielerin Julia Fox mit einer Aussage über ihren heutigen Ex-Freund, Rapper Kanye West, für Aufsehen: "Es gefiel Kanye nicht, wenn ich im Goblin-Modus war", soll sie über das Beziehungsende gesagt haben. Wie sich später herausstellte, war die Schlagzeile falsch.

Der Begriff wurde in den darauffolgenden Monaten immer beliebter, als Pandemie-Maßnahmen weltweit gelockert wurden und viele Menschen "die Rückkehr zum normalen Leben ablehnten" oder gegen die "zunehmend unerreichbaren ästhetischen Standards" rebellierten, die in den sozialen Medien gezeigt wurden, so OUP. In anderen Worten: Nicht alle stehen jeden Tag um fünf Uhr morgens zum Sport auf, ernähren sich nur von grünen Smoothies und spülen nach jedem Abendessen gewissenhaft das Geschirr.

Premiere

Das Oxford-Wort des Jahres wurde heuer zum ersten Mal von der Öffentlichkeit gewählt. Abgestimmt werden konnte zwischen "Goblin-Modus", "Metaverse" (eine virtuelle Welt) und "#IStandWith" (Unterstützungsbekennung). Der "Goblin-Modus" siegte klar mit 318.956 Stimmen - das sind 93 Prozent der Gesamtstimmen. "Metaverse" kam auf den zweiten und "#IStandWith" auf den dritten Platz.

Das Engagement des Publikums habe auch OUP-Präsidenten Casper, Grathwohl "völlig überrascht", wie er in einer Pressemitteilung gesteht. "In Anbetracht des Jahres, das wir gerade erlebt haben, spricht der 'Goblin-Modus' uns alle an, die wir uns im Moment ein wenig überfordert fühlen. Es ist eine Erleichterung, sich einzugestehen, dass wir nicht immer das idealisierte, kuratierte Selbst sind, das wir auf unseren Instagram- und Tiktok-Feeds zu präsentieren versuchen", sagte er.

"Die Menschen leben ihren inneren Kobold aus und die Wahl von 'Kobold-Modus' zum Wort des Jahres zeigt uns, dass sich das Konzept wahrscheinlich durchsetzen wird", so Grathwohl weiter.

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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