Hugh Jackman und Deborra-Lee Furness

Scheidung mit 50 plus: Darum scheitern so viele Ehen

Immer mehr Paare lassen sich im Alter von 50 plus nach vielen gemeinsamen Jahren noch scheiden. Auch in Österreich steigen die Zahlen immer weiter an. Warum ist das so?

Es passiert Hugh Jackman genauso wie Melinda Gates oder dem Paar aus dem Gemeindebau. Die Zahlen der Scheidungen, bei denen die Noch-Ehepartner 50 Jahre oder älter sind, steigen. Meist haben die Paare schon mehr als zwanzig gemeinsame Jahre hinter sich und sagen: "Ab jetzt ohne dich."

Dieser Trend wird unter dem Begriff "Grey Divorce" zusammengefasst und ist statistisch belegt. Erforscht hat das Phänomen Sonja Dörfler-Bolt, Soziologin am Österreichischen Institut für Familienforschung. Ihre Studie bestätigt: In Österreich haben sich die Zahlen der Grey-Divorce-Fälle von 1985 bis 2019 fast vervierfacht. Die Wissenschafterin erklärt die Ursachen: "Die österreichische Bevölkerung wird immer älter und somit ist auch das Scheidungspotenzial ab dem 50. Lebensjahr viel höher. Eine Scheidung ist heute auch sozial akzeptierter und Frauen ökonomisch unabhängiger."

Prominente Beispiele gibt es einige: 2021 gaben Bill (67) und Melinda Gates (59) bekannt, dass sie sich nach 27 Jahren Ehe scheiden lassen. Auch die Ehe von Schauspielerin Maria Furtwängler (57) und Verleger Hubert Burda (83) ist 2022 nach mehr als 30 Jahren in die Brüche gegangen. Jüngstes Beispiel ist Schauspieler Hugh Jackman (54) und seine Noch-Ehefrau Deborra-Lee Furness (67). Erst am vergangenen Wochenende gaben die beiden ihre Trennung nach 27 Jahren bekannt. 

Wo ist die Liebe hin?

Über die Gründe von späten Scheidungen wissen die beiden Wiener Paartherapeuten Sabine und Roland Bösel aus ihrer Praxis bestens Bescheid. „Der Hauptgrund für Trennungen ist, dass wichtige Themen über längere Zeit unter den Teppich gekehrt werden. Statt miteinander zu reden, ziehen Paare die Arbeit, Sport oder das Smartphone vor“, so Roland Bösel. Irgendwann räche sich das, Entfremdung sei die Folge. Die Affäre sei ebenfalls noch immer einer der Haupttrennungsgründe – auch im Alter von 50 plus. Roland Bösel: „Wenn eine dritte Person ins Spiel kommt, ist es immer schwierig. Die frisch Verliebten glauben dann, das Seelenheil im neuen Partner gefunden zu haben. Die meisten handeln im Tunnelblick und die alte Beziehung hat oft keine Chance mehr.“ Ein weiterer Grund für die späte Scheidung sind die meist schon erwachsenen Kinder. Das bestätigt auch Sonja Dörfler-Bolt: „Kinder halten eine problematische Ehe zusammen. Sind die Kinder aus dem Haus, wollen vor allem Frauen wieder beruflich durchstarten und wagen es, aus einer unbefriedigenden Beziehung auszusteigen.“ 

Sabine und Roland Bösel sind Paartherapeuten aus Wien.

©Stefan Fürtbauer

Faktor Kinder

Eltern von noch kleinen Kindern fragen sich, ob es nicht besser ist, in einer unglücklichen Partnerschaft zu bleiben? Paartherapeut Roland Bösel hat eine klare Antwort: „Nein. Es ist wichtig, sich einzugestehen, dass es oft besser ist, sich voneinander zu verabschieden, aber gute Eltern zu bleiben.“ Bösel rät, nicht vor den Konflikten davonzurennen, sondern sich Hilfe zu holen, die Probleme anzuschauen und sich in letzter Konsequenz auch zu verabschieden. Aber mit Respekt, denn beim nächsten Kindergeburtstag sehe man sich wieder und da sollten den Kindern zuliebe keine abwertenden Blicke ausgetauscht werden. 
 

Verleger Hubert Burda und Schauspielerin Maria Furtwängler waren 32 Jahre lang ein Paar.

©EPA/RONALD WITTEK

Männer tun es wieder 

Interessant ist noch ein Faktum aus der Grey-Divorce-Scheidungsstudie: Männer wollen auch im höheren Alter wieder eine neue Partnerschaft eingehen, Frauen hingegen nicht. „Frauen atmen nach einer belastenden Ehe auf und sagen: ‚Das tue ich mir nicht wieder an‘. Sie sind  besser sozial eingebettet und wollen niemanden mehr umsorgen. Männer hingegen suchen eher nach einer neuen Partnerin und sind auch bereit, noch einmal zu heiraten“, so die Studienautorin. Der Grund für diese Haltung liegt in der Lebensrealität von Frauen, die auch 2023 noch vorherrscht. „Frauen sind durch Job, Kinder und Familie stark belastet. Männer nehmen sich ihre Freiheiten hingegen ganz selbstverständlich. Frauen müssten in der Beziehung ihre Grenzen klar kommunizieren und Freiheiten pro-aktiv einfordern. Das können sich Frauen von Männern abschauen“, so Dörfler-Bolt. Das große Ziel nach einer Scheidung, so der Tenor vieler Befragten: endlich das Leben genießen. 

Über Brigitte Biedermann

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