Evi kann nicht schwimmen

Die therapeutische Kraft eines Wasserschadens.

Ich lebe in einer Woody-Allen-Komödie“, flüsterte F in den Hörer, „mit einem Schuss Truffaut-Tragik, mehr später“. Wenn ich etwas hasse, dann ist das diese Dramen-Verkündigungspolitik, ohne den Plot zu kriegen. Wie sich später herausstellen sollte, hatte der Mann, mit dem sich F gerade in einem Scheidungskrampf befand, kürzlich eines Nachts an der Tür der einst gemeinsamen Wohnung Sturm geläutet und um Einlass gewinselt. In verschlafener Verdattertheit hatte sie den „Sargnagel“ durchgewunken, aber erst dann kapiert, dass er auch die neue Lebensabschnittselfe im Schlepptau hatte. Die trug eine Gesichtsnuance, als ob sie eben in einem Salat auf eine Nacktschnecke gebissen hätte.

„Unsere Wohnung steht unter Wasser“, hatte er mitgeteilt, „und sie kann nicht schwimmen.“ Er deutete auf das neue Glück, das murmelte: „Ich heiße Evi ...“ Das, was ich an F wirklich liebe, ist ihr Faible für Paradoxes. Denn sie sagte jetzt original: „Sehr erfreut, wir hatten ja noch gar nicht die Gelegenheit, uns kennenzulernen. Ich bin seine Noch-Ehefrau.“ Und überließ den beiden ihr Schlafzimmer mit dem Text: „Du weißt ja, wo hier alles ist. Frische Bettwäsche würde Aufschlag kosten.“ Der Wasserschaden, so bilanzierte sie, war, was seinen therapeutischen Wert betreffe, „Oberliga“: „In meinen Träumen habe ich mir ausgemalt, in was für einer hyperromantischen Bubble der lebt.

Aber die beiden sind hart in der Realität aufgeschlagen, Kuschelkurs ade. Aber Evi kocht sehr gut.“ Tatsächlich habe man schon zwei-, dreimal miteinander diniert. Und nach dem Essen habe F, ohne auch nur ein Fingerchen zu krümmen, das Szenario mit den Worten „Ich lasse euch Lovebirds jetzt allein und gehe mich ein bisschen amüsieren“ verlassen. Bedauerlicherweise ist der Rohrbruch kommende Woche repariert, „aber mein seelischer Schaden bereits tippitoppi renoviert“.

„Nymphen in Not“: am 2. 10 im Wiener Rabenhof: Mit M. Happel & P. Morzé

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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