Duft-Dresscode im Restaurant: Was Verbote von Parfüms bringen
Ein bekannter Berliner Sushi-Koch sorgt für Aufregung: Die Gäste sollen sich nicht so stark parfümieren. International sind derartige Regeln aber nicht unüblich. Was heimische Gastronomen sagen.
Die Einrichtung ist minimalistisch und modern, fast ein wenig nüchtern. In Lokalen wie diesen trifft sich die hippe Berliner Szene: Ein paar bunte Neonröhren bringen Farbe ins Lokal, in dem nichts vom Wesentlichen ablenken soll. Und das ist hier Fisch, auf Eis in einer riesigen Theke frisch präsentiert. Der Name "Funky Fisch" ist Programm, das Restaurant des Starkochs The Duc Ngo praktisch immer ausreserviert. Und: Mitunter berichten ehemalige Gäste mit feiner Nase auch von einem Fischodeur.
"Reduziert euer Parfüm!"
Das ist für ein Spitzenrestaurant, das auf Sushi, Ceviche und überhaupt Meeresfrüchte spezialisiert ist, nicht ungewöhnlich. Allerdings stinkt dem Chef höchstpersönlich einiges. Auf Instagram schrieb er vor einigen Tagen, dass Gäste mit zu aufdringlichen Parfüms in seinen Lokalen, neben dem "Funky Fish" unter anderem "Ryotei 893", "Kuchi" oder "Madame Ngo", unerwünscht seien. "Ich mag ja auch schöne Düfte, aber manchmal ist es einfach zu viel des Guten. Deswegen bitte ich um Rücksicht auf uns Köche und die anderen Gäste und reduziert euer Parfüm, wenn ihr zu uns kommt. Danke."
Mehr, könnte man auf Österreichisch sagen, hat er nicht gebraucht. Schon ist in deutschen Medien eine Debatte rund um einen "Duft-Dresscode" entfacht. Bis jetzt scheint das Thema in Mitteleuropa kaum ein Thema gewesen zu sein - oder man sprach einfach nicht darüber. Jedenfalls erhielt The Duc Ngo viel Zustimmung. Endlich traue sich jemand, eine Ansage zu machen, so der Tenor.
Verhalten im Restaurant
In Ländern wie Deutschland und auch Österreich war das bisher kein Thema, die Deutsche Nachrichtenagentur dpa spricht etwa von einem "unausgesprochenen Verhaltenskodex", sich bei Restaurantbesuchen entsprechend zu verhalten. Das inkludiere neben Kleidung eben auch eine allfällige Parfümierung, um die Sinneswahrnehmungen der anderen Gäste als auch die eigenen nicht zu beeinträchtigen.
Für Birgit Reitbauer, die mit ihrem Mann Heinz das "Steirereck im Stadtpark" in Wien betreibt, ist das Geruchsproblem keine Debatte wert. "Bei uns ist das kein Thema. Wir haben ganz andere Sorgen in der Gastronomie, da ist Parfüm vernachlässigbar."
International gibt es oft Regeln
Vielleicht hat sich The Duc Ngo international Anleihen genommen, in machen Nobellokalen gibt es derartige Regeln bereits. Etwa Im "RyuGin" (3 Michelin-Sterne) in Tokio gilt neben Regeln für die Smartphone-Nutzung auch ein Parfümverbot. In London sorgte im Sommer 2023 der prominente japanische Sushi-Meister Shinji Kanesaka mit seinem Duft-Verbot im Londoner Restaurant im Nobelhotel Dorchester Collection für Aufsehen. Seine Erklärung: Starke Duftstoffe könnten den Duft des in japanischen Zubereitungen verwendeten Essigs überdecken und es dem Koch möglicherweise schwer machen. Sie könnten die Geruchskraft einer der wichtigsten verwendeten Zutaten "zunichte machen".
Einfluss auf Geschmackssinn
So gesehen ist die Aufforderung zum dezenten Parfümverbrauch auch wieder verständlich. Der Geruchssinn ist der älteste Sinn des Menschen und hängt eng mit dem Geschmackssinn zusammen. Aus der Geruchsforschung (und auch aus dem Alltag) ist außerdem bekannt, dass Umgebungsgerüche ein Geschmackserlebnis beeinflussen können.
Schokolade und Orientalisches im Parfüm
Auf dem Parfümsektor nähern sich sogenannte "Gourmand-Parfüms" zudem Speisen an. Die deutsche "Fragrance Foundation", eine Verein führender Kosmetik-Unternehmen, führt etwa "Angel" von Thierry Mugler an, das 1992 auf den Markt kam und erstmals mit süßlichen Schokolade-Noten die Geruchsnerven vieler Kundinnen ansprach. 2008 zogen die Männer-Düfte erstmals nach: "1 Million" von Paco Rabanne lieferte einen süßen Männerduft. Und in den Nullerjahren folgten orientalische Ingredienzen, etwa der markante Oud-Duft, der ein wenig an Moschus erinnert. Der Männerduft "M7" von Yves Saint Laurent kam bereits 2002 auf den Markt.
Niemandem zu nahe treten, elegant formulieren
Für Birgit Reitbauer ist in der Parfüm-Debatte als Gastronom auf jeden Fall Sensibilität notwendig. "Man sollte niemandem zu nahe treten. Wenn es ein Problem ist, müsste man es aber wohl eleganter formulieren." Wie das ausschauen könnte? Etwa die Gäste zu bitten, zugunsten des vollen Geschmacks und Genusses beim Essen zu verzichten.
Sie betont aber auch, dass im Gegenzug auch die Gastronomen mit eigenem Beispiel vorangehen müssten. "Von unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verlangen wir ein gepflegtes Aussehen." Dazu zähle auch ein dezentes Parfüm und Aftershave, aber auch gut gereinigte Arbeitskleidung. "Ein Kellner der nach Schweiß riecht, geht gar nicht."
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