Polly Adlers Kolumne: No! No! No!

Das verheißungsvolle Konzept der 4-Tages-Ehe.

Der klassische GenZler betrachtet die 4-Tage-Woche als nicht mehr diskussionswürdige Selbstverständlichkeit. Wer kann es dieser Generation verdenken, dass sie nicht im Hamsterrad malochen und einen Ozean von Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zur Verfügung haben will: Reden, Freunde treffen, in die Luft schauen, mit Hilfe von Digitalen-Nomaden-Austausch-Apps versiffte Wohnungen an wilden Küstenstreifen bewohnen, Proust lesen, Proust wieder weg legen, alle "White Lotus"-Staffeln noch einmal durchschauen, niedlichen Insta-Französinnen beim Backen zusehen, Pilze sammeln, so Sachen machen eben, die unter Entschleunigung fallen. 

Neuerdings hat die 4-Tage-Woche ein Derivat bekommen, nämlich die 4-Tage-Ehe, eine Erfindung, die sich meine Freundin Paola patentieren lassen möchte. "So!", konstatierte sie beim Negroni-Zaubern, "ich habe mein eigenes Geld, meine Kinder ignorieren mich liebevoll, und der Typ, den ich carino finde, will bei mir einziehen. No! No! No!" 

Sie schüttelte die Mähne: "Ich brauche Luft, sonst Erstickungsgefahr. Ich liebe ihn, ok, aber ich möchte nicht, dass meine Wohnung nach gebratenem Speck riecht, das Vorzimmer zu einem Sneakers-Friedhof verkommt und ich von morgens bis abends reden muss." Ihr Handy klingelte, der Speckesser war dran und jetzt führte sie theatralisch die Hand an die Hüfte, Marke frühe Sophia Loren, und brüllte: "Was an dem Konzept 4-Tage-Ehe ist so schwer zu verstehen? Es heißt ganz deutlich nicht Sieben-Tage-Ehe ... Nein, tue ich nicht! Wie kann ich dich vermissen, wenn du mich dauernd anrufst, ehhhh?" 

Sie sah meinen entsetzten Blick: "Der funktioniert wie ein Tanzbär. Nur so frisst er mir aus der Hand, carissima. Und nichts tötet die Leidenschaft so sehr wie zu viel Nähe. Ich will seine Rückenpickel nicht mit dem Vornamen kennen, capisci?" Ich verstand sie so gut, nichts wie ab aufs Patentamt. Was haben Rückenpickel eigentlich so für Vornamen? Burschi, Rocky, Gustl? Egal! Man möchte es gar nicht wissen. 

pollyadler.at

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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