Träume auf Reisen: Urlaub mit dem Wohnmobil boomt

Sterne am Himmel und Stars im Schlafsack. Auch im Oscar-Gewinner spielt ein Camper eine große Rolle.

Zuerst begnügte er sich mit einer Matratze und einem kleinen Kühlschrank im Van. Dann verschaute sich Schauspieler Matthew McConaughey („True Detective“, „Interstellar“) in einen silberglänzenden Großraumwohnwagen, arbeitete sich in Hollywood konsequent nach oben, gewann für seine Rolle in „Dallas Buyers Club“ einen Oscar – und besitzt jetzt gleich vier Airstream genannte Kult-Caravans.

"Wenn du beim Meer parkst, hast du die beste Aussicht, wenn du am Morgen aufwachst“, schwärmte er vor Kurzem im texanischen Lifestyle-Magazin Southern Living.

©EPA/DAN HIMBRECHTS

McConaughey träumte schon von einem Airstream-Hotel oder einem Gelände voll mit diesen so luxuriösen wie mobilen Wohnsalons.

„Aber weißt du was“, meinte er dann, „du fühlst dich mies, wenn sie lange stehen. Wohnwägen gehören bewegt, sie gehören on the road.“

On the road

So denken auch immer mehr Menschen in Europa. Camping boomt. Und das in all seinen unterschiedlichen Spielarten. Ob mit Wohnwägen, in Wohnmobilen und Luxus-Vans, in Zelten oder auf Autodächern: Auch in den Ferien wollen viele mobil bleiben und die schönsten Tage im Jahr nicht an einem Fleck verbringen.

Camper werden ebenso immer anspruchsvoller. Während noch vor einer Generation ein Schlafsack und eine Luftmatratze reichten, werden mittlerweile schwere Geräte angefahren. „Aus den streng funktional angelegten Stuben wurden längst mobile Wohnsalons mit allen Extras“, sagt Christian Herbeck von Caramobil.

Die Branche boomt

In Leobersdorf bei Wien handelt er seit 2007 mit Ferienfahrzeugen. Und er bestätigt: „Diese Branche boomt.“  Sogar in allen nur denkbaren Dimensionen. Weitgereiste Camper berichten, dass sie schon Wohnbusse sichteten, die im Untergeschoss  einen Sportwagen als Zweitwagen mitführten. „Ja, alles gibt’s“, bestätigt Herbeck. Setzt aber sogleich mit der gar nicht netten Nachricht fort. „Mit dem B-Führerschein werden Sie da nicht weit kommen“.

©Volkner Mobil

Dann also um eine Klasse kleiner. Oder zuvor vielleicht doch noch ein Abstecher nach Wuppertal,  dorthin, wo die teuersten Wohnmobile der Welt erzeugt werden, zur Fahrzeugmanufaktur Volkner. Neben ihrem Mann Gerhard ist hier Stephanie Volkner Herrin über einen Betrieb, der um hohe sechsstellige Eurobeträge Reisemobile im XXLarge-Format herstellt.

Camper aus Leidenschaft

„Es ist einfach herrlich, man kann – außer Corona stoppt einen – reisen, wohin man will“, erzählt sie euphorisch von dieser Art des Reisens. „Gefällt einem heute der Norden und in drei Wochen der Süden, kein Problem. Werden wichtige Geschäftstermine verlegt, kein Problem. Dann fährt man mit dem Womo eben vorher. Oder nachher. Man muss ja nicht zwingend buchen, es sei denn, man will unbedingt auf DEN einen Platz. Es gibt tausend schöne andere Plätze.“

Wegen der hohen Besteuerung hat Frau Volkner „leider“ noch kein einziges ihrer Superluxus-Fahrzeuge nach Österreich verkauft. Was sie aber nicht daran hindert, in höchsten Tönen vom Campingland Österreich zu Schwärmen. „Herrliche Plätze habt ihr!“, lobt sie. „Und sehr viele fügen sich so schön in die Landschaft, dass sie eher wie ein Park denn als Parkplatz für Reisemobile wirken.“

Dazu passt auch der Rat des Wohnmobilhändlers Herbeck: „Neueinsteigern in diese Szene empfehle ich, vorerst einmal im Land zu bleiben und nicht gleich einen Trip  zum Nordkap zu planen, denn unsere Campingplätze sind wirklich auch eine Reise wert.“   

©MORELO Reisemobile

Das können nicht nur Camping-Oldies bestätigen, sondern ebenso jüngere Outdoor-Fans wie die zwei Linzer Norbert und Ronald. Seit sieben Jahren filmen sie „just for fun“ ihre Wohnmobil-Reisen und stellen die mittlerweile hunderten Videos auf die Internet-Plattform YouTube.

Vorfahrt für die Queen

Das Spektrum reicht dabei von einem Campingplatz in Gmünd im Waldviertel über Camper-Hotspots von der Bretagne über Schottland bis Norwegen. Als „Die Camper“ unterhalten die beiden mit ihren so kurzweiligen wie informativen  Clips knapp 17.000 Abonnenten.

