Die schönsten Winterwanderwege im Waldviertel
Nach den Festtagen brauchen wir Bewegung und viel Luft. Gibt es alles im Waldviertel: Zwischen Bäumen, Seen und Wackelsteinen unter weißem Reif fühlt sich jeder Ausflug wie eine Reise an. Wir baten einen Kenner um vier Wegempfehlungen.
Überblick
November bis März
EUR
Klimafreundliche Anreise mit ÖBB ab Wien
Dauer ca. 2 Std
von Wolfram Kautzky
Das Schlüsselerlebnis war ein herbstlicher Ausflug auf die Wiener Sophienalpe: zu viele Spaziergänger, zu viele Biker, zu viel Gatsch. Da muss es doch beschaulichere Wanderziele geben, so mein Gedanke. Also sollte der nächste Ausflug ins Waldviertel führen. Aber wohin? Waldviertel ist nicht Waldviertel, wie ich von etlichen Sommererfahrungen wusste – aber was die meisten Regionen der Silva Nortica zwischen Nebelstein und Manhartsberg verbindet, sind Ruhe, Beschaulichkeit und Naturbelassenheit. So wurden aus einer winterlichen Ausfahrt gleich vier – in vier gänzlich unterschiedliche Wald-Viertel.
1. Höhepunkt für Sonnenanbeter
Der für Ostösterreich typische November: Seit Tagen in Wien nur Nebel, während der Wetterbericht in den Bergen strahlenden Sonnenschein verheißt. Ein – trotz der Kälte – heißer Tipp führt mich Richtung Westen. Schon nach einer Autostunde schraube ich mich den Jauerling hinauf. Das ist jener 960 Meter hohe Berg nördlich der Wachau, der seine Bekanntheit a) einem Sendeturm des ORF und b) den Nordmanntannen (gefühlt jeder Weihnachtsbaum in Wien kommt von dort) verdankt. Nach Maria Laach, dem Hauptort des Jauerling, werden die Kurven enger, die Nebelsuppe immer dichter. Geht sich’s aus mit der Sonne? Am Parkplatz des Jauerling-Naturparks sinkt die Hoffnung: Man sieht die Hand vor dem Gesicht nicht, das Nebelreißen lässt einen frösteln.
Fünf Gehminuten später das Mirakel: Der Nebel reißt auf und ich stehe im strahlenden Sonnenschein. „Des is bei der Wetterlage immer so“, versichert mir ein Einheimischer, den ich am Fuße des (leider versperrten) Aussichtsturmes treffen. Tipp: Der markierte Gipfelrundweg dauert eine Stunde und bietet einen tollen Blick auf das darunter liegende Wolkenmeer.
2. Skandinavien lässt grüßen
Im vergangenen Sommer hab’ ich den Ottensteiner Stausee zwar nicht kennen, aber lieben gelernt. Gerade einmal 75 Autominuten von Wien entfernt, war er das Badeziel an manch heißem Sommertag. Dass ich ihn auch im Winter schätzen gelernt habe, verdanke ich dem „Vabindaweg“. Mit einem angeborenen Faible für sprachliche Absonderlichkeiten ausgestattet, beschließe ich, diesen Weg, der die Gemeinden Zwettl, Waldhausen und Rastenfeld verbindet (daher auch sein kreativer Name), in meine Waldviertel-Wandersammlung aufzunehmen.
Der beste Ausgangspunkt ist das Faulenzerhotel Schweighofer im schmucken Örtchen Friedersbach. Man folgt den gelben Schildern mit der Nummer 57d Richtung Osten. Was die etwa vierstündige Rundwanderung außergewöhnlich macht: die zahlreichen Ausblicke auf die Fjorde des Ottensteiner Stausees und die Flusswanderung entlang des (sprachlich nicht minder kuriosen) Purzelkamps, der sich bei der Stauseebrücke zum Ottensteiner Stausee weitet.
