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Warum wir bei völliger Dunkelheit schlafen sollten

Ein Forschungsteam wollte wissen, wie sich Lichtquellen in der Nacht auf den Körper auswirken.

Auch nachts ist es selten dunkel: Das Licht der Straßenlaternen scheint ins Schlafzimmer, Monitore von Fernsehern oder Smartphones leuchten neben dem Bett. Dabei ist Vorsicht geboten: Denn wenn der menschliche Körper einige Stunden vor dem Schlafengehen oder – schlimmer noch – auch nachts dem Licht ausgesetzt ist, kann das der Gesundheit schaden. Das zeigen neue Forschungen.

Licht reguliert nämlich die biologische Uhr unseres Gehirns. Für alle, die es genau wissen wollen: den Nucleus suprachiasmaticus. „Licht ist insofern mächtig, als es Rhythmen synchronisieren und zur falschen Zeit desynchronisieren kann“, sagt Phyllis Zee, Neurologin und Direktorin des Zentrums für zirkadiane und Schlafmedizin an der Northwestern University Feinberg School of Medicine in einem Interview mit der Washington Post.

20 junge Erwachsene

In einer Studie aus dem Jahr 2022 untersuchten Zee und ihr Team, wie sich die Lichtexposition auf die Biologie von zwanzig jungen gesunden Erwachsenen während des Schlafs auswirkt.

Eine Gruppe schlief eine Nacht bei gedämpftem Licht, ähnlich der Dämmerung, gefolgt von einer Nacht mit eingeschaltetem Deckenlicht. Die Deckenleuchten strahlten ein Licht aus, das in etwa der Beleuchtung eines Hotelflurs entsprach – hell, aber nicht ausreichend, um bequem zu lesen, erläutert die Medizinerin. Eine Kontrollgruppe schlief in beiden Nächten bei gedämpftem Licht.

"Gut geschlafen"

Die Teilnehmer, die bei eingeschaltetem Licht schliefen, berichteten zwar, dass sie gut geschlafen hätten, aber Gehirnaufzeichnungen zeigten, dass sie weniger Zeit im Slow-Wave- und Rapid-Eye-Movement-Schlaf verbrachten – das sind die erholsameren Schlafphasen, die für die kognitiven Funktionen entscheidend sind.

Noch auffälliger war, wie sich das Licht auf den Stoffwechsel und das Herz auswirkte. Blutproben zeigten, dass eine einzige Nacht bei Zimmerlicht die Insulinresistenz der Teilnehmer erhöhte, die für die Blutzuckerkontrolle am nächsten Morgen wichtig ist. Am überraschendsten war für die Forscher jedoch, wie sich die Lichtexposition auf die Herzfrequenz auswirkte. „Sie war die ganze Nacht über hoch“, sagt Zee. „Das ist das Bizarre.“

Licht wahrnehmen

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser Gehirn auch bei geschlossenen Augen relativ schwaches Licht wahrnehmen kann, was dazu führen kann, dass das autonome „Kampf-oder-Flucht“-System des Gehirns „auf Sparflamme läuft“, erläutert Zee. „Es ist fast so, als ob wir uns auf einen Lauf vorbereiten oder aufwachen müssen.“

Obwohl diese Studie mit einer kleinen Stichprobe junger und gesunder Menschen durchgeführt wurde, deuten andere neuere Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Lichtexposition während des Schlafs für ältere Menschen noch schädlicher sein könnte. 

In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2022, an der mehr als 550 Erwachsene ab 63 Jahren teilnahmen, fanden Zee und ihre Kollegen heraus, dass jede Lichtexposition während des Schlafs mit einer höheren Prävalenz von Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck verbunden war.

Das passiert im Gehirn

Spezialisierte Sensoren in unserer Netzhaut haben eine direkte Verbindung zum Nucleus suprachiasmaticus und reagieren besonders empfindlich auf kurzwelliges Licht, auch bekannt als blaues Licht. Licht muss nicht unbedingt blau erscheinen, um kurzwelliges Licht zu enthalten. Klassische LEDs erscheinen zum Beispiel weiß, enthalten aber viel kurzwelliges Licht. Sie sind sehr effektiv, um unserer biologischen Uhr zu sagen, dass es noch nicht Zeit zum Schlafen ist.

Morgens hilft uns kurzwelliges Licht wie das Sonnenlicht, wach zu werden und unsere innere Uhr auf die äußere Umgebung abzustimmen. Spätes Licht in der Nacht hingegen verzögert unseren zirkadianen Rhythmus und bringt ihn aus dem Gleichgewicht.

"Das führt dazu, dass die innere Uhr nicht mehr mit der sozialen Uhr und der Sonnenuhr übereinstimmt", so Zee. Dies wiederum kann zu Schlafverlust und teilweisem Schlafentzug führen, weil man früher aufwacht, als es die innere Uhr eigentlich will.

Licht unterdrückt auch die Ausschüttung von Melatonin, dem "Hormon der Dunkelheit", das die Zirbeldrüse bei schwachem Licht produziert, um unseren Körper auf den Schlaf vorzubereiten. Gleichzeitig reduziert das Licht die Schläfrigkeit und aktiviert uns, was morgens und tagsüber hilfreich ist, aber weniger gesund, wenn wir schlafen wollen.

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