Watschenaffären: „Dass da 14 Tog da Schädl woklt“

Die Watsche in der Oscarnacht, war nicht die einzige die Geschichte schrieb. Hier findet ihr Auseinandersetzungen, die Aufsehen erregten.

Diese Watsche war ganz und gar nicht oscarreif. Moderator Chris Rock hatte zwar während der Verleihung der begehrten Filmtrophäen einen in der Tat geschmacklosen Witz über die Ehefrau von Will Smith gemacht. Doch der reagierte inakzeptabel gewalttätig, als er die Bühne stürmte und auf den Moderator einschlug. Die Ohrfeige fügt sich in eine Reihe von Watschenaffären, die in Künstler-, Politiker- und Sportlerkreisen registriert wurden.

Sido gegen Heinzl

Die Ohrfeige, die in Österreich 2012 für Schlag-Zeilen gesorgt hat, war die Attacke des deutschen Rappers Sido auf Societyreporter Dominic Heinzl. Auch damals berichteten wir an dieser Stelle über die berühmtesten Auseinandersetzungen. „Das war keine Ohrfeige“, erinnert sich Heinzl heute, zehn Jahre später, „das war ein brutaler Faustschlag“. Sido, damals Juror in der Castingshow Die große Chance, hatte sich durch einen Heinzl-Beitrag in der Sendung Chili beleidigt gefühlt. „Als ich Tage später im Studio ein Interview führte, kam er unvermittelt auf mich zu und schlug mich nieder. Ich bin mit dem Hinterkopf auf den Boden gefallen und hatte Glück, dass nicht mehr passiert ist.“ Sido hat sich später bei Heinzl entschuldigt.

Dominic Heinzl

©KURIER/Flora Mayrhofer

Dorsch gegen Weigel

Eine Ohrfeige, die Theater-Geschichte schrieb, streifte Wiens Kritikerpapst Hans Weigel ein, als er am 13. April 1956 das Café Raimund beim Volkstheater betreten wollte. Am Eingang lauerte ihm die berühmte Schauspielerin Käthe Dorsch auf, holte weit aus und verabreichte ihm zwei schallende Ohrfeigen. Dann beschimpfte sie ihn noch als „Dreckfink“ und ging ab.

Stunden vor der Attacke war Weigels Zeitungskritik zu einer Burgtheater-Premiere erschienen, in der „die gepflegte Sprachkunst“ der Dorsch gelobt, ihr dann aber vorgehalten wurde: „Alles, was gestaltet, erlebt sein sollte, blieb Ansatz, Andeutung – wie Stars bei der 300. Vorstellung sind.“

Weigel lachte laut auf, als ich ihn viele Jahre später auf die Watschenaffäre ansprach: „Die Käthe Dorsch, mit der ich sonst sehr gut war, hat ja eine bisserl pathologische Schlagfertigkeit gehabt. Sie hatte vor mir schon den deutschen Kritiker Harich geohrfeigt.“

Käthe Dorsch wurde in der Causa Weigel „zu einer Geldstrafe von 500 Schilling, im Nichteinbringungsfalle drei Tage Arrest“ verurteilt.

Dorsch vor Gericht

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Klarsfeld gegen Kiesinger

Politisch brisanter war da schon eine Ohrfeige, die der deutsche Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger 1968 von der Journalistin und „Nazijägerin“ Beate Klarsfeld einfing. Die 29-jährige Journalistin bestieg während eines CDU-Parteitags das Podium, ging auf Kiesinger zu und schlug ihn so fest, dass er eine Verletzung an der linken Wange erlitt. Im darauf folgenden Prozess erklärte die Täterin, Kiesinger wegen dessen einstiger Mitgliedschaft bei der NSDAP attackiert zu haben. Das Urteil: vier Monate bedingt.

Gemeinsam mit ihrem Mann Serge Klarsfeld half Beate Klarsfeld wirkliche Kriegsverbrecher wie Klaus Barbie, den „Schlächter von Lyon“, und Alois Brunner zu stellen. Im März 2012 unterlag sie Joachim Gauck als Kandidatin der „Linken“ für das Amt des deutschen Bundespräsidenten.

