Guido Tartarotti

Guidos Kolumne: Ich habe eine Therapeutin

Wer hat das heute nicht? Sie hilft mir, sie ist nett und lieb zu mir, sie tut mir gut.

"Was wird Ihnen morgen Freude machen?", fragte mich meine Therapeutin. Und ja: Ich habe eine Therapeutin. Wer hat das heute nicht? Sie hilft mir, sie ist nett und lieb zu mir, sie tut mir gut. Und ich musste schlucken. Was wird mir morgen Freude machen? Ich gestehe, ich habe noch nie darüber nachgedacht. Vielleicht hätte ich das öfter sollen. 

Für den Rest des Tages arbeitete die Frage in mir. Freude ... Es macht mir Freude, für Sie schreiben zu dürfen. Ich empfinde das als Privileg. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit etwas, was schön ist. Denn ich finde es schön, Gedanken in Sätze zu fassen. 

Was macht mir sonst Freude? Bewegung in der Natur. Das kann Sport sein, muss es aber nicht. Es reicht mir auch, einfach zu gehen und beim Gehen auf das Denken zu vergessen. Besondere Freude bereitet mir Musik. Ich liebe es, Gitarre zu spielen – obwohl ich ziemlich schlecht spiele. Aber noch lieber mag ich es, einfach Musik zu hören. Das können meine geliebten Rolling Stones sein, oder Jazz, oder Beethoven. Hauptsache, Musik. 

Freude macht mir aber auch das Fernsehen. Ich liebe es, die Sender nach tollen Filmen oder Dokus abzusuchen. Freude: Einfach ins chinesische Lokal gegenüber zu gehen und etwas Tolles zu bestellen. Und der Chinese gegenüber hat viel Tolles! 

Ganz besonders liebe ich es aber, mit feinen Menschen am Handy zu chatten. Ich bin kein guter Telefonierer, ich mag den geschriebenen Text. Ich mag es, zu blödeln und mit Worten zu spielen. Was mir aber vielleicht am meisten Freude bereitet: Einfach einmal eine Stunde lang nichts zu tun. Den Gedanken Raum zu geben. Vielleicht ein wenig zu schlafen. Vielleicht eine Zeitung in die Hand zu nehmen. 

Wenn ich es genau überlege: Es gibt sehr viel, was mir morgen Freude bereiten wird!

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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