Montenegro erwacht aus dem Schönheitsschlaf: Luxusland in Sicht
Aus dem Balkanstaat soll das Monaco des 21. Jahrhunderts werden. Höchste Zeit, das Land vorher noch rasch zu entdecken.
Überblick
ca. 622.000
Mai bis September
Podgorica
Euro (€)
von Barbara Reiter
Nicht ein Papier liegt auf dem Boden, die Palmen säumen wie Leibwächter das Ufer der Marina, in der zahlreiche elegante Yachten vor Anker liegen, und die Lichter der sichtlich exklusiven Gebäude rund um die Bucht von Kotor glitzern abends im Wasser um die Wette. In Tivat wohnt der Luxus, hier riecht es nach Meer – und mehr. Wüsste jemand nicht, an welchem Ort er sich befindet, er läge beim Versuch zu raten, sicher falsch. Dieser Ort könnte überall sein, überall, wo es gut und teuer ist: Monaco, Porto Cervo, Marbella. An Land setzt sich der Luxus mit einem Designer-Store neben dem anderen fort. Apropos: Tom Ford hat hier ein Geschäft eröffnet, Gucci, Dior und Rochas auch. Das lässt erahnen, was am Ex-Militärstützpunkt Österreich-Ungarns entstehen soll: ein Monaco des 21. Jahrhunderts, begründet von einem kanadischen Milliardär.
Als Peter Munk 2006 mit dem Helikopter über die Bucht von Kotor flog, verliebte er sich in die fjordähnliche Schönheit, hegte aber ebenso viel Skepsis gegen sie. Der ehemals kleinste der sechs Teilstaaten des kommunistischen Jugoslawiens war nämlich gerade dabei, sich aus dem Staatenbund mit Serbien zu lösen. Niemand wusste, was mit der Unabhängigkeit kommt. Reichtum oder Ruin? Munk vertraute dennoch seinem Geschäftssinn und kaufte dem Staat 2008 das Hafengelände ab, fand namhafte Investoren wie Bankier Jacob Rothschild und den russischen Rohstoffmagnaten Oleg Deripaska. Gemeinsam erschufen sie „Porto Montenegro“. Seither sind Wohnungen und Yacht-Liegeplätze hier heiß begehrt. Die yachtfreundlichste Gesetzgebung des ganzen Mittelmeers mit zoll- und steuerfreiem Schiffskraftstoff und Liegeplatz-Gebühren weit unter dem Niveau vergleichbarer Häfen ist einer der Gründe, die schöne Umgebung ein anderer. Von Porto Montenegro aus sind Städte wie Perast oder Kotor schnell zu erreichen.
Die Fahrt per Boot ist imposant, nicht zuletzt wegen der steilen Bergflanken rund um die Bucht, die Montenegro – schwarzer Berg – seinen Namen geben. Links und rechts am Ufer liegen die Adriaperlen eine neben der anderen – wie aufgefädelt. Das schönste Schmuckstück von allen ist Kotor am südöstlichen Ende der Bucht. Kaum zu übersehen liegen zur Hochsaison unzählige Kreuzfahrtschiffe im Hafen vor Anker. Die Altstadt, von einer imposanten Mauer umschlossen, zählt zum UNESCO-Welterbe und ist ein Publikumsmagnet. Wer durch das Stadttor tritt, weiß, warum. Edel der wie glatt poliert wirkende Marmor am Hauptplatz. Beeindruckend die Sankt-Tryphon-Kathedrale als größte noch erhaltene romanische Kirche der östlichen Adriaküste. Imposant die zahlreichen Paläste, die zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert entstanden sind. Bis 1797 stand Kotor unter der Patronanz von Venedig. Die Zeiten sind längst vorbei, das italienische Flair ist aber geblieben. Ein anderes viel geliebtes Erbe der Vergangenheit sind die unzähligen Katzen, die das Stadtbild von Kotor prägen. Als Kotor einst noch ein wichtiger Handelsumschlagplatz war, kamen mit den Menschen auf den Schiffen auch die Katzen, fraßen die Mäuse und Ratten der Stadt und bewahrten die Bewohner so vor Krankheiten. Aus Dankbarkeit kümmert sich ein eigens gegründeter Verein bis heute um das Wohl aller Tiere. Sogar ein Museum wurde den Katzen gewidmet. Ihr Lebensraum ist die ganze Stadt. Sie streifen durch die hübschen Gassen, schlafen in den Auslagen der Geschäfte und nehmen auf der Stadtmauer gerne ein Sonnenbad.