3. Da fährt die Eisenbahn drüber
Im Winter gibt es auf der Schmalspurstrecke zwischen Groß Gerungs und Gmünd, im westlichsten Zipfel des Waldviertels, keinen Bahnverkehr. Jahreszeitenunabhängig ist aber das Vergnügen, wenn man den „Bahn-Erlebnis-Weg Kleiner Semmering“ begeht. Ausgangspunkt ist der kleine Ort Langschlag, am besten bei der Bäckerei Einfalt, wo man sich vor der rund dreistündigen Wanderung noch mit formidablen Waldviertler Mohnzelten eindecken kann. Der Weg mit der Nummer 90 bietet so ziemlich alles, was man vom Waldviertel erwarten kann: Zunächst schlängelt er sich über Felder der Hochebene bis zur Mitteleuropäischen Wasserscheide (nördlich fließen alle Bäche über die Moldau in die Nordsee, südlich in die Donau und ins Schwarze Meer), dann taucht man, immer bergab gehend, in dichte Nadelwälder mit den typischen Waldviertler Wackelsteinen ein. Steter Begleiter ist die Trasse der Waldviertel-Bahn, die im Sommer eine veritable Touristenattraktion ist. Am Talgrund angelangt, folgt man dem mäandrierend dahinfließenden Reichenauer Bach bis zu einer Weggabelung, von der links ein Weg bergauf nach Bad Großpertholz führt. Von dort geht’s per Bus (täglich mindestens dreimal) zurück nach Langschlag.
4. Weitblick garantiert
Dieter Juster ist ein bunter Vogel: Das elterliche Wirtshaus in Gutenbrunn machte er als „Bühnenwirtshaus“ zum weithin bekannten Hotspot für österreichische Kleinkünstler. Vor fünf Jahren verordnete sich Juster eine Auszeit und fand eine neue Passion: das Wandern. „Erst damals hab’ ich bemerkt, in was für einer gesegneten Gegend wir hier im südlichen Waldviertel leben“, erinnert sich Juster. Sichtbarer Output der neuen Leidenschaft war der 260 Kilometer lange „Lebensweg“, den er 2018 initiierte und mittlerweile schon dreimal selbst abgegangen ist. Nun, mir würden 10 bis 12 Kilometer reichen, denke ich mir, als ich Dieter Juster in seinem Wirtshaus treffe. Hier habe ich seinerzeit Austro-Größen wie Thomas Maurer, Ostbahn-Kurti und Papermoon erlebt, nun wartet statt des kulturellen ein sportlicher Genuss auf mich: der Panoramaweg zum Hirschenstein. Der Rundweg startet bei der Ortskirche von Gutenbrunn, von wo man den gelben Schildern mit der Nr. 41 im Uhrzeigersinn folgt. Über weite Strecken führt die Route durch den Weinsberger Wald, das größte geschlossene Waldgebiet Österreichs. Dazwischen bietet der Panoramaweg immer wieder prächtige Aussichtspunkte – etwa nach einer Stunde von der Aussichtsplattform oberhalb von Ulrichschlag: An klaren Tagen reicht der Blick von hier bis zum Ötscher und ins Gesäuse. Eine weitere Stunde später packt Juster am Hirschenstein (884 Meter), den sogar ein Gipfelkreuz ziert, seine Jause aus und meint: „Früher haben die Leut’, die im Winter zu uns kommen wollten, immer gefragt, ob eh genug Schnee zum Langlaufen liegt. Heute sage ich ihnen, das ist ganz egal – schöner als bei uns im Waldviertel kannst eh nirgends wandern, Schnee hin oder her.“ Bei mir muss er keine Überzeugungsarbeit mehr leisten.
Infos
Klimafreundliche Anreise
Hochfrequente Bahn- und Busverbindungen beschränken sich im Waldviertel vor allem am Wochenende auf wenige Hauptrouten. Für die Anreise ist das Auto zu empfehlen. Drei der Touren sind Rundwege, für Tour Nr. 3 benötigt man den Postbus zwischen Bad Großpertholz und Langschlag (auch Wochenende mehrmals tägl.)
Unterkunft
Die beschriebenen Routen sind gut markierte Tagestouren. Für längere Aufenthalte gibt es aber gute Optionen:
– Das Faulenzerhotel Schweig- hofer in Friedersbach (Region Ottenstein) bietet ganztägiges Frühstück, ein bodenständiges Restaurant mit Waldviertler Spezialitäten und einen schönen Wellnessbereich. Es öffnet voraussichtlich wieder am 18. 1. (DZ/F ab 140 €). faulenzerhotel.at
– In Bad Großpertholz (Westliches Waldviertel) gibt es eine kleine, aber feine Kuranstalt, in der auch Privat- personen nächtigen und die Einrichtungen (Hallenbad, Sauna, Dampfbad) nützen können. Geöffnet ab 18. 1. (DZ/F ab 142 €), moorbad- badgrosspertholz.at
– In der Region Südliches Waldviertel empfiehlt sich das Bühnenwirtshaus Juster
Auskünfte
Waldviertel Tourismus
Tel. 02822/54109 waldviertel.at
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