
Guidos Kolumne: Unkraut auf dem Kopf
Als Jugendlicher besuchte ich zum ersten Mal einen Friseur und sagte zu ihm "Machen Sie, was Sie wollen".
Einer meiner besten Freunde ist Friseur, und manche Menschen behaupten, das sehe man nicht. Dieses Urteil ist natürlich unfair, denn mein Freund ist ein Künstler der Haare. Dass mein Kopf trotzdem manchmal so aussieht, als würde auf ihm das Unkraut wachsen, ist nicht seine Schuld.
Es liegt an meinen Haaren, denn die machen, was sie wollen und haben manchmal originelle Ideen. Dann feiern sie ihre Freiheit und wuchern in alle Richtungen. Aber immerhin habe ich noch Haare auf dem Kopf, viele meiner Freunde sind dagegen schon kahl.
Als ich ein Kind war, war es noch ärger. Meine Eltern wollten das Geld für den Friseur sparen, meine Mutter schnitt mir die Haare mit der Nagelschere, und so sah ich dann auch aus: Wie jemand, dessen Frisur ihm den Dienst verweigert. Ich trug damals auch die Pullover meiner Mutter und war vermutlich insgesamt kein schöner Anblick.
Als Jugendlicher besuchte ich dann zum ersten Mal einen Friseur und sagte zu ihm "Machen Sie, was Sie wollen". Und das Ergebnis war auch nicht viel anders als der Nagelscherenschnitt meiner Mutter: Unkraut auf dem Kopf. Ich probierte in den folgenden Jahren mehrere Friseure durch, aber immer ohne Erfolg.
Irgendwann freundete ich mich dann mit S. an, dem Frisurenkünstler, und ihm gelang es tatsächlich, mich und meine Haare zivilisiert aussehen zu lassen. S. ist aber nicht nur ein toller Friseur, sondern auch ein Experte für das gute Leben. Sein frecher, scharfer Humor ist unbesiegbar, und ich liebe es, mit ihm zu plaudern, über Politik, Musik oder Geschichte. S. ist enorm gebildet! Gespräche mit ihm sind ebenso unterhaltsam wie bereichernd. Wie alle guten Friseure ist S. in Wahrheit auch ein begabter, geschickter Psychologe. Und dass er mit einer richtigen Schere schneidet, nicht mit einer Nagelschere, spricht für ihn.
Kommentare