Einer der  Höhepunkte ihrer Reisen war, als ihr Wohnmobil 2017 bei Stirling Castle von der Polizei gestoppt wurde. Warum das? „Queen Elizabeth und Prince Philip wollten in ihrer Bentley State Limousine unbedingt die Vorfahrt haben“, erklärt Norbert.  Dieses kurze Aufeinandertreffen haben sie genauso auf Video festgehalten wie manche heikle Situation auf schmalen Straßen: „Eng, eng, England.“

Ihre Lieblingsdestination? „Uns zieht es eher in den Norden und Hohen Norden als in den Süden.  Wer also Ruhe abseits des Massentourismus sucht, ist in Norwegen gut aufgehoben."

©Airstream

Die Strecke Linz–Oslo geht sich ohne Übernachtung in 22 Stunden aus.  Das sei notwendig, um dann volle zwei, drei Wochen in Skandinavien genießen zu können. 

Aber zwischendurch im Jahr ist immer wieder ein Wochenende in Österreich angesagt.
Einem Österreich, in dem sich zwar alle gern an die Rennfahrerlegenden von Jochen Rindt bis Niki Lauda erinnern. „Aber seit es Wohnmobile gibt, trauen sich immer weniger Leute zu, mit Campinganhänger auf Tour zu gehen“, klagt Armin Heun. Er ist verantwortlich für Vermarktung und  Vertrieb des Airstream-Caravans  in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Wohnwagen als Tiny House

„Alles halb so wild“, ist  Heuns Botschaft an jene, die jetzt vielleicht mit einem dieser schicken silbernen Gefährte liebäugeln. Sein großer Vorteil sei immerhin, dass sich das so mobile wie bewohnbare  Design-Statement  – Garten vorausgesetzt – auch rund ums Jahr nutzen lässt. Als Zweitwohnsitz oder Tiny House.

So gesehen, rettet auch das Comeback der Legende Land Rover Defender eine alte Notlösung in die Moderne: das Dachzelt. Der Vorteil dieser Kombination ist jedenfalls, dass man sich um Fragen wie zulässiges Gesamtgewicht nicht zu kümmern braucht.

"Campen ist cool"

Sandra Bullock hat einen, Tom Hanks, Patrick McDempsey und natürlich Matthew McConaughey – der besitzt sogar vier Luxus-Caravans von Airstream

„Campen ist cool“, schwört er. Bei vielen US-Promis gehört ein Wohnwagen oder -mobil einfach zum Lifestyle. Entweder, weil sie als Filmstars so in Drehpausen über ihren privaten Rückzugsraum verfügen. Oder wie Hobby-Rennfahrer McDempsey, der so mitten im Fahrerlager relaxen und nächtigen kann.

Oscarreifer Wohnwagen

Knapp zwanzig Jahre ist es her, dass sich Jack Nicholson in "About Schmidt" im Wohnmobil auf eine Reise durch das Heartland der USA aufmacht - als frisch pensionierter Versicherungsangestellter. Für seine Rolle in der Tragikomödie von Alexander Payne wurde der Schauspieler auch für den Oscar nominiert. 

Nun aber hat sich ein Wohnmobil im Windschatten eines Oscar-Gewinners sogar einen Platz an der Seite des Goldjungen gesichert: "Nomadland" der Regisseurin Chloe Zhao. Hier steht mit der gleichfalls oscarprämierten Schauspielerin Frances McDormand ein Star des Indie-Kinos für jene größer werdende "Gruppe älterer, verarmter Menschen in den USA, die sich heute an ihre Wohnwagen klammern wie an das letzte Vermächtnis des großen amerikanischen Traums" (Filmmagazin Ray).

Frenkie & die Outdoorfans

Auf der Suche nach prominenten Campingfans wird man aber nicht nur in Übersee fündig. Als gebürtiger Niederländer ist Ex-Fußballer Frenkie Schinkels selbstverständlich ebenso ein leidenschaftlicher Outdoor-Fan. Er ist ganz begeistert von den diesbezüglichen Möglichkeiten in Kroatien, vor allem weil Camping auch so familienfreundlich ist.

Hallo Hippie-Trail

Der deutsche Fernseh-Detektiv Claus Theo Gärtner („Ein Fall für zwei“) hat als Camper sogar alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die diese Form des Reisens bietet. Mit seinem ersten VW-Bus („Bulli“) und damaliger Freundin kämpfte sich der gebürtige Berliner  1968/1969 entlang „Hippie-Trails“ quer durch Afghanistan  bis  Indien. Mehr als 15 Länder hat er mit dem umgebauten Bus bereist. Vor zehn Jahren zog es ihn  in die Sahara.

Auch mit 78 Jahren fühlt er sich nicht zu alt zum Campen. Weltreisen aber möchte er sich nicht mehr antun. „Wenn ich vorhätte, mit einem Wohnmobil weiter zu reisen als ins Tessin“, sagte er dem Caravaning-Magazin, „dann würde ich mir ein modernes kaufen, mit allen Finessen.“   

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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