Warum sich im Advent so viele Paare trennen

O du Fröhliche! Nicht ganz, denn zwei Wochen vor Weihnachten herrscht bei vielen Paaren eher Katerstimmung statt kuscheliger Zweisamkeit.

Laut aktueller Statistik ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Paar trennt, zwei Wochen vor Weihnachten am höchsten. Das britische Unternehmen „Information is Beautiful“ hat dafür den Beziehungsstatus von Facebook-Usern in der Vorweihnachtszeit ausgewertet. 

Das Ergebnis: Am 11. Dezember ändern die meisten User ihren Beziehungsstatus von „In einer Beziehung“ zu „Single“. Danach flacht die Kurve steil ab, rund um den 24. Dezember trennen sich dann die wenigsten Paare. Die Gründe, warum man sich im Advent so oft in die Haare kriegt, erklärt Sarah Seidl, Professorin für Psychologie an der SRH Fernhochschule: „Im Dezember schauen wir zurück und ziehen Bilanz: Was lief gut, was hat sich noch immer nicht geändert, wonach sehne ich mich? Manchmal ist es die Beziehung, die uns unzufrieden macht. Dann fragen sich viele: Möchte ich mir das noch weiter antun oder braucht es einen Cut?“ 

Eskalation im Advent

Die Vorweihnachtszeit sollte eigentlich von Besinnlichkeit geprägt sein, doch der Alltag sieht oft ganz anders aus: Stress ist angesagt. In der Arbeit wartet der Jahresabschluss, es sind noch immer nicht alle Geschenke besorgt, ein Kind hustet schon wieder und dann sind da noch die vielen sozialen Verpflichtungen. Die Nerven liegen blank. Das ist der perfekte Nährboden für Streit und die Beziehungskrise

Psychologin Seidl: „Wenn zwischen Paaren sowieso schon Konflikte schwelen, ist genau jetzt der Moment der Eskalation. Eltern verbringen den Kindern zuliebe häufig noch die Weihnachtsfeiertage gemeinsam. Aber gerade in frischen Partnerschaften oder wenn noch keine Kinder da sind, kann solch ein emotional aufgeladener Zeitpunkt das Zünglein an der Waage sein, um zu entscheiden, ob man weiter zusammen durchs Leben gehen möchte. Oder eben nicht.“  

„Wenn in einer Beziehung Konflikte schwelen, ist der Stress im Advent der Moment, in dem es eskaliert“, so Sarah Seid, Professorin für Psychologie.

©SRH Fernhochschule

Der richtige Zeitpunkt 

Doch ist jetzt so kurz vor Weihnachten die richtige Zeit für eine Trennung? Eher nein, sagen die Experten. Sie  raten daher, im Falle einer langjährigen Beziehung den Schlussstrich eher in der Zeit nach den Feiertagen  zu ziehen. Denn: Man würde riskieren, selbst in einen seelischen Abgrund zu fallen und sich zur Draufgabe auch noch schuldig  fühlen.  Vor allem, wenn Weihnachten in den vergangenen Jahren immer im Kreis der Familie gefeiert wurde, stelle eine Trennung die gesamte Planung auf den Kopf. 

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Man müsse sich beispielsweise vor den Großeltern  rechtfertigen, warum  man ausgerechnet jetzt Schluss mache. Der Rat der Experten: Ruhe bewahren und zumindest darüber nachdenken, ob man die Trennung über die Weihnachtstage und vielleicht auch noch in den Jänner hinauszögern könne. Auch für die Kinder sei das besser.  

Tipps von der Psychologin

Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, hat die Psychologin einige Tipps parat, um den Streit wegen Kleinigkeiten nicht eskalieren zu lassen. Seidl: „Kommunizieren Sie klar Ihre Erwartungen und klären Sie im Vorfeld, was Ihnen wichtig ist. Wie stellen sich die Eltern Weihnachten vor, was wünschen sich die Kinder? Ist uns ein Festessen zum Heiligen Abend, für das die Erwachsenen den halben Tag in der Küche stehen,  wichtig? Gehört zu Weihnachten für uns das blitzblank geputzte Haus? Oder geht es uns eher darum, Zeit miteinander zu verbringen?“ Falls es doch zum Streit kommt, sollte man auf Abstand gehen und die Emotionen runterkühlen lassen. Manchmal sei es besser, eine Situation zu verlassen und das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen. Auch Aktivitäten könnten entspannend wirken. „Warum nicht mit der Familie eislaufen gehen oder einen Ausflug unternehmen? Wenn wir aktiv sind und etwas zusammen erleben, fühlen wir uns miteinander verbunden und es kommt weniger oft zum Streit als in den eigenen vier Wänden“, so Seidl.

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Zu hohe Erwartungen 

Sowohl Werbung als auch Filme gaukeln uns zu Weihnachten eine heile Welt mit strahlenden Kinderaugen und glücklichen Familien neben dem perfekt dekorierten Christbaum vor. Das bestätigt auch die Psychologin: „Die Erwartungen, die dieses Fest mit sich bringt, sind  unglaublich hoch. Erwartungen, die nicht erfüllt werden, wandeln sich dann schnell in Enttäuschung um.“ Der Schlüssel sei es, sich davon zu verabschieden, dass zu Weihnachten immer alles perfekt sein müsse. 

Über Brigitte Biedermann

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