Warum die Menschen am Meer gesünder sind

Die positiven Effekte am Wasser sind intuitiv spürbar. Eine aktuelle Studie bestätigt diese Empfindungen.

Sisi liebte das Meer, spätestens seit ihrer ersten Reise nach Madeira – im milden Meeresklima sollte sie einen hartnäckigen Husten auskurieren. Die Ehefrau des österreichischen Kaisers Franz Josef I. war nicht die Erste, die eine Therapie am Meer absolvierte. Was das Meer so gesund macht, sind einerseits die klimatischen Verhältnisse und andererseits die spezielle Zusammensetzung von Meerwasser, das neben Salz auch Jod, Magnesium und Spurenelemente enthält.

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Der Aufenthalt in dieser Umgebung löst positive Reaktionen aus, wirkt mitunter heilend auf Körper und Geist. Manche beruhigt allein der Ausblick, der leichte Wellengang. Die schier endlosen Weiten, die sich am Horizont direkt mit dem blauen Himmel zu treffen scheinen, faszinieren die Menschen schon seit jeher. Von Dichtern bis zum modernen Urlauber.

Therapie aus dem Meer

Sandra Geiger, Umweltpsychologin an der Universität Wien, interessieren vor allem die gesundheitlichen Effekte. „Meer und generell Wasser können Stress reduzieren“, sagt die Expertin. In der Medizin wurden zahlreiche Therapien über Jahrhunderte genutzt. Bereits der griechische Arzt Hippokrates nutzte die Heilkraft des Meeres. 1867 prägte der französische Arzt Joseph La Bonnardière 1867 den Namen „Thalasso-Therapie“ für Anwendungen mit Meerwasser. Unter dem altgriechischen Wort für „Meer“ fasste er mehrere Therapien zusammen: Luft bei Atemwegserkrankungen, Salzwasser und Schlamm bei Hauterkrankungen. Schon die alten Griechen sollen die entzündungshemmende Wirkung von Algen bei Erkrankungen des Bewegungsapparats genutzt haben.

Zunehmend beschäftigt sich auch die moderne Wissenschaft mit den positiven Auswirkungen auf Körper und Psyche. Zuletzt belegte Geigers Arbeitsgruppe für Umweltpsychologie mit Kollegen internationaler Universitäten in einer aktuellen Studie, dass das Meer die Menschen generell gesünder macht – und zwar egal, in welchem Land sie leben. Die Wissenschafter befragten für die Untersuchung 15.000 Personen in 14 Ländern sowie in Australien nach verschiedenen Aktivitäten am Meer sowie ihrer Gesundheit.

Einheitliche Muster

Erstaunlich war, „dass wir in allen 15 Ländern einheitliche und klare Muster erkennen“, sagt Geiger. Ihr Fazit: „Jeder scheint von der Nähe zum Meer zu profitieren, nicht nur die Wohlhabenden.“

Hauptsächlich waren darunter Länder mit einem relativ hohen Bevölkerungsanteil am Meer, etwa Griechenland, Frankreich, Irland, Italien, Norwegen, Portugal. „Tschechien war tatsächlich das einzige Land, das nicht am Meer liegt“, erklärt Geiger. Abgefragt wurden in der Untersuchung (veröffentlicht im Fachmagazin Communications Earth & Environment) etwa, wie häufig sie an die Küste gehen und welche Aktivitäten sie dort ausüben.

Gerade hier sind die Muster besonders deutlich zu erkennen, erläutert Geiger. „Je näher die Menschen an der Küste leben, desto häufiger nutzen sie die Möglichkeit, sich dort aufzuhalten.“ Und sie sind auch gesünder: „Wer näher am Meer wohnt, macht mehr körperliche Bewegung, etwa Spazieren gehen oder Radfahren.“ Dazu kommen Umweltfaktoren wie etwa saubere Luft am Meer. Aus anderen Studien wisse man auch, dass ein Zeitrahmen von 120 Minuten an der Küste mit größerem Wohlbefinden einhergehe – und damit mit mehr Gesundheit.

Binnengewässer

In Binnenländern sind die Menschen demgegenüber klar im Nachteil und man kann sich nur mit regelmäßigen Urlauben am Meer trösten. Wie frühere Studien belegen, bringt auch ein Kurzaufenthalt eindeutige Vorteile. Für Umweltpsychologin Geiger spielen andere Gewässer abseits des Meeres ebenso eine wesentliche Rolle für die Gesundheit: „Wir beginnen, den ähnlich starken Zusammenhang zwischen Binnengewässern wie Seen und Teichen und unserer Gesundheit besser zu verstehen.“ Allein die Geräusche der Natur verbessern die Stimmung und fördern positive Gefühle. „Wassergeräusche haben überhaupt eine beruhigende Wirkung.“

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