Kulinarisches "Abenteuer": Wie Max Stiegl auf das Huhn in der Blase kam
Vergangenen Mittwoch lud die Freizeit das erste Mal zur Tafelnacht im Palais Freiluft. Erster Starkoch war Max Stiegl mit einem aufregenden Menü.
Ein prunkvolles Palais, ein warmer Sommerabend: Im Palais Freiluft ist - wie zu erwarten - einiges los vor dem langen Feiertagswochenende. 26 Personen zieht es zu einer weißgedeckten Tafel, für die heute Starkoch Max Stiegl aufkocht.
Der Chef des Gut Purbach sieht sich nicht als Künstler: “Köche sind in erster Linie Handwerker”, erzählt er den Gästen. Was ihn inspiriert? “Wege, Orte, Menschen um mich herum. Wenn ich Sie sehe”, er deutet auf eine Dame am Tisch mit blondem Lockenkopf, “denke ich sofort an Karfiol.”
Als ersten Gang serviert Stiegl gebackene Bohnen mit Seewinkler Gemüse. “Hier kommen alle Strukturen schön zusammen. Dazu gibt es würzige Dips, abgerundet wird der Gang von Weißburgunder aus dem Vulkanland. Die Sommeliere Mauxy von Wein & Co. erklärt: “Der Straden Basalt passt gut zu Spice, er hat eine gewisse Süße, fruchtige Noten und eine leichte Holznote.”
Als nächsten Gang serviert Stiegl einen dry-aged Zander mit Zitrone und Liebstöckel. Untypisch für einen Koch, der vor allem für seine Fleischgerichte bekannt ist? “Nein, gar nicht, jetzt ist im Burgenland Zandersaison. Zander ist auch ein wunderbar einfaches Gericht, wenn wir daheim mit den drei Kindern kochen: Wir legen einfach Kartoffeln, Zwiebel und anderes Gemüse auf ein Blech und den Zander oben drauf. Dann für 40 Minuten bei 180 Grad in den Ofen, herrlich!” Ein wunderbares Familienessen, weil die Kinder das weiche Filet herunter zupfen können.
freizeit.tafelnacht
Die nächste freizeit.tafelnacht findet am Mi, 22.6. im Palais Freiluft statt. Diesmal dreht sich alles um die italienische Küche: Unser Starkoch ist Francesco Milicia vom Pastamara im Ritz-Carlton. Hier gehts zu den Tickets.
Welcher Wein passt zum Zander?
Der passende Wein ist ein klassischer Grüner Veltliner Smaragd von Rudi Pichler aus der Wachau. “International ist Österreich einer der besten Produzenten, und sogar in Neuseeland und Südafrika stammen die Reben von österreichischen Winzern”, erklärt Mauxy. Wegen des zunehmend wechselnden Klimas muss man sich in der Wachau allerdings keine Sorgen machen: Die Winzer sorgen mit richtigem Hagelschutz vor. Mauxy ist überzeugt, dass es den Grünen Veltliner noch lange bei uns geben wird. Erleichternd! “Grüner Veltliner passt übrigens hervorragend zu gekochtem Fisch und generell weißem Fleisch”, erklärt sie. Keine holzigen Aromen, eher ölig soll es sein.
Max Stiegls Huhn in der Blase
Als Hauptgang gibt es Purbacher Hendel x zwei - zuerst Hühnerflügel geschmort und gebacken, dann das legendäre “Huhn in der Blase”. Ein absolutes Highight der heimischen Kulinarikszene! Als Stiegl mit der Blase an die Tafel tritt, gibt es viel Aufregung. Der Spitzenkoch fordert die Gäste auf, die Blase anzugreifen, alle zücken die Handys.
“Ich habe sowas noch nie gesehen, das ist ein richtiges Abenteuer”, sagt eine Genießerin auf der Rechten. Und eine andere fragt: “Wie kommt man überhaupt auf so eine Idee?” Max Stiegl erklärt: “Das Rezept stammt eigentlich aus Lyon der 1930er-Jahre. Es wurde x-mal versucht, das Rezept zu rekonstruieren, aber der Haken ist, dass man nicht in die Blase reinschauen kann.
KURIER Talk mit Gastronom Max Stiegl
Ist es zu kühl, wird das Huhn nicht gar. Ist es zu heiß, platzt die Blase und wir müssen von vorn beginnen.” Kein Wunder also, dass Stiegl zwei Jahre an dem Rezept tüftelte, bis es perfekt war. “Wenn wir die Blase bekommen, ist sie ganz klein. Sie wird mit Wasser so bearbeitet, dass schlussendlich 15 Liter - und eben ein Huhn - hineinpassen.”
Der Koch fordert einen der Gäste auf, die Blase anzustechen – und tatsächlich kommt ein perfekt gegartes Hühnchen zum Vorschein. Ein aufgeregtes Raunen ist von den Tafelgästen zu vernehmen und man merkt: Stiegl liebt die Inszenierung.
Die Aufregung zieht andere Gäste des Palais Freiluft an. Immer wieder versuchen sie, auch einen Teller in der Schauküche zu bestellen - doch vergebens, das Privileg des Huhns in der Blase bleibt an diesem Abend unseren Tafelnacht-Gästen vorbehalten.
Auch das Dessert lässt den gewissen Showeffekt nicht missen: Die Dobostorte wird in Lippenform und mit Erdbeeren und Blüten dekoriert serviert. Dazu gibt es eine Beerenauslese aus dem Burgenland von Schröck & Söhne.
Zu guter Letzt serviert Mauxy noch eine Besonderheit: Einen Orange Wine. Nomen est omen: Die natürlichen Weine sind leicht trüb und zeichnen sich durch eine brillante, orange Farbe aus. “Sie polarisieren noch. Auch ich habe einige Zeit gebraucht, mich daran zu gewöhnen”, erzählt Mauxy. Viele der Gäste trinken das erste Mal einen “Natural Wine” - und wie prophezeit - gehen die Meinungen auseinander. Einige wenige lassen nicht viel Begeisterung aufkommen, andere outen sich als absolute Orange-Wine-Fans.
Was definitiv nicht polarisiert hat: Stiegls Menü. Als freizeit-Chefredakteurin Marlene Auer die Runde macht und die Gäste fragt, was ihr Lieblingsgericht am heutigen Abend gewesen sei, gibt es unisono die Antwort: “Huhn in der Blase”.
Wer es selbst probieren möchte, stattet am besten dem Gut Purbach demnächst einen Besuch ab.
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