Warum zu freundliche Verkäufer schlecht fürs Geschäft sein können

Unfreundliches Verhalten kann im Verkauf helfen. Aber nur unter bestimmten Vorzeichen.

Darf ich behilflich sein, gnä’ Frau? Leise pirscht sich die Verkäuferin von der Seite an die Kundin heran, ein geübtes Lächeln umspielt ihre Lippen, der Ton: faserschmeichlerweich. So kennen wir es, als kaufwilliges aber mitunter entscheidungsbedürftiges Klientel, so bekommen es die Mitarbeiter im Geschäft eingelernt: Wer was verkaufen will, muss freundlich sein.

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Doch stimmt das wirklich? Die Sache ist, man ahnt es, ein wenig komplizierter. Dass „zwischenmenschliches Verhalten auch Widerstände auslösen kann“ stellt David Maier in seiner Masterarbeit „Negative Effekte freundlichen VerkäuferInnenverhaltens“ (Uni Graz) fest. Stimmt, immerhin wissen wir ja nicht: Ist das ehrlich gemeint und die Dame im Geschäft so herzerfrischend freundlich zu uns, weil wir nun mal so toll sind? Oder will die uns bloß nur etwas, oh Schreck, verkaufen?

Hochnäsig sein hilft

Impression Management nennen sich in der Sozialpsychologie die Techniken, mit denen jemand versucht, durch sein Verhalten das Verhalten eines anderen zu beeinflussen. Freundlichkeit im Verkauf kann positive, aber auch negative Effekte hervorrufen. Gut aufgenommen werden etwa Kundenorientierung oder Interesse. Wenn Freundlichkeit aber als Anbiederung verstanden wird, um den Kunden zum Kauf zu bewegen, wirkt sie sich nachteilig aus. Sehen diese keinen erkennbaren Nutzen in der dargebotenen Freundlichkeit, werden sie misstrauisch. Die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in den Verkäufer sinken, wenn auf konstruktive Kritik und Ehrlichkeit völlig verzichtet wird. Damit sinkt auch der Verkaufserfolg. Dem Personal, so Maiers Studie, wird also empfohlen, nicht übermäßig freundlich zu sein.

Eine Studie der University of British Columbia mit dem tollen Titel „Should the Devil Sell Prada?“ kam ebenfalls zu diesem Ergebnis. Sie fand heraus: Je hochnäsiger, schnippischer und abweisender sich Verkäufer von Luxusartikeln verhalten, desto begehrenswerter finden wir sie und desto besser verkaufen sie sich. Nach der Zurückweisung will man mit dem Kauf des Produkts wieder Akzeptanz erlangen. Funktioniert aber nur im Hochpreissegment – nicht bei Massenware.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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