Madonna, die Mörderpuppe

Den heftigsten Altersschub bewirkt die Verzweiflung

Man liegt am Strand auf Malle. Sommer ausquetschen. Rundherum der Soundteppich von Gesprächen. Man wird zum Audiyeur. Zwei  großflächig tätowierte Britinnen schnattern ohne Punkt und Komma. „Und, dann, stell dir vor, sagt diese Bitch, die behauptet, sie ist meine Freundin ... also dann sagt sie in dem Club zu dem Typen, auf den ich echt reflektiert habe, wie alt ich bin. Und er zu mir voll aufgeregt: Was, du bist schon 34? Und ich packe sie: Warum hast du das getan? Und diese Schlange: Stimmt’s nicht? Und ich: Es wird der Tag kommen, an dem auch du 34 sein wirst. Sie ist 26, aber so schlechte Haut, echte Yikkk-Haut.“ – Die andere: „Und der Typ?“ – „Unfollowed mich auf Insta am nächsten Tag. So krass! Weil  Angst vor Biologischer-Uhr-Panik.“ Wie erleichternd, dachte ich mir.

In nahezu allen Altersklassen lebt man in der Angst, dass man zu alt ist und alle anderen viel jünger sind. Vierzehnjährige erfreuen sich vielleicht noch kurz daran, für 17 gehalten zu werden, um ohne Ausweis Zugang zu Alkohol und Männern, die nicht an einer  „Merge Dragons“-Computerspielsucht laborieren, zu haben, aber dann ist es  auch schon vorbei. Der Fortpflanz rauft sich bereits die Haare, weil er in zwei Jahren 30 wird: „Entsetzlich! Da beginnt der totale Verfall!“

 Ich knalle ihr das Buch einer jungen Französin in ihren Kindle, die eine philosophische Abhandlung darüber geschrieben hat, wie Hollywood mit seinen lebensgesäuberten Gesichtern der Schönheit des Alters schadet. Bei Nicole Kidman regt sich nichts mehr, Isabelle Huppert sieht mit fast 70 irgendwo zwischen Pensionatsschülerin und Alien aus. Und Madonna schrammt hart an Jackie, der Mörderpuppe, aus dem Horrorfilm, und macht noch eine Fleißaufgabe an Peinlichkeit, in dem sie sich auf Insta ständig zwischen den Schritt fasst und unschuldigen Menschen ihre Zunge in den Rachenraum treibt.  Nichts macht so alt wie die Verzweiflung, Leute!  

„Nymphen in Not“: am 2. 10 im Wiener Rabenhof: Mit M. Happel & P. Morzé

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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