Wir sind nach Grado geradelt! Ein Familien-Abenteuer
Alle reden darüber, wir haben es gewagt: Die Familie Bovelino fuhr mit Fahrrädern von Salzburg nach Grado. Ein erweiterter Selbstversuch.
Wir fahren bis St. Johann, übernachten in der Jugendherberge, Zimmer mit Salzachblick - absolut empfehlenswert. (Zur Website: hostel-sanktjohann.at)
Ebenfalls empfehlenswert: Der "Venedigerwirt" gleich ums Eck. Supergute Fleischgerichte, frische Pilze, tolle Pizzen - perfekt. (Infos zum Venedigerwirt: vuyo.me)
Nach einem Weißbier fallen wir um 21 Uhr todmüde ins Bett.
Tag 2: St. Johann - Bad Gastein, 42 km, 563 m bergauf, 220 bergab.
Dass es zwischendurch immer wieder runtergeht, beinahe bis aufs Niveau der Bundesstraße, die schon so weit unter uns lag, ist zwar erholsam, aber auch ein bissl frustrierend. Aber zum Glück geht's dann ja gleich wieder umso steiler bergauf.
Für alle, die immer von diesen steilen, verwinkelten griechischen Bergdörfern schwärmen: Hier in den österreichischen Alpen ist ein Dorf, das wirklich Maßstäbe setzt.
Nach dem ausgiebigen Geschwindigkeitsrausch wird's leider richtig mühsam. Theoretisch fahren wir weiter bergab zum Millstätter See, aber die Streckenführung bringt uns an den Talhängen immer wieder ziemlich weit bergauf. Dazu brennt die Sonne erbarmungslos auf uns runter.
So wird ausgerechnet der erste "leichte" Tag, ohne offizielle Steigung, zum mühsamsten. Dass es in ganz Seeboden praktisch kein Gasthaus mehr gibt, sondern nur "Hauben"-Gasthöfe, die allesamt Garnelen und Rumpsteaks servieren und ihre Preise am Wiener Steirer-Eck orientieren, ist der klägliche Endpunkt dieser Etappe der Qualen.
Lichtblick: Die Pizzeria Hawe d' Ehre. Das einzige Restaurant, das uns auch ohne Reservierung bewirtet, entpuppt sich als frisch und jung mit einer unglaublich schnellen und freundlichen Belegschaft. Ja, die Pizza war auch supi.
Tag 4: Seeboden - Villach, 43 km, 118 m bergauf, 144 m bergab.
Urgemütliche Etappe. Es geht zuerst der Lieser, dann der Drau entlang. Wunderbare Flusslandschaften und abgesehen von ein paar Staustellen keine nennenswerten Steigungen. Es gibt auch ein paar hübsche Badeplätze, aber wir wollen doch lieber Villach erreichen. Das erste Etappenziel, für das wir keine Vorreservierung haben.
Villach selbst ist einfach nur durch und durch hübsch, an der Drau gönnen wir uns - erraten - einen Eiskaffee, der wieder ziemlich gut ist. Die Kellnerin bemerkt, dass wir eine Übernachtungsmöglichkeit suchen und empfiehlt uns das Hotel Mosser gleich die Bahnhofstraße hoch. Ein alter Kasten, richtig klass, der sich voll auf die explodierende Bikerszene eingestellt hat. Denn die Ciclovia, also der Alpe-Adria-Radweg von Salzburg nach Grado, ist längst ein touristischer Faktor. Es sind richtig viele Radler unterwegs, die meisten natürlich mit E-Bikes. Man trifft sich an den Etappenzielen, manchmal unterwegs.
Die E-Biker schauen dann immer so mit einer Mischung aus Anerkennung und dem Bedürfnis, sich zu rechtfertigen an. "Was, ihr fährt ohne Akku? Wow, wir würden ja auch, aber wir..." Ich denke mir: Besser man fährt mit E-Bike als gar nicht, oder?
Tag 5: Villach - Tarvisio, 37 km, 351 m bergauf, 251 m bergab.
Zuerst geht's ins Gailtal, was den knapp 13-jährigen Familienspross zu einigen Sprüchen verleitete, die seit Generationen wohl jeder 13-Jährige, der durchs Gailtal fährt, in ähnlicher Form getan hat. Und natürlich der erwachsene Wolfgang Ambros, aber das ist eine andere Geschichte...
