Ein Bad im Sand: Mit Luxuszelt in die Wüste des Oman

Eine sagenhafte Königin, eine versunkene Stadt und eine uralte Handelsstraße: Wer im Südoman auf den Spuren vergangener Zeiten wandeln will, muss in die Wüste.

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Diese Geschichte handelt nicht von drei Königen aus dem Osten, die nach Bethlehem zogen, um dem neugeborenen König der Juden Weihrauch zu bringen. Und doch hat sie viel mit Weihrauch und Menschen, die nach Osten zogen zu tun; zumindest, wenn man Ali Al Shahari glaubt. Der Omani ist davon überzeugt, dass seine Vorfahren es waren, die Amerika ursprünglich besiedelten. Der alte Herr mit Turban, in einem weißen Thawb, ist  d e r  Experte für die alten Sprachen seiner Heimat im Süden des Oman. „Shehri ist die älteste Sprache der Welt, die noch gesprochen wird.“ Al Shahari ist stolz auf seine Kultur. An den Wänden in seinem Haus in Salalah hängen unzählige Fotos von Höhlenmalereien und Schriftzeichen.

Ali Al Shahari und seine Bilder von den Höhlenmalereien

©Susanne Mauthner-Weber

„Schaut doch alles gleich aus, stammt aber aus Peru, Colorado – und von hier“, sagt er und hat in den vergangenen bald 50 Jahren daraus die Theorie entwickelt, dass die Leute aus Dhofar Amerika erobert haben. „Die Mormonen glauben das auch“, schließt Ali.

Auch wenn man ihm nicht folgen mag: Der SüdomanDhofar genannt – ist uraltes Kulturland mit mythenumrankten Orten. Hier liegt   das antike Sumhuram. Gerne erzählt man, dass die Königin von Saba vom alten Handelshafen  aus ein mit Weihrauch beladenes Boot ins Reich von König Salomon schickte. Die Weihrauchstraße begann und endete einige Kilometer westlich – im alten Hafen Al Baleed, den italienische Archäologen gerade am Strand von Salalah (der moderne Name der Provinzhauptstadt) ausgraben. Nicht zu vergessen Ubar, möglicherweise das biblische Sodom oder Gomorrha.

Wer auf den Spuren dieser vergangenen Zeiten wandeln will, muss in die Wüste. Und hier kommt Sean Nelson ins Spiel. Der Brite in beigen Trekkinghosen und Birkenstock-Clogs ist Spezialist für Luxuscamping, neudeutsch Glamping (glamouröses Camping) genannt, und breitet eine Offroad-Karte des Omans vor sich aus.

Sean, die Sand-Neulinge und seine Offroad-Karte

©Susanne Mauthner-Weber

„Das Land ist zweigeteilt. Da ist der raue Norden und dort der Süden – die völlig menschenleere Wüste“, erklärt er und packt die Sand-Neulinge samt Rucksäcken und mobilem Luxuscamp in seine Jeeps.

Nach dem Öl

Während er uns aus Salalah raus Richtung Norden kutschiert, erzählt er: „Salalah wird jetzt langsam touristisch, hat aber noch viel Charme. Der Souk  soll neu aufgebaut werden – direkt am Wasser.“ Derzeit sitzen nur drei Omani unter einem Sonnendach am leeren Strand und schauen gelassen aufs Meer. Weiter geht es: „Der Oman hat vielleicht noch 20 Jahre Öl. Darum setzen sie auf Tourismus,“, sagt Nelson, während wir gut eine Stunde durch die Ausläufer der Rub-al-Khali, der größten Wüste der Welt, brettern.

Bibel lässt grüßen

Irgendwann kommen Palmen, herrliche grüne Felder und Bewässerungsanlagen ins Blickfeld: „Unterirdischen Wasserreservoires sei Dank“. Seans Arm geht im Kreis: „Überall standen Zelte, vielleicht eine Meile im Umkreis, tausende Kamele weideten hier, Händler gingen ihren Geschäften nach. Es war ein wichtiger Ort auf der Weihrauchstraße. Ja, das war Ubar, die Stadt, die man aus der Bibel als Sodom oder Gomorrha kennt“, bekräftigt Sean, als er unsere ungläubigen Blicke bemerkt: Heute finden sich hier nur eine riesige Grube und ein paar Steinmauern; im angeschlossenen Museum erzählt ein Video die Fundgeschichte von Atlantis im Sand.

Ubar, alias Sodom, alias Gomorrha

©Susanne Mauthner-Weber

Nach der Kultur folgt der Spaß – Luft raus aus den Reifen, rein in den Sand. Offroad geht es in die Dünen.

