1968 hatten die Österreicher ihre Weihnachtsbeleuchtung schon lieb gewonnen.

Geschichte: Als die Lichterkette den Advent eroberte

Bis Weihnachten elektrifiziert wurde, dauerte es – bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Wir schreiben Weihnachten 1882. Das Patent auf Edisons Glühbirnen ist kaum drei Jahre alt. Und dennoch hat es Edward Hibberd Johnson geschafft, 80 blaue, rote und weiße walnussgroße Glühbirnen auf seinen Weihnachtsbaum, der sich zudem noch langsam dreht, zu setzen. Reihenweise bleiben die Menschen vor dem Haus in der Nähe der berühmten 5th Avenue in Manhattan stehen. Jeder versucht, einen Blick durch das Fenster in Johnsons Salon zu erhaschen. „Es scheint, als tanzen die Farben den ganzen Abend“, berichtet die Zeitschrift Detroit Post and Tribune begeistert. „Man kann sich kaum etwas Hübscheres vorstellen.“

Teures Vergnügen

Johnson war Edisons Partner und Vizepräsident der Edison Electric Light Company. „Nur vereinzelte Haushalte hatten damals überhaupt einen Stromanschluss und elektrisches Licht“, berichtet Ute Hasenöhrl von der Universität Innsbruck. „Ein Elektriker musste kommen, die Ketten zusammenbasteln und an den Baum anschließen. Und einen Generator brauchte man ebenfalls. Das kostete ein Vermögen“, weiß die Expertin für die Kultur- und Umweltgeschichte des Lichts. Eine Kette mit 16 flammenförmigen Glühbirnen in Messingfassungen von der Größe eines Schnapsglases kam im Jahr 1900 auf stolze 12 Dollar (etwa 350 Dollar in heutigem Geld).

Lichtsymbolik

Johnson gilt jedenfalls als Vater der elektrischen Weihnachtsbeleuchtung, was aber nicht die Frage beantwortet, wann und warum der Mensch begonnen hat, Weihnachten zu erleuchten. „Beleuchtung spielte in den Religionen schon immer eine große Rolle. In heiligen Schriften wie dem Alten Testament gibt es starke Lichtsymboliken“, sagt Hasenöhrl.

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Jahrhundertelang funktionierte die göttliche Ordnung: Gotteshäuser gehörten schon im Mittelalter zu den am hellsten beleuchteten Gebäude und der Kerzenschein versinnbildlichte auch die geistige Erleuchtung. Die Expertin für die Kultur- und Umweltgeschichte des Lichts verweist auf den Sieg des Guten über das Böse oder – im Advent – die Freude über die Geburt Jesu. „Die Kirche konnte sich die teure Illumination leisten. Und die Macht des Christentums demonstrieren. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war gutes Licht nämlich ein Luxusprodukt“.

Als Martin Luther dann bei einem winterlichen Spaziergang die Vision eines erleuchteten Christbaumes hatte, war die weihnachtliche Illumination nicht mehr aufzuhalten, blieb aber – aus praktischen Gründen – den Innenräumen vorbehalten.

Ab 1903 konnten sich auch Normalsterbliche Johnsons eingangs erwähnte Weihnachtsbaumketten leisten, die Massenproduktion lief an und die Preise begannen zu sinken. Hasenöhrl: „Das war dann der Zeitpunkt, als die Weihnachtsbeleuchtung den öffentlichen Raum eroberte.“

Erleuchtetes Österreich

Wien war da übrigens vorne mit dabei. Die Verkaufsstände auf dem Wiener Christkindlmarkt waren 1903 das erste Mal in elektrischen Schein gehüllt. In den 1920ern kam die Outdoor-Beleuchtung dann verstärkt nach ganz Europa. „Sie verbreitete sich aber sehr unterschiedlich. Es gab Städte, die erst in der Nachkriegszeit damit begannen ihre Straßen weihnachtlich zu illuminieren.“ In Wien etwa wurde die erste Einkaufsstraße 1956 beleuchtet. Nein, nicht die Mariahilfer und auch nicht die Kärntner Straße – sondern die Thaliastraße.

Die ersten Lichterketten gab es nicht auf der Mariahilfer-, sondern auf der Thaliastraße

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Übrigens: Heftige Diskussionen um Sinn und Unsinn von elektrischen Weihnachtssternen in Einkaufsstraßen gibt es nicht nur heute. Schon 1973/’74 ertönten im Zuge der Ölpreiskrise statt Weihnachtsliedern heftige Aufrufe, öffentliche Weihnachtsilluminationen gefälligst einzuschränken. Symbolpolitik schon damals. Hasenöhrl abschließend: „Techniker rechneten vor, dass der Anteil am Energieverbrauch verhältnismäßig gering ist.“

Susanne Mauthner-Weber

Über Susanne Mauthner-Weber

Noch bin ich ja nicht überzeugt, dass das tatsächlich irgend jemanden interessiert. Für den Fall, dass doch: Seit einem halben Leben beim KURIER. Fad wird mir nur deshalb nicht, weil ich ständig Abenteuer im Kopf erlebe, Besser-Wisser interviewe und mich zumindest auf dem Papier mit Erfindungen, Entdeckungen und Errungenschaften beschäftige. Anscheinend macht das nicht nur mir Spaß - 2012 wurde ich mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnet, 2013 mit dem Kardinal-Innitzer-Preis für wissenschaftlich fundierte Publizistik und 2014 mit dem Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik. Wie gesagt: Falls das wirklich irgendwen interessiert.

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