Yoga im Metaverse und Biophilia-Training: Die Fitness-Trends für 2023

Wofür sich das Schwitzen im neuen Jahr lohnt, worauf man beim Trainingsstart achten sollte – und wie man Bewegung in den Alltag integriert.

Für chronische Couch-Potatos gab es unlängst erfreuliche Nachrichten: Die Darmflora soll also schuld sein, wenn bislang die Motivation zum Sporttreiben fehlte. Wie eine US-Studie an Mäusen zeigte, geben bestimmte Bakterien im Darm Botenstoffe ab, die auf Nerven und Gehirn wirken und Glücksgefühle bei Bewegung fördern. Eines Tages, so die Vision der Forscher, könnten Mikroben, die zum Training anregen, in Pillen verkauft werden. Ausreden, warum man nicht vom Sofa aufkommt, gäbe es dann endgültig keine mehr.

„Wir wissen zwar inzwischen, dass das Darmmikrobiom extreme Auswirkungen auf unseren Körper hat. Es ist aber schon verrückt, dass wir überlegen, Menschen eine Tablette zu geben, damit sie Bewegung machen“, zeigt sich Sportmediziner Robert Fritz skeptisch. „Wer sich sonst nicht motivieren kann, dem wird auch keine Kapsel helfen.“

Mangelnden Willen kann der Sportmediziner den Menschen Anfang Jänner ohnehin kaum vorwerfen. Im neuen Jahr mehr Sport zu machen, nahmen sich laut dem Marktforschungsinstitut Imas 45 Prozent der Befragten vor. „Der Jänner ist mit Abstand der stärkste Monat für uns“, bestätigt auch John-Harris-Inhaber Ernst Minar. Rund die Hälfte der gesamten Fitnessstudio-Neuanmeldungen fallen auf diesen Monat. Das Problem: „Man will zu schnell zu viel, überlastet sich und sagt dann ‚Na gut, Sport ist doch nichts für mich‘“, so Fritz. „Dann hat man alles falsch gemacht.“

Verletzungsgefahr gestiegen

Die Folgen dieses Übereifers sieht Sporttraumatologe Christian Gäbler aktuell in seiner Ordination. „Die häufigsten Verletzungen sind Knieverletzungen und insbesondere die Kreuzbandverletzungen. Da passiert derzeit mehr als in den Jahren davor.“ Grund sei „ein allgemeines Aktiver-Werden. Es sind wieder mehr Leute draußen und machen Sport. Viele sind auch einfach nicht mehr so trainiert, wie sie es noch vor der Pandemie waren.“

Sportmythen im Check

Muskelkater ist das Ziel 
„Ein Muskelkater ist ein Hinweis, dass ich übertrieben habe“, sagt Fritz. „Am Anfang ist er normal, hab ich ihn nach jedem Training, mache ich aber etwas falsch“. 

Sport am Vormittag ist besser
Einen Leistungsunterschied macht die Tageszeit nur im Hochleistungssport, so Fritz. Hobbysportler sollten dann trainieren, wenn es Spaß macht.

Vorher nur eine Banane essen
Vor einem Tennismatch müssen die Kohlenhydratspeicher gut gefüllt sein. Bei wenig intensivem Training  ist das nicht notwendig.

Damit Menschen unfallfrei und nachhaltig beim Sport bleiben, raten die Experten zu kurzen, sich langsam steigernden Übungen, die gut in den Alltag integrierbar sind. Eine Sport-Einheit sollte dabei zumindest zehn Minuten dauern. Gäbler: „Wer im Februar Skifahren geht, sollte schon jetzt anfangen, die Muskulatur zu aktivieren. Dafür muss man nicht zwei Stunden im Fitnesscenter schwitzen.“ Beim Zähneputzen einbeinig Kniebeugen machen, Planken oder beim Fernsehen in die Abfahrtshocke gehen bis die Oberschenkel brennen: „Man wird innerhalb von sechs Wochen kein Hermann Maier, aber man kann spielerisch Übungen einbauen. Jede Minute, die Sie Sport machen, verlängert Ihr Leben – und reduziert das Verletzungsrisiko.“

150 Minuten Ausdauersport sollte jeder Mensch pro Woche machen. So steht es in der aktuellen Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das „absolute Minimum“, wie Robert Fritz betont. Seine Patienten möchte er langfristig zu 300 Minuten motivieren. „Gerade in Österreich sind wir einfach ein bisschen die Gemütlicheren. Aber unser Zugang zu Bewegung muss sich dringend ändern“, plädiert er. „Ich frage meine Patienten immer, warum sie zweimal täglich Zähneputzen oder regelmäßig duschen. Darüber denken sie gar nicht nach und genau so selbstverständlich sollte auch Sport für uns sein.“

Nach dem Infekt

Aus medizinischer Sicht ist eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining, Gleichgewichts- und Beweglichkeitsübungen optimal. Der Fokus sollte darauf sein, „was man am liebsten macht – aber den Rest bitte nicht vergessen“. Sport-Neueinsteigern empfiehlt Fritz, mit Gehen zu beginnen. „Junge Leute regen sich dann gerne auf: ‚Ich bin 30, nicht 80 und du schickst mich spazieren!‘ Aber wenn ich sie danach frage, wie es war, sagen sie ‚herrlich‘. Dieses Gefühl soll man bei Bewegung immer haben – nur dann bleibt man dabei.“

Wer über die Feiertage krank war, kann frühestens nach drei symptomfreien Tagen wieder mit Sport beginnen. Im Zweifel gilt: Lieber einen Tag länger warten. Fritz: „Zu Beginn der Pandemie waren wir mit Empfehlungen ganz vorsichtig. Man findet noch immer Zahlen wie drei Wochen Sportverbot nach einer Covid-19-Infektion im Netz. Das stimmt seit Omikron nicht mehr.“

Wer heute diesen Artikel liest, so Fritz, habe noch drei Tage Zeit, den Neujahrsvorsatz in die Tat umzusetzen. „Was man sich vornimmt, muss man innerhalb von 72 Stunden umsetzen, sonst macht man es nicht mehr.“ Nach sechs bis acht Wochen sind die Routinen im Gehirn abgespeichert. Die ersten zwei Wochen heißt es: Durchbeißen!

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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