Stoffwechseltypen: Warum Abnehmen nicht kategorisiert werden kann

Gentests sollen Abspecken erleichtern und den Stoffwechsel in Typen gliedern. Aber bringt das was? Eine Ernährungsexpertin klärt auf.

Wer von der Bikini-Figur träumt, der will vor allem eins: schnell und unkompliziert Gewicht reduzieren. Manchmal spielt der Körper aber nicht mit, obwohl man schon die x-te Kur hinter sich hat. Bei anderen purzeln die Kilos ganz ohne Bemühungen. Unfair? Womöglich. Es könnte aber auch am Stoffwechsel liegen.

Den Wunsch vom Traumkörper in kürzester Zeit haben auch Hersteller genetischer Tests verstanden. Es klingt verlockend: schnelles Einschicken einer Speichelprobe und der Stoffwechseltyp samt Diätplan liegt in einem Wink vor der Haustür. Und das ohne Mühe und große Kosten. Die Tests teilen Menschen dabei sprichwörtlich in Schubladen ein: laut Ergebnissen entspricht der eigene Stoffwechsel einem Eiweiß-, Kohlenhydrat- oder Fetttyp. Je nach Kategorie kann Ernährung und Training angepasst werden. Nur so einfach ist es dann doch nicht.   

„Als Ernährungsberaterin weiß ich, dass jeder Mensch einzigartig ist. Das hat aber unterschiedliche Gründe“, erklärt Claudia Nichterl, Ernährungswissenschaftlerin und Leiterin der Akademie für integrative Ernährung in Wien. Drei Typen würden hier zu kurz reichen, die Tücken bei der Gewichtsabnahme hängen unter anderem mit Schilddrüse oder Stress zusammenhängen. Zu den Online-Gentests sagt sie: „Aus meiner Erfahrung weiß ich – das sind Details, die zweitrangig sind.“ Der wahre Grund, warum die Kilos nicht fallen, sei ein viel einfacherer: „Die meisten Menschen essen schlichtweg falsch“, erzählt die Expertin. Der Schlüssel für nachhaltige Gewichtsabnahme findet sich außerdem genau in jenen Nahrungsmitteln, die uns schon als Kind provokativ vor die Nase gestellt wurden: Gemüse. „In meiner 20-jährigen Karriere als Ernährungsberaterin ist der größte Aspekt, den Menschen beizubringen, Gemüse zu essen“, erzählt sie. Wer sich also noch immer nicht mit dem Grünzeug anfreunden kann, der muss das auf lange Sicht wohl tun – da hilft auch ein Gentest nichts.

Viel Grün am Teller: Die Expertin empfiehlt, mehr Gemüse zu essen, um nachhaltig abzunehmen. 

©Getty Images/iStockphoto/Foxys_forest_manufacture/iStockphoto

Warum sind diese Tests dann aber dennoch so beliebt? Die Expertin sieht's pragmatisch: „Ich könnte den Menschen auch jetzt schon sagen, was sie Essen sollten, um abzunehmen. Aber sie tun es nicht. Monetär ist es dann leichter, weil sie Ergebnisse und Erklärungen wollen“, mutmaßt sie. Die Krux: Die Testresultate sind sehr allgemein und nicht wissenschaftlich abgesichert. Trotz strittiger Wirkung können sie aber dennoch das Tor zu einem gesünderen Lebensstil sein: "Ich begrüße jede Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung, die idealerweise typgerecht zum Körper, Stoffwechsel und Alltag passt. Jeder Mensch ist individuell und sollte eigenverantwortlich einen guten Weg für eine alltagstaugliche Ernährung finden“, gesteht Nichterl.

Über Claudia Nichterl

Über Claudia Nichterl

Claudia Nichterl ist Doktorin der Ernährungswissenschaft, Ernährungsberaterin, Autorin und Fan der Traditionellen Chinesischen Medizin. Nebst gründete Nichterl auch die Akademie für integrative Ernährung in Wien und führt dazu Onlinelehrgänge durch. Sie ist ebenso Referentin der Yang Sheng Ausbildung.

Dass manche etwa fettes Essen besser vertragen als andere, hat dann aber schon etwas mit dem Stoffwechsel zu tun. Faktoren, warum der eine besser „verstoffwechselt“ als der andere, sind Geschlecht und Alter. Der Stoffwechsel verlangsamt sich pro Lebensjahr um 5 %. Mit 50 Jahren ist er also um 25 % langsamer, als er es mit 20 war. Die logische Schlussfolgerung: Es sollte mehr auf die Ernährung geachtet werden.

Auch bei den Geschlechtern sind Unterschiede zu erkennen. Mann baut etwa schneller Muskeln auf und macht im Übrigen keine Diäten. Frau stürzt sich schon im jungen Alter auf diverse Schlankheitskuren. Der Pferdefuß: Diäten machen den Stoffwechsel kaputt und führen zum bekannten Jojo-Effekt.

Über Lisa Schinagl

Kommentare