 

Luft raus, in den Sand rein

©Susanne Mauthner-Weber

Als wir ankommen, erwischen wir gerade noch den Sonnenuntergang. Das Camp ist aufgebaut,  Nelsons Team sei Dank: Sechs runde, mannshohe Zelte, etwa vier Meter im Durchmesser, mit Matratzen; feine weiße Bettwäsche, weiche Federpolster, flauschige Handtücher und  Teppich inklusive.  Vor jedem Zelt steht ein bequemer Campingstuhl samt Tisch; dazwischen drei Bad-Zelte mit Wassersack samt Brausekopf, einem Holz-Plumpsklo, edlem handgehämmerten Kupfer-Wasserbecken, einem Spiegel  und Pflegeprodukten von L'Occitane – wem das was sagt. Sogar an Abfalleimer und Solarleuchten hat Sean gedacht.
Überflüssig zu erwähnen, dass das Drei-Gang-Abendessen Haubenniveau hat. Zum Abschluss erscheint der Vollmond hinter der Düne. Auf sie folgen unzählige weitere Dünen – etwa 800 Kilometer lang.

5:30 Uhr. Wer den Sonnenaufgang sehen will, muss früh raus. Mohamed Quahoor, Seans Mitarbeiter, wartet neben dem Jeep. Der klettert behände die steile Sanddüne hinauf, obwohl es noch dunkel ist. Oben angekommen, zeigt sich das erste zarte Rosa am Horizont. Mohammed serviert Kaffee und Tee, um das Warten zu verkürzen. Wäre gar nicht nötig – sekündlich ändert sich die Lichtstimmung von rosa zu hellblau, pink und schließlich orange und rot. Langsam nimmt der Sand Kontur an.

 

Mohamed zeigt seine Welt

©Susanne Mauthner-Weber

„Dort ist die Küste“. Mohammed zeigt nach Süden. „Dort, im Westen, der Jemen und im Norden das leere Viertel.“ 70 Kilometer von hier findet man die höchste Düne,  auf 250 Meter bringe sie es, erzählt der junge Omani,  und dass er der Erste war, der sie mit dem Auto überquert habe. So rasant, wie er heute die Düne hochgeklettert ist, ist man geneigt, ihm zu glauben.

Vor und zurück, rechts, links, Sand wirbelt unter den Rädern auf. Am Vormittag hat Sean das Steuer seinen Gästen überlassen und natürlich hat sich einer in den Sand eingegraben. Millimeterweise geht es dann doch voran, als Sean wieder das Kommando übernommen hat. Fünf Minuten später sind die Räder frei. Es geht weiter. „Abenteuer!“, sagt Mohammed auf deutsch und lacht.

Etwas später lehnt er sich im Wadi Dhawkah an  einen Baumstamm, öffnet vorsichtig die Rinde mit einem Messer und wartet bis das Harz herausquillt. Seit mehr als 4.000 Jahren erntet man an den Küsten Arabiens  Boswellia sacra. Über die Weihrauchstraße, eine der ältesten bekannten Handelsrouten der Welt, kam die Kostbarkeit nach Europa. Bis heute gehören die  Bäume verschiedenen omanischen Stämmen, die befugt sind, den Weihrauch zu ernten. Und natürlich ist auch Mohammeds Clan darunter.

Mohamed und sein Weihrauch

©Susanne Mauthner-Weber

W wie Weihrauch

  • Frankincense Park

Im Wadi Dhawkah, einer steinig-kargen Mondlandschaft, liegt der  Weihrauch-Park, mit etwa  60.000  nicht in Plantagen kultivierten, sondern wild wachsenden Bäumen. Im UNESCO-Weltnaturerbe-Park erfährt man alles über  die Weihrauch-Ernte und warum die Bäume hier so gut gedeihen

  • Frankincense Land Museum

Salalah war in der Antike der Weihrauchhafen Al Baleed und das wird den Touristen im kleinen, feinen Museum näher gebracht. Sehenswert sind auch das angeschlossene Freigelände mit den archäologischen Grabungen, sowie der Souk, der neben Tüchern praktisch nur Weihrauch führt.

Der Weihrauch-Souk von Salalah

©Getty Images/vale_t/istockphoto

Lange hat Sean im touristischen Norden Touren veranstaltet. Hier ist er ganz allein – das leere Viertel eben. „Das ist der Reiz“, sagt er. Ron Wood von den Rolling Stones gefällt das auch: Nelson hat bereits acht Mal das Glamping für ihn organisiert. Und nein, er macht sich nicht wichtig, sondern rückt erst damit heraus, als  die Rede auf die Omega Speedmaster an seinem Handgelenk (die berühmte Monduhr aus 1969) kommt: Die hat ihm Wood geschenkt.

©Grafik

Infos

Anreise

Beste Reisezeit

zwischen November und April

Susanne Mauthner-Weber

Über Susanne Mauthner-Weber

Noch bin ich ja nicht überzeugt, dass das tatsächlich irgend jemanden interessiert. Für den Fall, dass doch: Seit einem halben Leben beim KURIER. Fad wird mir nur deshalb nicht, weil ich ständig Abenteuer im Kopf erlebe, Besser-Wisser interviewe und mich zumindest auf dem Papier mit Erfindungen, Entdeckungen und Errungenschaften beschäftige. Anscheinend macht das nicht nur mir Spaß - 2012 wurde ich mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnet, 2013 mit dem Kardinal-Innitzer-Preis für wissenschaftlich fundierte Publizistik und 2014 mit dem Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik. Wie gesagt: Falls das wirklich irgendwen interessiert.

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