"Ich komme, Darling": Die mathematische Kurve der männlichen Erregung

Wie Mathematiker die Erregung des Mannes ins Visier nehmen – um in weiterer Folge ein Modell für den weiblichen Reaktionszyklus der Lust zu entwickeln.

Und am Ende könnte es in Sachen Sex auch nur um so etwas wie eine Kurvendiskussion gehen.

Denn die Art und Weise, wie Frauen und Männer sexuelle Erregung erleben, wird gerne in Form grafischer Darstellungen gezeigt – als weibliche und männliche Kurve der sexuellen Erregung.

„Seine“ lässt sich recht einfach mit einem harten, aber herzlichen „Husch, husch!“ beschreiben. Auf allerlei Reize wird rapide reagiert, die Kurve schnellt flink und steil nach oben, rast wie ein Railjet zum maximalen Punkt des Graphen (= „Ich komme, Schatz!“). Von dort geht’s auch schon wieder – ratzfatz – bergab, auf ein entspannt-müdes Niveau der „Null-Erregung“. Einige wenige Minuten also, und schon ist die Party vorbei.

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Das klingt angenehm unkompliziert, unterscheidet sich aber vor allem drastisch von der weiblichen Erregungskurve, die mitunter recht komplex verlaufen kann (aber nicht weniger intensiv sein muss, im Gegenteil). So manches damit verbundene Problem wird heute unter dem schönen Begriff „Orgasm Gap“ zusammengefasst – demnach Frauen ein Drittel seltener oft zum Orgasmus kommen als Männer. Der unterschiedliche Verlauf der „Kurve“ ist ein Aspekt davon.

Formel 1 für seine Lust

Daher war ich ein bisserl irritiert-indigniert, als ich dieser Tage von einer „neuen mathematischen Formel“ in Sachen männlicher Höhepunkt las. Braucht’s so etwas – echt jetzt? Aber ja, offensichtlich: Ein Team von Mathematikern hat erstmals ein Modell entwickelt, mit dem sie die besten Bedingungen für „Menschen mit Penissen“ gefunden haben, einen Orgasmus zu erleben.

Dafür wurde eine Vielzahl an Daten aus Jahrzehnten zur psychologischen und physiologischen Erregung durchkämmt und sämtliche Erkenntnisse in ein mathematisches Modell der sexuellen Reaktion gegossen. Quasi die Formel 1 für seine Lust, auch wenn es, so die Forscher, kein einheitliches Rezept in Sachen Befriedigung gibt.

Dabei kam vor allem eines heraus: Ja nicht zu viel nachdenken, Ihr lieben Männer! So genannte „Overthinker“ haben es viel schwerer. Also jene, die schon beim ersten Kuss nervös sinnieren, ob ihr Bart kratzen könnte, die Zähne eh geputzt sind, weil sie gerade Spaghetti aglio e olio gegessen haben.

Nicht, dass solche Gedanken falsch wären oder schaden könnten, oh nein! Es geht dabei schlicht um die Frage des optimalen Timings. Wie auch immer: Jede Form so genannter „psychologischer Erregung/Irritation“ zu Beginn eines Geschlechtsakts kann das Erreichen des Höhepunkts erschweren. Ist im Grund nichts Neues, untermauert aber sämtliche Erkenntnisse aus der Sexualpsychologie.

Zurück zu meiner erwähnten Irritation: Selbstverständlich dachte ich darüber nach, warum erst wieder die Männer drankommen, obwohl bei denen eh meist alles wie am Schnürchen läuft. Ein bisserl ungerecht. Doch dann: Eh alles gut. Die Forscher schrieben nämlich, dass sie sich zunächst auf die sexuellen Reaktionen von Männern konzentriert haben, weil diese (siehe oben) einen vergleichsweise einfachen Erregungszyklus haben.

Der ideale wissenschaftliche Ausgangspunkt für weitere Schritte also. Und so arbeiten die Mathematiker aus Sussex nun auch an einem mathematischen Modell für die weibliche Zufriedenheit. Sehr fein – vor allem aber: Möge die Übung gelingen. Abgesehen davon fällt mir, als rechnerisches Anti-Talent, dazu nur folgender „Mathe“-Spruch ein: „Je mehr Käse, desto mehr Löcher. Je mehr Löcher, desto weniger Käse. Ergo: Je mehr Käse, desto weniger Käse.“

Befreit.

Eine lange Clubnacht und leidenschaftlicher Sex – diese Zutaten finden sich im Song  „Intersexion“von  „Alle Farben“. Dieser versteht sich als Element einer neuen Partnerschaft mit dem Kondomhersteller Durex,  im Sinne der sexuellen Selbstbefreiung und als   Statement gegen Scham und Stigmatisierung. Denn nach wie vor gibt es viele fixe gesellschaftliche Vorstellungen darüber, wie „normaler“ Sex auszusehen  habe.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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