Im Würgegriff der Katastrophen-Groupies
Manche Menschen sind auf Dauer-Zweckpessimismus gebürstet und echte Energieräuber.
Ich habe eine Freundin, auf deren Stirn in riesigen Neonlettern das Ablaufdatum unserer Beziehung blinkt. Sie ist eine Verbitterungsstörung auf zwei Beinen, eine Energieräuberin auf permanentem Beutezug. In allem wittert sie mit sauertöpfisch geschürzten Lippen ein Körnchen Katastrophe. Wenn ich ihr vorschlage, dieses oder jenes neue Lokal auszuprobieren, kommt sowas wie: „Dort stimmt das Preis-Leistungsverhältnis gar nicht, man hört, dass der Laden die volle Hipster-Abzocke ist.“ Erzähle ich ihr, dass ich da und dort hinzureisen gedenke, kontert sie: „Bist du wahnsinnig! Willst du an Gelbfieber sterben?“ Stelle ich ihr jemanden vor, der ein bis zwei Schmetterlinge in meinem Blutkreislauf auf Reisen schickt, unkt sie: „Der Typ schiebt ja eine Null-Meldung nach der anderen. Hast du dir seine Schuhe überhaupt angesehen?“
In ihrer Welt kann Weihnachten heuer sicher nicht stattfinden, weil wir alle verarmt und frierend in unseren ungeheizten Buden allein schlechte Laune verbreiten werde. Die Bitterstoffe in den Seelen einiger Menschen werden mit zunehmenden Kilometern auf dem Lebenstacho immer mehr. Und meine Minus-Freundin ist die Schutzheilige der Miesmacher:innen. Wahrscheinlich hatte sie als Sandwich-Kind zu viel Lauwärme von ihren Eltern abbekommen oder mit der Sandschaufel im Kindergarten öfter einen kräftigen Schlag von einer Rudelführerin drüber gekriegt: In jedem Fall dürfte sich der schale Nachgeschmack, dass die Welt ein schwarzes Loch an Ungerechtigkeiten ist, in ihrer Psyche festzementiert haben.
Als ich ihr erläuterte, dass ich an einer Pessimismus-Unverträglichkeit leide und wir deswegen einmal die Pausetaste drücken müssten, sagte sie nur: „Ohne mich wird dein Leben leer sein, willst du nur affirmative Speichellecker um dich haben?!“ Nein, Ungnädigste, nur Menschen mit Kraftstoff, weil Einsendeschluss für alle Katastrophen-Groupies
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