Mit dem Nino aus Wien durch Hirschstetten

Die Schritte: 7.500. Die Route: Breitenleer Straße – Spargelfeldgasse – Quadenstraße – Hirschstettner Straße – Hyazinthengasse – Rittersporngasse – Hartlebengasse – Langobardenstraße – Abenteuerwiese Stadlau – Oberes Mühlwasser

Ich gehe durch Hirschstetten, wo „Der Nino aus Wien“ irgendwo in einem Keller mit dem Liederschreiben angefangen hat. Das war zweifellos eine sehr gute Idee, und ich höre den Song „Hirschstettner Lebensart“, der zwischen substanzinduziertem Eskapismus und Freude am Erleben der flachen Landschaft hin- und herschwankt, so wie ich beim Gehen.

©Klobouk Alexandra

Von der Breitenleer Straße gehe ich auf der Spargelfeldstraße am Badeteich Hirschstetten entlang. Der Nino singt: „Aaah ich weiß nicht – arge Sache / Dass das alles so einfach geht / Am Teich ist so ein schönes Licht heut’“. Vielleicht meint er ja genau diesen Teich.
Ich biege in die Quadenstraße ein, wo in einem Gartenhaus die Squaredance-Spezialisten namens „Dancing Wolves“ ihr Hauptquartier haben. Apropos Hauptquartier: In unmittelbarer Nähe haben die Stadtstraßengegner gezeltet, bis sie von der Polizei abtransportiert wurden, und ich sehe die frisch umgeschnittenen Bäume auf der geplanten Trasse, deren Stümpfe mit einem beziehungsreichen Zitat von Fjodor Dostojewski verziert sind: „Ich verstehe nicht, wie man an einem Baum vorübergeht, ohne glücklich zu sein“ – dem „vorübergehen“ haben die Protestierer sogar ein zweites „r“ spendiert: „vorrüber“. Aber ansonsten kommt ihre Botschaft bei mir an. Mir tun die Bäume auch leid.

Dann stehle ich mich von den Aktualitäten davon, gehe an der koptisch-orthodoxen Kirche vorbei und mache mich auf den Weg zu dem Fluss, nach dem der Bezirk Donaustadt heißt. Dieser Weg führt mich zuerst zur Schnellbahnstation Hirschstetten, in deren Nachbarschaft gerade eine fette Luxusvilla gebaut wird, jedenfalls, wenn man den Renderings am Bauzaun glauben darf. Auf der anderen Seite der Bahn schlängle ich mich durchs Botanikquartier, die Wege heißen nach Kräutern und Blumen, dann überquere ich die Erzherzog-Karl-Straße und gehe zwischen Reihenhäusern, niedrigen Gemeindebauten und Schrebergärten bis zur Trasse der U2, die, eingefasst von eleganten Betonschalungen, im Oberstock von der Seestadt in die Innenstadt huscht.
Über die Langobardenstraße zum Friedhof Stadlau. Dort biege ich in die „Abenteuerwiese Stadlau“ ein, einen lang gestreckten Park, der mich direkt prachtvoll zum Oberen Mühlwasser führt, das ich auf einer kleinen Brücke überquere, Wasser, Schwäne, Schilf, knospender Frühling.
Als ich dem Mühlwasser entlanggehe, gerate ich unter die Betonkreisel der A23, die sich hier mit der A22 verbindet. Auf der Karte sehen diese Auf- und Abfahrten wie Kinderzeichnungen aus, krikelkrakel. In Wirklichkeit sind sie das Werk von Giganten.
Weit über mir hängt das ständige Wummern des Verkehrs, und trotzdem hat diese Geometrie aus einander überspannenden Fahrbahnen, sich krümmenden Brücken und ihren Spiegelungen im Wasser, umrahmt vom frischen Grün der aufbrechenden Natur, ihren Zauber. „Arge Sache“, würde der Nino sagen. Sprayer haben die Brückenpfeiler verschönert. Die späte Sonne leuchtet wie Bühnenlicht: Das Stück, das ich sehe, heißt: Stadtidylle mit irritierendem Soundtrack.

Die Route

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Christian Seiler

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