Die Schönen und Reichen tun es ihnen im Yachtclub von Porto Montenegro gleich – nachdem sie wieder einmal die Nacht zum Tag gemacht haben. 2011 feierte Nat, der Sohn von Investor Rothschild, im Club seinen 40er zusammen mit 400 illustren Gästen. Ex-Formel-1-Rennstallbesitzer Eddie Jordan war auch dabei. Er hat sich genau wie Tennis-Ass Novak Djokovic in Porto Montenegro eine Immobilie gekauft. Djokovic hat auch seine Yacht in der Marina liegen und ist hier sogar in den Hafen der Ehe geschippert.Dafür hatte sich der Serbe die kleine Insel Sveti Stefan ausgesucht, 32 Kilometer und eine dreiviertel Stunde Autofahrt von Porto Montenegro entfernt. Bestehend aus einem Luxushotel samt Kirche, ist sie für Tagestouristen nicht zugänglich. Schon in den 1960ern gab es hier ein Hotel. Der sich weltmännisch gebende Diktator Tito wollte den Tourismus ankurbeln. Prominente Besucher wie Marilyn Monroe, Klaus Kinski oder Sophia Loren machten die Destination berühmt – bis der Balkankrieg dem munteren Treiben 1991 ein Ende setzte. Erst mit Stabilisierung der Lage und der Unabhängigkeit Montenegros, belebte die Hotelgruppe Aman 2010 die Insel erneut, luxuriöser denn je. Eine Nacht kostet rund 1000 Euro, aber noch kostbarer ist der Tag – das Land ist zu schön, um es zu verschlafen.
Info
Aman Sveti Stefan mit 50 Zimmern ist ab Anfang Mai bis Ende Oktober geöffnet. Ab-Rate im Mai bei 971 €, Hochsaison ca. 1.100 €. In Villen am Festland gibt es acht Suiten. Die Villa Milocer ist das ganze Jahr offen. Ab-Rate im März bei 850 €, Hochsaison bei 1.650 €. Das 2.000 qm² große AmanSpa liegt am Festland. Zutaten für die Spa-Produkte kommen aus dem Frauenkloster Duljevo in Budva. www.aman.com/resorts/aman-sveti-stefan
5 Dinge, die man in Montenegro sehen muss
1 / Kotor
2 / Kloster Ostrog
3 / Skutarisee
4 / Tara-Schlucht
5 / Lovćen-Nationalpark
© Bild: Tourismus Montenegro
Bezaubernde Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe) mit vielen netten Geschäften, Cafés, Restaurants – und unzähligen Katzen.
© Bild: Sergej Zabijako, Sergej Mne
Das Besondere hier ist, dass das serbisch-orthodoxe Kloster nicht nur in einen Felsen gebaut wurde, sondern dass hier Orthodoxe, Christen und Muslime gemeinsam beten. Unbedingt besuchen!
© Bild: Sergej Zabijako, Sergej Mne
Der größte See des Balkans (48 km lang und 14 km breit) im Grenzgebiet zwischen Montenegro und Albanien ist ein Naturwunder. Hier findet man mehr als 270 Vogelarten.
© Bild: promo Montenegro
Sie ist mit einer Länge von 79 km und einer Tiefe von 1.300 Metern die längste und tiefste Schlucht Europas. Die Tara-Schlucht liegt im Durmitor-Nationalpark mit 48 2000ern. Ein Paradies für Wanderer und Skifahrer.
© Bild: promo Montenegro
Auf dem Mausoleum von Dichterfürst „Njegoš“ befindet sich der beste Aussichtspunkt des Landes. An klaren Tagen sieht man die Bucht von Kotor, das mächtige Durmitor- Gebirge, die Hauptstadt Podgorica, Budva, den Skutarisee und mehr.
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