Vorspiel, Licht und Sonne: Ballett der Begegnungen
Das Staatsballett mit drei Choreografien an der Volksoper
von Silvia Kargl
Ballettdirektor Martin Schläpfer legt ein rasantes Tempo und ein enormes Pensum für die Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts vor, wenn es um die Erneuerung und Erweiterung des Repertoires geht.
Schon zwei Wochen nach der letzten Premiere in der Staatsoper ging es am Mittwoch in dem Dreiteiler „Begegnungen“ mit einer Erstaufführung und zwei Uraufführungen in der Volksoper weiter.
„24 Préludes“ von Alexei Ratmansky ist eine 2013 entstandene, fein gesponnene Choreografie, die im Einklang mit Frédéric Chopins 24 Préludes in einer Orchestrierung von Jean Françaix verschiedene Tanzstile und Stimmungen gekonnt miteinander verbindet. Da geht es um Sehnsüchte, Verliebtheit und Momente voll Melancholie. Ratmansky baut auf einem Ballettvokabular der Romantik auf.
Ballettkenner werden sich über Zitate von Choreografen des 20. Jahrhunderts wie Michel Fokine, Frederick Ashton bis Antony Tudor freuen, die in Wien selten zu sehen waren. Auch Ratmansky setzt der Romantik zeitgenössische Elemente entgegen, ohne eine verspielt anmutende Ästhetik zu brechen.
Große Gesten
Ganz anders setzt Andrey Kaydanovskiy in der Uraufführung von „lux umbra“ auf stark theatralische Effekte. Die Auftragskomposition von Christof Dienz passt ideal zu diesem Tanztheater, in dem Kaydanovskiy eine Geschichte von einem Aufbruch aus einem begrenzten Umfeld zum Licht erzählt, von Veränderung und dem Streben nach Verbesserung. Die oft kantigen Bewegungen, große Gesten, der fantasievolle Umgang mit der Ausstattung Karoline Hogls und die Musik von Dienz führen zu einem außergewöhnlich expressiven Stück, in dem Rebecca Horner, Marcos Menha und Lourenço Ferreira ein starkes Ensemble anführen.
Mit „In Sonne verwandelt“ folgt eine weitere Uraufführung. Martin Schläpfer hat sich zu einer Choreografie von Ludwig van Beethovens 4. Klavierkonzert inspirieren lassen, ausgezeichnet gespielt von Johannes Piirto und wie der ganze Abend unter der ebenso überzeugenden Leitung von Gerrit Prießnitz am Dirigentenpult des Orchesters der Volksoper. Schläpfer übersetzt nicht die Noten in Tanz, schafft eine eigene Ebene für die Visualisierung. Obwohl ein Großteil des Ensembles zu sehen ist, wird das Ballett von Solisten getragen, die mit Schläpfers Handschrift vertraut sind.
Die exquisite Choreografie hat unbeschwerte Momente und versprüht mit Kostümen von Hélène Vergnes durchaus Eleganz. Doch sie wirkt oft nahezu distanziert zum Klavierkonzert, was vielleicht auch der Entfernung zum Orchestergraben geschuldet ist.
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