Weihnachten in der Patchworkfamilie: Feiern ohne Streit und Tränen

So gelingt das Fest ohne Nervenzusammenbruch, Streit und Tränen.

Weihnachten ist das Fest der Liebe, der Kinder und der Familie. Man versammelt jene Menschen um sich, die einem emotional am nächsten sind. Doch nach einer Trennung ist gerade Weihnachten eine besonders sensible Zeit als Familie. Noch komplexer wird es, wenn neue Partner ins Spiel kommen und diese auch Kinder mit in die Beziehung bringen. 

Das System Patchworkfamilie steht zu den Feiertagen vor enormen Herausforderungen. Das thematisiert auch der neue Kinofilm "Wie kommen wir da wieder raus?" mit Caroline Peters und Simon Schwarz. Die beiden Ex-Partner wünschen sich nichts sehnlicher als ein friedliches Weihnachtsfest mit der „ganzen“ Familie. Nur will das nicht so recht gelingen. Es ist ein emotionaler Drahtseilakt für alle. Denn es gilt einiges zu beachten, um die Feiertage unbeschadet und ohne Nervenzusammenbruch zu überstehen.

Heile Familie spielen

Die Wiener Patchworkfamilien-Beraterin Michaela Schindler weiß, wovon sie spricht. Sie berät nicht nur Familien, sondern lebt selbst seit 19 Jahren in einer Bonusfamilie mit vier Kindern zwischen 15 und 29 Jahren. „Was ich allen Beteiligten immer gleich als Erstes sage, ist: Es gibt auch noch einen 25. und 26. Dezember. Es muss nicht alles am 24. passieren.“ Der zweite wichtige Rat: "Bitte nicht auf Druck gemeinsam feiern wollen, nur weil man noch immer das Bild der heilen Familie im Kopf hat und dann aber ins Nebenzimmer weinen geht." 

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Strahlende Kinderaugen sehen zu wollen, ist meist nur die eigene Wunschvorstellung. Und: Kinder würden es spüren, wenn es den Eltern mit einer Situation nicht gut gehe. Das heißt: Nichts nur der Kinder wegen machen, womit man selbst nicht leben kann. Denn auch wenn in diesem Jahr alles anders ist als sonst, können Kinder meist sehr gut mit neuen Situationen umgehen. 

Michaela Schindler: "Bitte nicht auf Druck gemeinsam feiern wollen und dann geht einer ins Nebenzimmer zum Weinen.“

©Privat

Die Wahrheit sagen

Die Expertin weiß: "Kindern ist die Wahrheit zumutbar." Deshalb sollte man ihnen auch klar – natürlich altersadäquat – kommunizieren, warum man sich getrennt habe. "Viel schlimmer ist es für Kinder, wenn sich die Eltern noch immer gut verstehen und die Kinder gar nicht wissen, warum sie keine Familie mehr sind", so Schindler. Das raten auch die Experten vom Verein Rainbows, die ebenfalls Beratung für getrennte Eltern anbieten. Eine gemeinsame Weihnachtsfeier kurz nach der Trennung würde bei vielen Kindern nur die Hoffnung schüren, dass alles wieder so wird wie früher. 

Den Egoismus ablegen

Die Erwachsenen müssen – auch wenn es ihnen noch so schwerfällt – jetzt ihre Erwartungen und Bedürfnisse zurückstecken. Auch der Egoismus sollte ablegt werden. Schindler: "Die Kinder sind in den meisten Fällen gar nicht so traurig, wenn ein Elternteil beim Fest nicht dabei ist. Das bildet man sich nur ein, weil man selbst so traurig ist." Jetzt gehe es darum, seine eigenen Gefühle hinten anzustellen. Auch wenn Weihnachten immer gleich gefeiert wurde, heißt es nicht, dass es auch in diesem Jahr so sein muss. "Es kann auch eine neue Geschichte geschrieben werden", so die Familienberaterin. 

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Sie hat noch einen wichtigen Tipp parat: "Am besten die Weihnachtsregelung schon im Sommer besprechen. Da ist man viel lockerer. Im November hat man schon eine andere Sehnsucht. Bei 30 Grad geht man viel entspannter an die Planung." Paare, die noch keine Kinder haben und sich fragen: "Zu dir oder zu mir zu Weihnachten?", rät Schindler: "Einfach einen Kompromiss eingehen. Dieses Jahr fahren wir zu deinen Eltern, nächstes Jahr zu meinen und im dritten Jahr sind wir einfach nicht da."

Frisch getrennt feiern: Diese Tipps sollten beherzigt werden

Das erste Weihnachten nach der Trennung ist für alle Beteiligten eine neue Erfahrung und mit vielen Emotionen verbunden. Kinder brauchen jetzt besondere Zuwendung. Beide Elternteile sollten den Kindern zeigen: "Ich bin für dich da." Wie gefeiert wird, kann nicht jedes Jahr für alle Familienmitglieder zu 100 Prozent passen. Statt sich über Termin und Ort der Feier zu streiten, sollten Familien lieber zweimal feiern. Ein gemeinsames Weihnachtsfest des frisch getrennten Paares mit den Kindern muss nicht sein. Es verstärkt bei vielen Kindern die Hoffnung, dass die Eltern wieder zusammenkommen. 

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Manche Kinder nutzen auch die Zeit, um zwischen ihren Eltern zu vermitteln, und sind dann enttäuscht, wenn sich ihre Hoffnung nicht erfüllt. Kinder sollten die Geschenke des Elternteils, der nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, annehmen dürfen. Und: Eltern sollten nicht versuchen, in Sachen Geschenken in Konkurrenz zu treten.   Wenn der Umgang zu Weihnachten eingeschränkt oder gar verweigert wird, trifft das die Kinder besonders hart. Hilfe und Unterstützung bietet der Verein Rainbows in Seminaren auch online oder in Beratungsterminen. 

Über Brigitte Biedermann

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