Dann: Noch eine Bergwertung, die letzte, wie wir hoffen. Und endlich: Italien!
Gleich nach der Grenze wird's für Radler aber noch einmal überraschend steil, und zwar so, dass auch die E-Biker absitzen und schieben. Wir sind das Schieben ja gewohnt, außerdem sind unsere Räder viel leichter, was uns doch ein wenig Freude bereitet. Tarvisio entpuppt sich als richtig hübscher Flecken, man kannte es früher ja nur wegen des letzten Marktes vor der österreichischen Grenze, die letzte Gelegenheit, sich eine superschicke Kunstlederjacke zu kaufen und so. Aber es ist sympathisch, das Essen ausgezeichnet, und die Wirtin in unserem Hotel Triest erklärt uns, dass man hier im Winter ausgezeichnet Skifahren kann. Wäre durchaus ein Grund, wiederzukommen...
Tag 6: Tarvisio - Venzone, 61 km, 339 m bergauf, 605 m bergab.
Die schlechte Nachricht: Tarvisio is noch längst nicht der höchste Punkt, den es auf diesem Alpenübergang zu bewältigen gibt. Das zieht sich noch, die erste Stunde sind wir voll mit treten beschäftigt, die E-Biker ziehen mühelos an uns vorbei. Nun sind sie an der Reihe mit verstohlen Grinsen.
Die Abfahrt auf der alten Bahntrasse, zuerst der Fella, dann dem Tagliamento entlang, ist ein Traum. Freihändig ist es fast, als würde man am grünen Fluss entlang fliegen. Ein Eiskaffee in Chiusaforte muss ganz einfach sein, es ist der beste auf unserer bisherigen Reise. An der alten Bahnstation dort hat sich ein regelrechter Radlertreff entwickelt, die Wirtin hat ihre Freude mit uns.
Übernachtet wird in Venzone, der Ort gilt zu Recht als einer der schönsten Norditaliens. Am alten Hauptplatz sitzen und von der Aperitivo-Bar auf der einen, ins kleine Ristorante auf der anderen Seite zu wechseln - einfach herrlich.
Am Tagliamento vor den Stadttoren lässt es sich auch wildromantisch baden, das Wasser ist traumhaft schön, aber mir eindeutig zu kalt. Ich warte bis Grado.
Tag 7: Venzone - Udine/Pradamano, 60 km, 217 bergauf, 121 bergab
Wer, wie meine Frau und mein Sohn, den italienischen Teil der Ciclovia schon einmal gefahren ist, wird hier leider überrascht. Statt dem Flusslauf entlang führt die Strecke durch jedes Dorf und jede Wohnsiedlung zwischen Venzone und Udine. Was dann doch wieder sinnlose Höhenmeter bedeutet. Und radeln unter glühender Sonne, statt im Schatten von Bäumen.
Warum die Streckenführung geändert wurde? Wir können nur mutmaßen. Die kleinen Gemeinden wollen auch vom Trend Ciclovia profitieren. Überall gibt's kleine Radler-Cafes und mehr oder weniger spontan aufgestellte Buden zur Radlerverpflegung. Und ja, E-Bike-Ladestationen. Und mit den schweren Trümmern hätte man auf dem Flussweg eher Schwierigkeiten - andererseits haben die Elektroradler keine Schwierigkeiten, die unzähligen Hügel zu diversen Dorfkirchen oder Reihenhaussiedlungen zu bewältigen ...
In Pradamano übernachten wir in einem grandiosen Agriturismo: Das alte Landgut eines Grafen namens Ottelio. Der aktuelle Gastgeber hat zwar kein blaues Blut mehr, ist aber supernett und tischt ein wirklich hübsches Frühstück auf. Außerdem sind wir ihm dankbar für seinen Tipp zum Abendessen: das Weingut Milocco, die selbst einen grandiosen Prosecco machen, eine unglaublich gute Tomatensoße und die besten Salbeibutter-Gnocchi von überhaupt.
Tag 8: Udine - Grado, 60 km. 61 m bergauf, 234 m bergab
Wir bleiben länger als wir vorhatten. Und zurück nach Salzburg? Geht's mit dem Zug! :)
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