White House Plumbers: Wenn Geschichte lustiger ist als Fiktion
Die Miniserie „White House Plumbers“ zeigt den Watergate-Skandal als amüsante Farce. Welche anderen historischen Werke witzig sein.
Der Vietnam-Krieg ist nicht vorbei, Junge begehren auf und stellen sich gegen die Regierung. Die Stimmung ist aufgeheizt – die Pentagon Papers, die eine geheime Ausweitung des Kriegs aufdecken, fachen das Feuer noch an. Das Weiße Haus schickt die ehemaligen CIA- bzw. FBI-Agenten E. Howard Hunt und G. Gordon Liddy aus, die undichte Stelle zu finden. Dazu wollen sie Präsident Richard Nixon an der Macht halten. Ihre Umtriebe führen letztendlich zum Watergate-Skandal.
Die HBO-Miniserie „White House Plumbers“, die auf Sky läuft, erzählt die Affäre, die zur Abdankung Nixons führte, als skurrile Farce. Woody Harrelson und Justin Theroux spielen die Ex-Agenten. Sie sind Clowns, die während ihrer Aktivitäten einen Bock nach dem nächsten schießen. Die Kommunistenjagd der McCarthy-Ära der 1950er hat sie geprägt. Die Demokraten sind für sie linksradikal und unamerikanisch. „Hoch Richard Nixon, fuck Kennedy!“, hört man. Vieles beruht auf historischen Fakten – die Wirklichkeit ist oft schräger als Fiktion.
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Und es ist nicht das einzige filmische Werk, das skurrile Geschichten aus der Vergangenheit witzig erzählt.
Verbotener Stalin-Film
Wie auch der Tod des gefürchteten Diktators im Film „The Death of Stalin“. Als ihn eine Hirnblutung ereilt, bekommt das niemand mit – keiner wagt es, unaufgefordert sein Zimmer zu betreten. So wird er erst am nächsten Tag auf dem Boden gefunden. „Unser Generalsekretär liegt würdelos in einer Pisslache!“, stößt Nikita Chruschtschow, gespielt von Steve Buscemi, hervor. Als Josef Stalin 1953 starb, trauten sich die Mitarbeiter wirklich nicht, in den Raum zu kommen.
Sie hatten Angst, sie könnten eines Anschlags beschuldigt werden. Wenn das kein rabenschwarzer Humor ist. Ansonsten hält sich der Film oft mehr an die gleichnamige Comic-Vorlage als an die Realität. Es reichte dennoch, dass die russische Regierung den Film verbot. Yelena Drapeko, Mitglied des parlamentarischen Kulturkomitees, fand ihn „extremistisch“. Dazu habe sie noch nie etwas „so Ekelhaftes gesehen“.
Im westlichen Teil der Welt stieß der Streifen hingegen auf wohlwollende Kritiken. Wie historische Spielfilme und Serien an sich ein Erfolgsgarant zu sein scheinen. Geschichte jenseits nüchterner Fakten – oft erzählt anhand von Einzelschicksalen. Und das noch dazu lustig – da kann man sich schon etwas mitnehmen. Gut, bei „Mel Brooks – Die verrückte Geschichte der Welt“ ist das jetzt nicht unbedingt der Fall. Aber man muss ja nicht zum Lachen in den Keller gehen.
Geschichte ist immer ein Konstrukt
Hochseriöse Institutionen, wie die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung, sehen das Thema historische Spielfilme etwas spaßbefreiter: „Dabei muss man sich verdeutlichen, dass kein Spielfilm die exakte historische Realität zeigen kann, da einzelne Handlungen, Charaktereigenschaften, Dialoge und vieles mehr erfunden (zumindest nicht historisch belegt) und inszeniert sind, das heißt sie sind in einer bestimmten Art und Weise arrangiert“, heißt es von der Organisation.
