Abnehmen in 5 Minuten: Das sagt ein Experte über Kurz-Workouts

5-Minuten-Workouts für zuhause boomen. Wie sehr diese wirklich beim Abnehmen helfen, erklärt Fitnesstrainer Christoph Rauch.

Abnehmen, ohne zu schwitzen: Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Ist es auch. Trotzdem erobern immer mehr Kurz-Workouts die Sozialen Netzwerke, die sich gegenseitig mit unrealistischen Versprechen überbieten. Aktuell trendet die sogenannte "Zero Training Methode", die von der Japanerin Tomomi Ishimura entwickelt wurde. Das Training besteht aus Atem- und Dehnungsübungen - und soll in fünf Minuten unsere Fettverbrennung ankurbeln. Wir haben mit Personal Trainer Christoph Rauch über diesen Trend gesprochen und ihn gefragt, was hinter dem Wunsch nach schnellem Abnehmen steckt. 

Herr Rauch, was halten Sie von dieser "Zero"-Methode?
Rauch: Nicht besonders viel. Ich erkläre kurz, worum es dabei überhaupt geht. Das Training funktioniert ähnlich wie Yoga und konzentriert sich auf Atemübungen, Dehnung und Muskelkontraktionen. Man liegt auf einer Matte und führt sieben Übungen durch, die insgesamt nur fünf Minuten dauern. Dabei soll man Gewicht verlieren. Aber wie soll das funktionieren, wenn ich nicht einmal ansatzweise schwitze? Von Trainings, die nach so einer kurzen Zeit schon solche Versprechen machen, rate ich allen ab, die wirklich abnehmen wollen. 
Was würden Sie Leuten raten, die schnell und effektiv abnehmen wollen?
Zum Anfangen empfehle ich die 7-7-7-Regel. Das hat noch gar nichts mit Sport zu tun, sondern eher mit dem Lebensstil. 7.000 Schritte pro Tag, 7 Gläser Wasser trinken, 7 Stunden Schlaf. Allein durch diese simple Regel nehmen viele schon ein paar Kilo ab bzw. kann man das als Grundvoraussetzung sehen, das Abnehm-Projekt ernsthaft in Angriff zu nehmen. 
Könnte man dann die "Zero"-Methode als Step 2 erachten, wenn man Gewicht reduzieren will? Also als sanfter Einstieg?
Das geht durchaus. Also dieses Training aus Japan ist natürlich besser als gar keine Bewegung zu machen, das muss man an der Stelle schon sagen. Aber wenn ich 'nur' am Boden liege und Atemübungen mache, wird die Fettverbrennung nicht angekurbelt. Aber ja, man kann es durchaus als zweiten Step sehen, nachdem man die 7-7-7-Regel verinnerlicht hat. Ein sanfter Einstieg ist wichtig, weil sonst der Jojo-Effekt einsetzt. Wenn wir von einem auf den anderen Tag entscheiden, die gesamte Ernährung umzustellen oder ab sofort jeden Tag ins Fitnessstudio zu gehen, dann kann das gar nicht funktionieren. 
Wie kann so ein sanfter Einstieg konkret aussehen?
Also am Beispiel Ernährung kann es bedeuten, Schritt für Schritt zuckerhaltige Getränke zu reduzieren. Oder ab und zu Kohlenhydrate wegzulassen und nicht von einem auf den anderen Moment entscheiden, ab sofort nur mehr low-carb zu essen. Der Körper braucht Zeit, um sich langfristig auf Veränderungen einzustellen. Beim Sport kann es bedeuten, mit eben solchen Dehn- und Atemübungen der Zero-Methode anzufangen und sich dann langsam an bestimmte Übungen heranzutasten. Nur so zeigt der Prozess Abnehmen auch Wirkung.
Apropos Wirkung zeigen: Woran merkt man denn - abgesehen von der Zahl auf der Waage - dass man abnimmt?
Einen ersten Effekt stellen die meisten meiner Kunden schon nach ein bis zwei Monaten fest. Eine ganz zentrale Rolle spielt da die Haltung. Beginnt man regelmäßig zu trainieren, ändert sich automatisch unsere Körperhaltung. Erst nach mehreren Monaten zeigt sich auch körperlich ein Effekt. Dabei sage ich zu meinen Kunden aber immer, dass Abnehmen im besten Fall nur eine Begleiterscheinung sein sollte. Ziel sollte viel mehr ein gesünderes, fitteres und aktiveres Leben sein, das Gewicht verliert man dabei quasi nebenher. 

Um effektiv abzunehmen reicht es nicht aus, jeden Tag in Fitnessstudio zu gehen, sagt Fitnessexperte Christoph Rauch.

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Würden Sie sagen, abnehmen ist das Hauptziel Ihrer Kunden?
Es ist sicher das, was alle irgendwo wollen ja. Nur gehen viele nach dem Motto "minimaler Input, maximaler Output" vor. Deswegen boomen solche Kurz-Workouts auch dermaßen, weil sie den Leuten das Blaue vom Himmel versprechen. Es ist wie eine Wunderpille, die alle haben wollen. Aber fünf Minuten am Tag Atemübungen machen, reicht niemals aus, um effektiv abzunehmen. 
Da wären wir schon bei der nächsten wichtigen Frage: Wie finde ich das perfekte Workout für mich? 
Das ist allgemein immer schwer zu beantworten. Ein Extremsportler hat andere Bedürfnisse als ein 70-Jähriger zum Beispiel. Deswegen empfehle ich wirklich allen, sich zumindest einmal eine professionelle Meinung einzuholen, welche Übungen zum eigenen Körper passen. Viele sind jedoch überzeugt, das selber richtig einschätzen zu können beziehungsweise lehnen es aus Prinzip ab, ins Fitnessstudio zu gehen.
Was hindert Leute daran?

Viele haben Angst, im Studio beurteilt zu werden. Sei es von einem Personal Trainer, oder auch von den anderen Trainierenden. Auch der Gedanke, "nicht einfach aufhören zu können", schreckt wohl einige ab. Mache ich zuhause ein Workout und es ist mir zu anstrengend, dann breche ich einfach ab. Im Fitnessstudio habe ich da vielleicht mehr Hemmungen. Dabei ist es so wichtig, sich zumindest einmal einen Rat von Experten zu holen. Denn man kann mit den falschen Übungen am Körper auch viel mehr Schaden anrichten als man glauben mag.

Wie sieht ein gutes Workout aus?
Ein gutes Workout dauert etwa 30 Minuten, trainieren sollte man im besten Fall drei bis viermal die Woche. Die Übungen hängen dann vom Trainingsziel ab, zum schnellen Abnehmen sind zum Beispiel Ausfallschritte sehr empfehlenswert. Auch mit Side Planks starte ich gern, das hilft vor allem gegen Rückenschmerzen. Aber welche Übungen ich der Person rate, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, das muss man dann individuell entscheiden. 
Wenn ich mich, aus welchem Grund auch immer, gegen ein Abo im Fitnessstudio entscheide, wie finde ich ein Workout, das zu mir passt?
Inspiration kann man sich natürlich auf Sozialen Netzwerken holen. Aufpassen sollte man hier aber vor Methoden wie eben dieser "Zero"-Trainingsstrategie, die innerhalb von sehr kurzer Zeit enorme Erfolge versprechen. Alle Artikel mit Headlines wie "So bekommst du in fünf Wochen ein Sixpack" oder "Mit dieser einen Übung nimmst du 10 Kilogramm ab" sollte man vermeiden. Abnehmen ist immer ein ganzheitlicher Prozess und kann nie "durch diese eine Übung" passieren. Ich rate euch, schaut auf euch seriösen Fitnessseiten um und probiert euch einmal quer durch die Bank. Je mehr Dinge man versucht, desto größer die Wahrscheinlichkeit, die Art von Bewegung zu finden, die dir auch Spaß macht. Abnehmen sollte dann wie gesagt nebenbei funktionieren. 
Das klingt ja vielversprechend. Haben Sie abschließend noch einen Geheimtipp für uns, wie wir unsere Fettverbrennung neben dem Workout ankurbeln können?
Es gibt Lebensmittel, die als natürliche Fettverbrenner gelten. Chili, Ingwer, Pfeffer und Zitrone etwa regen unsere Durchblutung an. Ideal ist Zitronenwasser oder im Winter ein Zitronen-Ingwertee. Das allein reicht natürlich nicht aus, ist aber eine unterstützende Maßnahme, um langfristig Gewicht zu verlieren. 
Christoph Rauch

Christoph Rauch

Seit 2017 ist Christoph Rauch Personal Trainer in Tirol. Er nahm bereits Sportgrößen wie die MTB-U23 Weltmeisterin Mona Mitterwallner unter seine Fittiche. Auch die American Footballmannschaft Telfs Patriots trainierte der ehrgeizige Tiroler. Mehr Informationen findet ihr hier.

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