Warum sprechen wir mit unseren Kindern wie unsere Eltern mit uns?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Stell dich nicht so an!“  Ein Satz, der heute noch in meinen Ohren klingt. Hört man ihn als Kind, fühlt man sich verlassen und bloßgestellt, unverstanden bis ins Mark. Und ist man nur ein wenig älter, schwört man sich, diesen – und etliche andere Sätze – NIEMALS an die eigenen Kinder zu richten. Da gibt es allerdings ein merkwürdiges Problem ...

Es passiert ganz einfach. Ohne, dass  es einem so richtig bewusst wird, aus der dunklen Sphäre des Unbewussten quasi, zieht man plötzlich diese Formulierungen aus dem Hut, auch wenn man sie als Kind oder Jugendlicher gehasst hat. Und rechtschaffen überzeugt davon war, selbst nie Sätze zu sagen wie „Andere wären froh, wenn sie das hätten!“, „Trödel nicht so rum!“, „Pass doch auf!“, „Was ist nur los mit dir?!“ – oder eben „Stell dich nicht so an!“

Wie kann so etwas nur passieren, wieso tun wir das, wo wir uns doch vorgenommen hatten, einmal alles besser zu machen? Die tröstliche Nachricht: Wir können nicht wirklich was dafür, sagt die Psychologie. Die eigene Erziehung schlägt durch, und gerade in Stress-Situationen verwenden wir automatisch genau die Sätze, die wir als Kind immer wieder gehört haben, erklärt die britische Psychotherapeutin und Bestseller-Autorin Philippa Perry.

Wenn wir’s also eilig haben und das Kind trödelt, wenn wir erschrecken, weil es beim Fahrradfahren Faxen macht oder wenn wir nicht mehr weiter wissen, weil es beim Skifahren nach der Hälfte des von uns zu steil gewählten Hanges Angst hat und mit bebender Unterlippe den nächsten Schwung verweigert.  Es sind Situationen, die wir genau so schon einmal erlebt haben – nämlich als Kind.

Der wichtige Unterschied: Alleine, dass wir uns Gedanken darüber machen, das Gesagte reflektieren, gehen wir schon einen Schritt in die richtige Richtung, sagt Perry ermutigend.

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Und manches stimmte eben ganz einfach, auch wenn wir es nicht gerne hörten. Außerdem wären wir irgendwie doch schlechte Eltern, wenn wir unseren Kindern nicht die Möglichkeit gäben, davon überzeugt zu sein einmal alles besser zu machen als wir, oder?

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

Kommentare