Jeremy Allen White in Staffel 4 von "The Bear: King of the Kitchen"

„Yes, Chef!“ - Wie die Serie The Bear den Ton in der Küche veränderte

Beim Pre-Screening-Dinner zu "The Bear" im Tulus Lotrek wurden Carmys Krisenmenü und Max Strohes Realität zur kulinarischen Schnittstelle.

The Bear hat nicht nur Jeremy Allen White zum Star gemacht, sondern auch die Sprache, das Selbstverständnis und die Dynamik vieler echter Küchen geprägt. Zum Pre-Screening der vierten Staffel von The Bear: King of the Kitchen lud Disney+ in das Berliner Sternerestaurant Tulus Lotrek ein – und zeigte in zwei eindrucksvollen Episoden sowie sechs kreativen Gängen, wie nah Fiktion und Fine-Dining inzwischen beieinander liegen.

Hausherr Maximilian „Max“ Strohe - deutscher Profi-Koch, Gastronom und Fernsehkoch - und sein Team interpretierten das emotionale und kulinarische Chaos der Serie in einem hochkomplexen Menü, das vom „Kaisergranat mit Melone & Jalapeño“ bis zum „Rehrücken aux poivre mit Kirschblüten-Hollandaise“ reichte. Jeder Gang spiegelte einen Aspekt der Serie wider: kreative Komplexität, unglaubliche Hingabe und das Streben nach Präzision. Besonders eindrucksvoll: die geeiste Spargelsuppe mit Imperial Kaviar und süß-mandeligem Kürbiskernöl - einfach herrlich!

Tulus Lotrek ist ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant in Berlin-Kreuzberg, das für seine kreative, französisch inspirierte Küche und seine unkonventionell herzliche Atmosphäre bekannt ist. Küchenchef Max Strohe und Gastgeberin Ilona Scholl setzen hier auf Genuss ohne steife Förmlichkeit – mit Humor, Charakter und Hingabe. Trotz Fine-Dining-Niveau bleibt das Erlebnis zugänglich, persönlich und überraschend ehrlich – ein Ort, an dem große Küche und echte Gastfreundschaft Hand in Hand gehen.

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Strohe bringt die Welt von The Bear auf den Punkt: „Man macht vermeintlich nur Essen, aber im Service hat man das Gefühl, es gibt nichts Wichtigeres auf der Welt.“ Das Menü war mehr als kulinarische Begleitung – es war eine kreative Interpretation der Serie, serviert von einem Team, das beeindruckend ruhig, aufmerksam und bis ins Detail vorbereitet arbeitete. 

Die Intensität von The Bear wurde hier nicht durch Chaos, sondern durch Konzentration und Timing spürbar – wie ein Kontrapunkt zur Serie, der zeigt, wie sich Druck auch in Leichtigkeit verwandeln kann, wenn ein Team wirklich eingespielt ist. Kein Wunder, dass Strohe den Michelin-Stern der Serie augenzwinkernd den „Stress-Stern“ nennt.

Die Uhr tickt 

Die Serie, die seit Staffel 1 Fans wie Kritiker begeistert, bleibt sich auch in Staffel 4 treu: Sie zeigt keine Küche, sondern eine Kampfzone. Im Mittelpunkt: Carmy (Jeremy Allen White), der traumatisierte Koch, der mehr gegen innere Dämonen als gegen die Konkurrenz kämpft – und vielleicht gerade deshalb zum Symbol des modernen Küchenchefs geworden ist.

In den ersten beiden Episoden der neuen Staffel – die am 26. Juni 2025 auf Disney+ startete – ist The Bear ungewohnt ruhig, fast meditativ. Der Druck baut sich nicht durch zerflogene Teller auf, sondern durch Blicke, Stille, das stetige Ticken einer Stoppuhr. „Die Uhr läuft rückwärts“, heißt es in der Küche – ein Ultimatum. 1.440 Stunden bleiben Carmy und seinem Team, um den ersehnten Stern zu holen. Oder endgültig zu scheitern.

„Alle fragen sich: Bekommt Carmy den Stern? Aber die spannendere Frage ist: Will er ihn überhaupt – mit all der Bürde, die er mit sich bringt?“ Strohe weiß, wovon er spricht. Auch für ihn war einst eine einzige Restaurantkritik entscheidend – im Guten. Für The Bear ist diese Realität die Prämisse: Eine mittelmäßige Rezension bringt das gesamte Konzept ins Wanken. Und zwingt das Team, sich neu zu definieren.

Wie "The Bear" die Sprache der Küche verändert hat

Nicht nur inhaltlich, auch kulturell hat die Serie The Bear längst Spuren in der Gastronomiewelt hinterlassen. Für viele junge Köch:innen ist sie nicht nur Unterhaltung, sondern Referenzpunkt – ein Spiegel der Realität, in der sie sich wiederfinden. Auch Küchenchef Max Strohe beobachtet einen Wandel: „Früher hieß es ‚Oui, Chef‘ – in Anlehnung an die klassische französische Brigadeküche. Heute sagen alle ‚Yes, Chef‘.“ Ein kleines sprachliches Detail, das viel erzählt: über eine neue Generation, die sich nicht mehr stumm unterordnet, sondern aktiv beteiligt.

Was zunächst als augenzwinkernde Hommage an die Serie erscheint, ist in Wahrheit Ausdruck eines kulturellen Wandels in Profiküchen: Hierarchien werden flacher, Kommunikation direkter, der Ton respektvoller. The Bear hat mit seiner kompromisslosen Darstellung von psychischem Druck und zwischenmenschlichen Reibungen, dazu beigetragen, dass in vielen Küchen offener über Stress, Überforderung und mentale Gesundheit gesprochen wird.

Strohe bringt es auf den Punkt: „Man kann offen kommunizieren und heute auch mal sagen: ‚Hey, das ist mir zu viel.‘“ Das war früher kaum denkbar – heute ist es ein erster Schritt zu einem nachhaltigeren, menschlicheren Miteinander in einer Branche, die lange vor allem eines kannte: Durchhalten.

Eine Serie, die (immer noch) unter die Haut geht

Vielleicht liegt der anhaltende Erfolg von The Bear genau darin: Die Serie lässt uns mitfühlen - mit dem Druck, der Leidenschaft und den feinen Rissen im System Gastronomie. Sie zeigt, was es heißt, alles zu geben, auch wenn dabei manchmal zu viel auf dem Spiel steht. Staffel 2 wurde mit 11 Emmys gefeiert, Staffel 3 spaltete das Publikum – und Staffel 4 könnte nun das emotionale Fundament mit erzählerischer Klarheit neu auszubalancieren.

Und selbst wenn es diesmal etwas leiser beginnt: The Bear geht immer noch unter die Haut. Die neue Staffel ist weniger Chaos, mehr Kontrolle – aber voller Spannung, Intensität und Menschlichkeit. Sie zeigt, dass Fine Dining nicht nur eine Frage der Technik ist, sondern vor allem der Haltung. Und dass hinter jeder perfekten Komposition ein Team steht, das bereit ist, alles zu riskieren. 

Julia Elzea

Über Julia Elzea

Als Social-Media-Redakteurin gestaltet sie die Kanäle der Kurier-Freizeit von Facebook über Instagram bis hin zu Pinterest und TikTok. Julia ist ausgebildete Fotografin und hat Theater- Film und Medienwissenschaft studiert. Zu ihren Leidenschaften zählen Kunst, Kultur, Musik, Reisen und Sport. Sie mag es neue Dinge auszuprobieren, neue Orte zu entdecken und sich neuen Herausforderungen zu stellen.

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