Von Tanzen bis Töpfern – das Angebot an Kinderkursen ist riesig. Wichtig ist, Kurse ausprobieren zu können bevor man fix zusagt.

Kurse: Wie Kinder zu ihren Hobbys kommen

Die Interessen eines Kindes herauszufinden, ist nicht immer einfach.

Die Wahlmöglichkeiten für Kinderkurse sind schier unendlich. Bereits für kurz nach der Geburt gibt es Babymassage, Babyyoga oder Musikkurse. Im Kindergartenalter setzt sich der Trend, mitunter mehrmals pro Woche Kurse zu besuchen, fort. Und spätestens ab der Volksschule gesellen sich zu den Klassikern Ballett, Fußball, Geige oder Judo Angebote wie Töpfern, Ukulele oder Improvisationstanz.

Wer sich mit Eltern austauscht, merkt schnell, wie voll der Wochenkalender von Sechsjährigen schon sein kann. „Der Wunsch der Eltern, ihre Kinder zu fördern, ist in den vergangenen Jahren stärker geworden. Die Motivation ist, ihnen möglichst alles zu bieten. Die Eltern werden durch Kurse aber auch entlastet, in dem Sinn, dass sie nicht als Alleinunterhalter agieren müssen“, meint Entwicklungspsychologin Stefanie Höhl von der Universität Wien. Zudem fördern viele Kurse die körperliche, geistige und soziale Entwicklung.

Ausprobieren

Doch wie findet man heraus, was für das eigene Kind das Richtige ist? Während manche sehr konkrete Wünsche haben, sind andere ratlos. „Oft kann man in Kursen schnuppern. Eltern können etwa anbieten, dass sich das Kind den Kurs einmal anschauen kann. Gerade bei Jüngeren kann man so herausfinden, wie es sich tut, ob ihm die Sportart oder der Musikkurs guttut“, rät Höhl. Sind Kinder wenig motiviert, einen Kurs zu besuchen, kann helfen, sich umzuhören, was Freundinnen und Freunde in ihrer Freizeit machen, und sich mit den Eltern auszutauschen. „Eine Aktivität gemeinsam mit Freunden auszuprobieren kann für ein Kind, das selbst keine Idee hat, was es machen möchte, ein Motivator sein. Das funktioniert vielleicht eher, als wenn Eltern etwas vorgeben“, sagt Höhl.

Generell sollten Kinder mitbestimmen dürfen. Auch Vorschulkinder wollen das Gefühl haben, ernst genommen zu werden. Müssen sie regelmäßig etwas tun, das sie eigentlich nicht möchten, etwa Klavier spielen lernen, weil nun mal ein Klavier in der Wohnung steht, kann das sehr frustrierend sein und zu Konflikten führen. „Dauerkonflikte sind für die Beziehung zwischen Eltern und Kind nicht optimal. In Bezug auf Kurse heißt das: Kommt es jede Woche zu Diskussionen, wenn die Aktivität ansteht, kann sie nicht die Richtige sein.“

Hinweise für Freizeitstress bei Kindern

Ein straffer Wochenplan kann für Kinder zu viel werden. Anders als Erwachsene können sie meist nicht ausdrücken, dass sie sich gestresst fühlen. Stattdessen kann sich eine Überlastung des Kindes in körperlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Schlafproblemen, die sich jeweils nicht medizinisch erklären lassen, zeigen. 

Zudem können Stimmungsschwankungen und Konzentrationsschwierigkeiten darauf hindeuten, dass das Kind mehr Verschnaufpausen braucht. Die Überlastung folgt auf eine zu häufige Ausschüttung von Stresshormonen. „Sagt das Kind häufiger, dass es sehr müde ist, sollten Eltern aufmerksam werden und daran denken, dass es möglicherweise gerade zu viel erlebt. Das gilt auch für Kinder, die von sich aus sehr aktiv sind.“ 

Zwar gibt es Kinder, die tägliche Bewegung zum Ausgleich mehr suchen als andere, aber auch sie brauchen Erholungsphasen.  
 

Keine Lust

Es kann allerdings auch sein, dass ein Kind nur vorübergehend mit einem Sport oder einem Instrument aufhören möchte, etwa, weil es mit einem Teamkollegen im Fußballverein Streit gab oder die Gitarrenlehrerin strenger war als sonst. Hier gilt es, genau zuzuhören und zu erkennen, was die Ursache ist. Höhl: „Eltern kennen ihr Kind am besten und müssen versuchen, die Situation einzuschätzen. Oft geht es mit ein bisschen Ermutigung wieder. Einen Schlussstrich würde ich ziehen, wenn die Diskussion, ob das Kind den Kurs besucht, zum erwartbaren Streitthema wird“, empfiehlt Höhl.

Findet sich gar kein Kurs für ein Kind, sei das keine Sache, über die man sich Sorgen machen müsse. „Es gibt Kinder, die total zufrieden damit sind, sich am Nachmittag einfach auszuruhen, mit Lego zu bauen oder etwas zu lesen. Es gibt kein allgemein gültiges Maß für die Anzahl an Kursen, sondern es hängt vom einzelnen Kind ab, ob es nach Kindergarten und Schule mehr Ruhephasen oder mehr ausgleichende Aktivitäten braucht.“

Genauso gebe es Kinder, die täglich Action suchen und jeden Kurs mitmachen wollen. Hier sind die Eltern gefragt, das für das Kind passende Maß herauszufinden. Schließlich muss Zeit bleiben, um Gleichaltrige zu treffen, am Spielplatz zu spielen oder sich einfach mal zu langweilen.

Kinder brauchen Freiraumphasen, in denen sie selbst kreativ werden können, alleine oder mit Freunden, ohne, dass eine Aktivität vorgegeben ist, sodass sie schauen müssen, wie sie sich beschäftigen. „Auf diese Weise finden sie heraus, was sie von innen heraus interessiert. Das nimmt man ihnen, wenn man sie zu sehr verplant“, sagt Höhl.

Elisabeth Gerstendorfer

Über Elisabeth Gerstendorfer

Redakteurin Gesundheit, Wissen Studierte Psychologie und Soziologie in Wien. Journalistenkolleg des Kuratorium für Journalistenausbildung in Salzburg. Seit 2013 bei KURIER im Ressort Lebensart. Zuvor u.a. tätig für Presse, Schaufenster und Österreichische Ärztezeitung.

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