DrSmile und Co: Können Zahnschienen ohne Zahnarzt funktionieren?

Im Netz bewerben Anbieter ein perfektes Lächeln zum günstigen Preis. Einige Konsumenten melden gesundheitliche Folgen.

"Meine neuen Schienen sind gekommen“, ruft Jacob in die Kamera. Der Influencer steckt sich zwei durchsichtige Plastikschienen auf die Zähne und nuschelt: „Man redet irgendwie komisch, aber bestimmt muss ich mich nur daran gewöhnen.“ Wer regelmäßig auf Social Media unterwegs ist, kommt an Onlineanbietern für Aligner (transparente Zahnschienen, Anm.) kaum mehr vorbei. Tiktoker und Influencer bewerben dort fleißig die Produkte von DrSmile, PlusDental oder Smile Direct Club.

Laut Reinhold Schranz, Jurist beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), handelt es sich um "eine aggressive Werbemaschinerie“, bei der Zahnkorrekturen als Lifestyle verkauft werden. Den Anbieter Smile Direct Club hat der VKI im Vorjahr wegen mangelnder Kostentransparenz erfolgreich geklagt, insgesamt 185 Beschwerden liegen ihm heute zu DrSmile und PlusDental vor. Die Kunden melden Fehlstellungen, Entzündungen an Zähnen und Zahnfleisch, Migräne oder Tinnitus.

Behandlungsablauf

Beworben wurden bequeme und billigere Zahnkorrekturen als bei niedergelassenen Ordinationen. Nach einem Scan in einer Partnerpraxis bekommen die Konsumenten individuell angepasste Zahnschienen zugeschickt, die sie häufig über mehrere Monate tragen und regelmäßig auswechseln. Kontrolltermine beim Arzt gibt es keine, stattdessen laden die Patienten und Patientinnen Selfies in eine App. "Bei keinem einzigen Fall, den wir betreut haben, hat ein Zahnarzt den Scan durchgeführt, sondern Assistenten“, so Schranz.

Beratungen würden Verkaufsagenten übernehmen, medizinische Entscheidungen blieben Laien überlassen. Er berichtet außerdem von Konsumenten, die sich zum Kauf gedrängt oder nicht ausreichend über Vertrags- und Preisgestaltung informiert gefühlt hätten.

Hoher Preis

Schranz: "Im Endeffekt zahlen viele doppelt drauf, weil die Behandlung der Folgeschäden zwischen 7.000 und 8.000 Euro kostet. Viele haben insgesamt einen Schaden von 10.000 Euro.“ Bei Beschwerden seien die Anbieter dann oft gar nicht oder schwer erreichbar.

Diese Vorwürfe bestreitet DrSmile: "Unsere Experten begleiten jeden einzelnen Patienten schrittweise durch die gesamte Anwendung“, so der Anbieter in einem Statement. Über verschiedene Kanäle sei das Team "nahezu rund um die Uhr erreichbar“ und die Preisgestaltung "sehr transparent und simpel zu verstehen“.

Die Kontrolle per App sei laut KURIER-Anfrage an den Anbieter PlusDental eine "wichtige und gute Möglichkeiten zur genauen Begleitung“. Persönliche Termine seien "selten notwendig“, Meldungen über gesundheitliche Beschwerden nicht bekannt und Schmerzen oder ein falscher Biss "besonders unwahrscheinlich“.

Medizinische Folgen

Die Folgen dieser Behandlungen sehe Birgit Vetter-Scheidl von der Österreichischen Zahnärztekammer jedoch in der Praxis. Zu ihr kommen Patienten und Patientinnen mit Kopf- und Nackenschmerzen, Zahnverlust oder Zahnfleischabbau.

"Es geht nicht nur darum, dass die Zähne schön aussehen, es muss eine gute Diagnostik und Planung gemacht werden, die von einem Arzt oder einer Ärztin freizugeben ist. Bei diesen Anbietern ist das nicht so“, kritisiert die Zahnärztin.

Den Schaden nachträglich zu reparieren dauere meist deutlich länger als die ursprünglich Behandlung. In geübten Händen seien Aligner zwar "durchaus eine Möglichkeit für eine Kieferorthopädie, aber wir raten prinzipiell von Selbstbehandlungen ab.“ Bei Karies würde auch niemand das Loch selbst bohren.

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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