Sex vor dem Match – ja oder nein?

Sex im Alter: Von wegen lustlos - jetzt wird's richtig gut

Silver Sex hat immer noch ein seltsames Image – irgendwo zwischen Toleranz und Tabu. Imagekorrektur dringend nötig – zumal die Älteren oft sexuell aktiver sind als jüngere.

Sex im Alter – das ist so ein Ding, wozu die meisten Menschen nicken und sagen: Eh, logisch, warum nicht? Um zügig in ein flockigeres Thema zu gleiten. Alterssex, ein Stimmungskiller gar, irgendwie ungeil oder Ding der Unmöglichkeit. Der klassische Stereotyp, plus: faltige Haut, Herzprobleme, Arthritis und Rheuma. Passt halt gar nicht zu den meisten mit Sex verknüpften Bildern, die so kursieren. 

Also gilt die These: Je älter, desto lust- und sexloser, der Lauf des Lebens, was soll’s – Finale. Auch nichts anderes als eine Form von Altersdiskriminierung und Ausdruck allgemeiner Verklemmtheit, die nur das Bild "knackige Haut an knackiger Haut" zulässt.

Sex im Alter – eine Imagekorrektur. Dringend nötig, weil: finale Tatsache, nicht zu verhandeln. Für alle, außer jene, die die Lebensbühne früh verlassen. So wie es Elke Heidenreich in ihrem wunderbaren neuen Buch "Altern" formuliert: "… stellt euch vor, Altwerden gehört zum Leben und trifft jeden, der nicht jung stirbt." Im Buch wird weiters die Essayistin und Feministin Silvia Bovenschen zitiert, die schreibt, dass sie unbedingt für eine rege Alterssexualität sei, aber: "Ich möchte nur nicht dabei sein.“ Wozu Heidenreich schlicht vermerkt: "Ich schon."

1.000 Likes von mir – und noch einmal so viele Herzen. Heidenreich ist 81 und mit einem 28 Jahre jüngeren Mann liiert, im Interview mit der "Bunten" zum neuen Werk wehrt sie sich dagegen, älteren Menschen keine Sexualität mehr zuzutrauen: "Was für ein Unsinn – natürlich geht es nicht mehr so wild zu wie früher, aber es gibt doch immer noch Nähe, Zärtlichkeit, Wärme."

Also gilt die These: Je älter, desto lust- und sexloser, der Lauf des Lebens, was soll’s – Finale. Auch nichts anderes als eine Form von Altersdiskriminierung und Ausdruck allgemeiner Verklemmtheit, die nur das Bild „knackige Haut an knackiger Haut“ zulässt.

Mehr Schutz für die sexuell aktiven Alten

So darf es sein, muss es aber nicht. Jeder für sich, jeder anders. Als Zeichen von Authentizität jenseits des Jugend- und Optimierungsirrwegs, an dessen Ende jedem irgendwann die Luft ausgeht. "Ich stehe zu meinen 81. Ich will nicht jünger wirken als ich bin. Ich will gar nicht wirken. Ich will nur ich sein."

Ja!

Genau betrachtet geht’s bei all dem auch um das Abwerten alternder Frauen. Der Herr mit den grauen Schläfen hat immer noch das Zeug zum Sugardaddy, kann jüngere Frauen daten – und im besten Fall auch vögeln. Umgekehrt: hm, nicht so sexy. Die erotische Liaison der alten Dame mit dem jungen Mann sorgt gerne für Spekulationen Motto "Mutterkomplex". Fortschritte sind trotzdem da – das meint auch Heidenreich: "Ich habe das Gefühl, dass sich an der Abwertung älterer Frauen ganz langsam etwas ändert. Man begreift, dass sie nicht unbedingt in die dunkle Zone der sexuellen Neutralität eintreten."

Schnitt.

Vor Kurzem erschien im Wochenmagazin "ZEIT" zum Genre „Sexualität im Alter“ eine Geschichte mit folgendem Titel: "Mehr sexuell übertragbare Krankheiten bei Menschen über 50." Demnach würden über 50-Jährige sexuell aktiver sein und sich deshalb öfter mit sexuell übertragbaren Krankheiten anstecken, wovor ärztliche Fachgesellschaften nun warnen. Zumal sich Aufklärungskampagnen zu sehr auf die jüngere Generation fokussieren würden. 

Tja, falsch gedacht, schließlich heißt es weiter: "Zwar gebe es zur Sexualität in der zweiten Lebenshälfte wenig Forschung. Die Berliner Altersstudie II aus dem Jahr 2019 habe aber ergeben, dass beinahe ein Drittel der 60- bis 80-Jährigen nach eigenen Angaben häufiger sexuell aktiv sei als der Durchschnitt der 20- und 30-Jährigen." Selbsterklärend, quasi. Fazit: Das Begehren bleibt, die Blödheit leider auch. Ein Grund mehr, alle Stereotype über den Haufen zu hauen – und Kondome an Senioren zu verteilen.

Feiern

Regenbogenparade – da capo. Am 8. Juni  zieht der bunte Tross zum 28. Mal die Wiener Ringstraße entlang. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Heterosexuelle, Trans-, Cis-, Inter- und queere Personen werden gemeinsam für Akzeptanz, Respekt und gleiche Rechte in Österreich, Europa und auf der ganzen Welt demonstrieren. Start ist um 12 Uhr.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare