Nicht alles war besser: Was sich in 33 Jahren Gastro geändert hat

Die KURIER-freizeit wird 33. 33 Jahre in der schnelllebigen Gastronomie wirken wie eine Ewigkeit. Was sich geändert hat, ist nicht immer schlecht. Oftmals sogar richtig gut.

Man gewöhnt sich ja an vieles und das sogar ziemlich schnell. Und dann  glaubt man auch noch, dass das alles immer schon so war, vor allem bei den ganz alltäglichen Dingen, wie zum Beispiel Essengehen und Gastronomie. Allerdings hat sich gerade in diesem Bereich so wahnsinnig viel verändert, und zwar bleibend verändert.

Das heißt: Abseits von Moden und Trends, die in der Gastronomie ja wirklich rasch kommen und gehen, wurden  definitiv Weichen für die Zukunft gestellt – Dinge, die vor 33 Jahren noch unvorstellbar waren, die aber gekommen sind, um zu bleiben. Etwa das Rauchverbot. Als eines der letzten Länder Europas konnte man sich in Österreich nach langem Kampf 2019 dazu durchringen, das Rauchen in geschlossenen Gastronomie-Räumen zu verbieten. Die Kaffeehäuser wären ohne Rauch keine echten Kaffeehäuser mehr, hieß es, die Gäste würden zu Hause bleiben, die Umsätze der Gastronomie zusammenbrechen, die Lärmbelästigung vor den Lokalen unerträglich werden. Und doch: Es ging sich alles irgendwie aus.

Was hätten wir eigentlich 1989 von jemandem gehalten, der uns erzählt hätte, dass in Zukunft die Menschen permanent ihr Essen fotografieren würden? Und zwar nicht, um mit diesen Beweisbildern vor Gericht zu ziehen, sondern aus Spaß und um sie weltweit zu veröffentlichen, egal wie schlecht fotografiert oder uninteressant das Gericht auch sein mag. Wir hätten diesem Menschen geraten, alsbald eine medizinische Behandlung in Erwägung zu ziehen. 

Vom Mausklick zum Pop-up

Überhaupt das Internet: 1989, als die erste  erschien, war das WWW, das World Wide Web, das Internet für alle sozusagen, gerade aus dem Ei geschlüpft, von dessen Wirkmacht konnte sich damals  noch niemand eine Vorstellung machen: etwa, dass wir in Restaurants irgendwo auf der Welt mit einem Mausklick einen Tisch reservieren können, ganz ohne Telefonieren, ganz ohne die Öffnungszeiten und Zeitzonen zu beachten oder auch nur ein Wort in der Landessprache beherrschen zu müssen. Nicht nur das, nach dem Besuch können wir das Restaurant heute sogar bewerten, genauso wie das vor 33 Jahren nur die geheimnisumwobenen Restaurantkritiker der französischen Restaurantguides Michelin und Gault Millau vermochten, im Gegensatz zu denen allerdings mit weltweiter Leserschaft. Nicht alle, die heute ein Lokal in den Bewertungsforen beurteilen, positiv oder negativ, scheinen sich dieser Verantwortung bewusst zu sein… 

1989, das war gerade vier Jahre nach dem legendären Weinskandal, der Österreichs Weinwirtschaft in ihren Grundfesten erschütterte, allerdings auch zu einer Art qualitativen Wiedergeburt führte. Weine, die unsere Zustimmung fanden, hatten damals reinsortig, fehlerfrei und staatlich geprüft zu sein. Für das, was jetzt seit etwa zehn Jahren als „Natural Wine“ bejubelt wird – trübe Weine ohne klare Sorten-Stilistik, dafür gerne ein bisschen oxidativ oder Gerbstoff-bitter –, wäre man vor 33 Jahren wahrscheinlich ins Gefängnis geschickt worden. Genauso beim Bier, da kannten wir 1989 Märzen, Pils, Dunkles und Weißbier. Hätte ein Wirt damals gewagt, saure, trübe, extrabittere Craft-Biere, die nach Grapefruit schmecken, auszuschenken, wäre die Lebensmittelpolizei recht schnell eingeschritten (gut, dass das heute nicht mehr passiert!). Pop-ups gab es vor 33 Jahren zwar auch schon, nur waren das damals halt die Buschenschanken und Heurigen, die nach Josephinischem Recht für maximal ein paar Wochen aufmachen durften.

Dass eine auf kurze Zeit begrenzte Lebensspanne ein Lokal interessanter gemacht hätte, war vor 33 Jahren ebenso unvorstellbar wie der Gedanke, dass es sich bei „Streetfood“ um etwas handeln könnte, dass man gerne isst. Und biologische Lebensmittel waren 1989 eine Angelegenheit von ein paar schrulligen Greißlereien, in denen grauhaarige Hippies in Jesus-Schlapfen einkauften, heute sind sie quasi lebensmitteltechnischer Standard und in jedem Supermarkt zu bekommen. Auch vegetarische und vegane Ernährung waren damals eher irgendwo zwischen Krankheit und religiösem Irrsinn angesiedelt, heute wissen wir: Das ist die Zukunft, und sie wird uns schmecken.

Florian Holzer

Über Florian Holzer

Florian Holzer ist Gastronomiekritiker, freischaffender Autor und FREIZEIT-Kolumnist. (Foto: Jürg Christandl)

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