Warum lächeln wir, obwohl wir schlechte Laune haben?

Wer es macht, wie das psychologische Phänomen heißt und warum es ungesund ist.

Kellner haben’s auch nicht leicht. Wir selber sind natürlich die angenehmsten Gäste der Welt, aber es gibt auch andere. Die einen behandeln das Personal so herablassend oder autoritär, als wären sie ihre Leibeigenen. Andere essen ihr halbes Schnitzel und wollen dann ihr Geld zurück, weil es ihnen angeblich nicht schmeckt. 

Dazu kommen: pöbelnde Gäste, ungezogene Kinder und dann auch noch: kein Trinkgeld. Zum Aus-der-Haut-Fahren, eigentlich. Wer würde da nicht gerne auszucken? Und doch heißt es trotz aller Kalamitäten: Bitte lächeln!

Verkäufer, Pfleger, Servicepersonal: Gute Miene zum bösen Spiel machen ist besonders im Dienstleistungsbereich gefordert. Doch wie gehen wir damit um, wenn wir zuwider allem handeln, was unser Kopf uns sagt?

Ungesundes "Surface Acting"

Es gibt für all das einen irgendwie sonderbaren Ausdruck: Emotionsarbeit. Das klingt nicht nur anstrengend, das ist es auch. Und noch dazu höchst ungesund. Wenn wir nämlich zum "Surface Acting" gezwungen werden, bei dem man nur vorgibt, höflich und freundlich zu sein, während die eigenen Gefühle ganz anders sind, haben Psychologen herausgefunden, ist das langfristig höchst ungesund für uns. 

Es kann zu Herzrhythmusstörungen und Depressionen führen, auf Dauer auch zu einem Burnout. Krampfhaft Emotionen zu unterdrücken, zahlt sich nie aus.

Eine andere Art, so eine Situation zu bewältigen, nennt sich "Deep Acting". Hier manipuliert man sich selbst, indem man versucht, sich einen positiven Zustand vorzustellen und auf diese Weise die Gefühle zu erleben, die verlangt sind. 

Man betrachtet eine Situation in neuem Licht, etwa wenn ein Kellner sich vorstellt, der Ärger machende, betrunkene Gast wäre ein Freund, der eben über den Durst getrunken hat, und das nicht im Restaurant, sondern bei ihm im Wohnzimmer. 

Gute Laune ist programmierbar

Eine andere Möglichkeit ist, an etwas Schönes zu denken – etwa einen nahenden Urlaub –, und das entstehende Glücksgefühl in eine positive Kundeninteraktion umzuwandeln. Überhaupt sollte ja mehr gelächelt werden. Wer sich morgens vor den Spiegel stellt und erstmal anlächelt, macht sich Embodiment zunutze – und programmiert sich gute Laune.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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