„Selbst ein Historiker kann die Vergangenheit niemals so darstellen, wie sie wirklich war. Er kann sie allenfalls rekonstruieren und deuten. Geschichte ist somit immer eine Interpretation bzw. Konstruktion, dies gilt auch für jeden geschichtlichen Spielfilm.“
Allerdings: Wer hat sich beim Fernsehen nicht schon einmal gedacht: „War das wirklich so?“ Und kurz darauf im Konversationslexikon – oder wohl eher – auf Google nachgeschaut. Oft kommt die überraschende Erkenntnis, dass etwas tatsächlich so passiert ist. Der Bonus: Beim Recherchieren erfährt man gleich noch mehr Historisches. Manchmal hilft Komik auch, unlustige Vorgänge, die noch gar nicht so weit zurückliegen, zu verstehen.
Adam McKay veranschaulichte in „The Big Short“ mit einer Starriege von Ryan Gosling über Steve Carell und Christian Bale bis Brad Pitt allen ohne Wirtschaftsstudium, wie es zum Finanz-Crash 2007 in den USA kommen konnte: Schräge Banker verkaufen Pakete an hochriskanten Darlehen so, dass ein Risiko nicht existent ist. Sie mixen Gewinnbringendes mit Mist – die Rating-Agenturen klatschen das AAA-Siegel drauf.
Kritiker klatschten in die Hände wie auch bei McKays Satire „Vice“, in der er den Aufstieg Dick Cheneys zum einflussreichen und machtbewussten Vizepräsidenten nachzeichnet. Der Regisseur machte ihn zumindest indirekt für die Opiod-Krise in den USA, für den IS und den Aufstieg Trumps verantwortlich. Aber er will sich an die Realität gehalten haben. „So unwahrscheinlich mancher Satz im Film auch klingen mag, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat zum Beispiel wirklich gesagt: ‚Aber der Irak hat all die guten Ziele‘. Zur Sicherheit haben am Ende ein paar Fact-Checker den Film überprüft“, sagte er einmal dem Spiegel.
Ostalgie-Filme
Bei den deutschen Nachbarn sind in Wellenbewegungen Ostalgie-Filme beliebt – manche mit mehr, manche mit weniger Wahrheitsgehalt. Aber sie können dazu dienen, sich mit der DDR zu beschäftigen und über die kuriosen Auswüchse des Regimes zu lernen. Kürzlich lief etwa Leander Haußmanns „Stasikomödie“ in den Kinos. Die gefürchtete Geheimpolizei erscheint als Ansammlung von Losern.
Darf man das? „Ich finde, dass man nach 30 Jahren endlich über die Stasi lachen darf“, sagte Haußmann der DPA. „Wir fanden die Leute auch damals lustig. Die sahen scheiße aus, die waren unbeholfen, die gehörten nicht dazu. Die gingen uns auf die Nerven und wir hatten immer das Gefühl, wir tanzten denen gehörig auf der Nase herum. Wir wussten ja nicht, dass wir so infiltriert waren.“
„Wahre“ Komödien
The Favourite (2018): Am Hof Queen Annes gibt es eine lesbische Ménage-à-trois. Kritikerliebling und von Experten für den Schulunterricht empfohlen.
Die Ritter der Kokosnuss (1975): Auch wenn es unglaublich klingt, viele Szenen aus dem Monty-Python-Meisterwerk haben einen realen Hintergrund. Etwa, dass Belagerer Kühe in Burganlagen katapultierten. Oder die Vorlage für den Schwarzen Ritter: einen griechischen Ringer, der im Kampf starb und dennoch siegte.
Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit (1989): Modehistorikerin Hilary Davidson bescheinigte dem Film eine akkurate Kostümwahl.
Shakespeare in Love (1998): Auch wenn die Verliebtheit Shakespeares zu einer Adelsdame als Inspiration für Romeo und Julia fiktiv ist – Herrschende, Theater oder Ereignisse wie die Pest gab es wirklich.
Die Stockholm Story (2019): Wie sich Geiselnehmer und Opfer näher kommen und das Stockholm-Syndrom entsteht.
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