Unkonzentriert? Warum ein Spaziergang in der Natur das ändern kann

Schon der Erfinder der Kneipp Kur, Sebastian Kneipp, wusste, die Natur ist die beste Apotheke. Eine neue Studie knüpft daran an und legt offen, dass ein Spaziergang im Freien gut für die Aufmerksamkeit ist.

Seit Jahrhunderten gehen Menschen Hand in Hand mit der Natur, so dass sich im Verlauf der Zeit zahlreiche Mythen um den Einfluss dieser auf die Psyche und Gesundheit ansammelten. Doch vor allem in der heutigen modernen Zeit, in der viele Menschen die Arbeit im Freien gegen jene in Bürogebäuden getauscht haben, scheint die Heilkraft der Natur wieder in den Fokus zu rücken. 

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Der umfangreiche Einfluss der Natur 

Mehrere wissenschaftliche Studien haben sich daher mit der Natur als Wundermittel beschäftigt.

Forschende des Projektes "Doctor Forest“ etwa, untersuchten, wie sich die Natur, vor allem aber der Wald, auf Menschen auswirkt. Dabei fanden sie heraus, dass eine steigende Anzahl an Straßenbäumen vor der Haustür, das Risiko für Depressionen senken kann. 

Eine Studie aus Großbritannien kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass bereits eine halbe Stunde pro Tag im Grünen, die Lebenszufriedenheit signifikant verbessert. 

Unterstützt werden diese Untersuchungen auch vom Psychiater Mazda Adli. Gemeinsam mit dem Bundesumweltamt forschte er an der Berliner Charité zu psychischer Gesundheit in der Stadt. Seine Untersuchung ergab, je mehr Grün um ein zu Hause existierte, desto größer war die Stressresilienz der Teilnehmenden. 

Neben den genannten Effekten wirkt die Natur aber auch auf anderen Ebenen heilsam. Ein Krankenhausexperiment zeigte, Patienten, die nach einer Operation aus dem Krankenzimmer ins Grüne blickten, empfanden weniger Schmerzen und erholten sich schneller. Generell berichten Menschen, die Kontakt mit der Natur haben, über eine bessere körperliche Gesundheit und erholsameren Schlaf. Und auch das Immunsystem profitiert davon: Die Anzahl und Aktivität natürlicher Killerzellen, die vorbeugend gegen Viruserkrankungen und Infektion wirken, erhöhten sich nach einem 3-tägigen Aufenthalt in der Natur. 

Auswirkungen der Natur auf die Aufmerksamkeit

Und auch die neuesten Erkenntnisse zur Heilsamkeit der Natur reihen sich in der Forschungsthematik ein. Wissenschaftler der University of Utah konnten nachweisen, dass sich im Grünen aufhalten auch positiv auf die Konzentrationsfähigkeit auswirkt. 

Studienablauf

Durchgeführt wurde die Studie 2022 zwischen April und Oktober. Dabei wurden EEG-Daten bei 92 Teilnehmenden unmittelbar vor und nach einem 40-minütigen Spaziergang aufgezeichnet. Die Hälfte der Teilnehmenden gingen durch die Natur, und die andere Hälfte über den asphaltierten Campus. Danach wurden den Teilnehmenden Kopfrechenaufgaben gestellt, um die Aufmerksamkeitsreserven zu erschöpfen, bevor die standardisierten Aufgaben gelöst werden mussten und ein erneuter Spaziergang anstand. 

"Die Teilnehmer, die in der Natur gelaufen waren, zeigten eine Verbesserung ihrer exekutiven Aufmerksamkeit bei dieser Aufgabe, während dies bei den Stadtwanderern nicht der Fall war“, so Amy McDonnell, Autorin der Studie. 

Der Artikel, der in Scientific Reports erschien, trägt damit zu einer wachsenden Zahl wissenschaftlicher Literatur bei, wie natürliche Umgebungen sich auf das psychische und körperliche Wohlbefinden des Menschen auswirkt. 

Was dahintersteckt

Eine exakte Erklärung für den Effekt der Natur auf den Menschen können die Wissenschaftler nicht geben. Doch vermuten sie, dass in der DNA des Menschen ein Urbedürfnis nach Natur verankert ist. Dadurch birgt ein immer geringerer Zugang Gefahren für die Gesundheit.

"Es gibt eine Idee namens Biophilie, die im Wesentlichen besagt, dass unsere Entwicklung über Hunderttausende von Jahren dazu geführt hat, dass wir eine stärkere Verbindung oder Liebe zu natürlichen Lebewesen entwickeln“, erklärt Davon Strayer, Studienautor und Professor für Psychologie. "Unsere moderne städtische Umgebung ist zu einem dichten Großstadtdschungel mit Mobiltelefonen, Autos, Computern und Verkehr geworden, genau das Gegenteil einer solchen erholsamen Umgebung.“

Durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse hoffen die Studienautoren auf mehr Verständnis dafür, was uns geistig und körperlich gesünder macht und auf einen Wandel in der Stadtgestaltung, dass diese das Wohlbefinden unterstützt. 

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