Fröhlich gegen Goebbels

Direkt in die Nazizeit führt uns eine weitere Ohrfeigenaffäre. Gustav Fröhlich zählte zu den populärsten Stars des deutschen Films und verliebte sich 1935 in seine junge Kollegin Lida Baarova. Die beiden wurden das Traumpaar des deutschen Kinos, bis Propagandaminister Joseph Goebbels sich eines Tages an die attraktive Tschechin heranmachte.

Lida Baarova-Gustav Fröhlich galt als Traumpaar

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Von Goebbels ist bekannt, dass er zahlreiche Affären mit Schauspielerinnen hatte, deren Karrieren von seinem Wohlwollen abhingen. Auch die Baarova gab seinem Drängen nach und verließ Fröhlich. Der soll bei einer Premierenfeier auf Goebbels zugegangen sein und ihn vor allen Gästen geohrfeigt haben. Beweise für die Watschen gibt es keine, da derartige Skandale in den von den Nazis kontrollierten Medien totgeschwiegen wurden.

Aber die Affäre hatte weitreichende Folgen: Goebbels wollte sich wegen der Baarova scheiden lassen, worauf seine Frau Magda sich an Hitler wandte, der einen Tobsuchtsanfall bekam und Goebbels’ Angebot, als Minister zurückzutreten und mit Lida Baarova als deutscher Botschafter nach Japan zu gehen, ablehnte. Goebbels musste die Beziehung beenden, und die Baarova war ab sofort für den deutschen Film gesperrt.

Gustav Fröhlich schrieb in seinen Memoiren, Goebbels nicht geohrfeigt zu haben, „da ich nicht lebensmüde war“, mehrere Zeugen haben den Vorfall jedoch bestätigt.

Gefahrlos dagegen verliefen Watschenaffären in den Reihen des Sports. In den 1970er-Jahren ohrfeigte der Nationalspieler Rudi Flögel am Rapid-Platz den damaligen KURIER-Sportreporter Hansjörg Wachta, weil der ihn in einem Artikel kritisiert hatte. Schlagzeilen gab’s 1989, als der Austrianer José Percudani seinen Teamkollegen Herbert Prohaska während des Trainings eine „geschmiert“ hatte.

Lizarazu gegen Matthäus

Bei den Bayern krachte es 1999 zwischen Lothar Matthäus und Bixente Lizarazu, worauf der Franzose 10.000 Mark Strafe zahlen musste. Und in der WM-Qualifikation 2009 ohrfeigte Lukas Podolski seinen Mannschaftskapitän Michael Ballack.

Eine Kieferprellung erlitt Ex-Skifahrer und TV-Star Armin Assinger, als er im Juli 2010 am Wörthersee von einem Holländer attackiert wurde. Den Autofahrer hatte gestört, dass Assinger mit seinem Fahrrad in zweiter Spur fuhr, wodurch er ihn nicht überholen konnte. Der Tourist blieb stehen, schlug ihm ins Gesicht – und kam mit einer Geldstrafe davon.

Nur eine Androhung

Die allerharmlosesten Ohrfeigen stammen von „MundlSackbauer: Wenn er brüllte „Kriegst a Watschn, dass da 14 Tog da Schädl wocklt“, dann blieb es Gott sei Dank immer nur bei der Androhung.

©ORF/OrF
Georg Markus

Über Georg Markus

Ob Georg Markus über Figl, Kreisky oder eine Begegnung mit Billy Wilder berichtet – ihm geht es immer darum, Leser spannend und unterhaltsam zu informieren. Er war ein Jahr Assistent von Karl Farkas, ehe er 1970 als Reporter zum KURIER kam, später spezialisierte er sich auf „Geschichten mit Geschichte". Georg Markus zählt zu Österreichs erfolgreichsten Sachbuchautoren. Seine Bücher wie „Die Enkel der Tante Jolesch" oder „Die Hörbigers“ landeten auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Zuletzt erschienen: „Schlag nach bei Markus“ (2011). Georg Markus ist „glücklich, im KURIER zu sein. Hier habe ich zu schreiben gelernt, diese Zeitung ist meine Heimat, sie ist seriös, gut lesbar und unabhängig." Sein Problem: „Jedes Jahr verspreche ich meiner Frau, heuer wirklich kein Buch zu schreiben."

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