In Sunny Beach lassen besoffene Engländer die Hose runter
Der Sonnenstrand in Bulgarien gilt als einer der billigsten Sauf-Spots Europas. Hunderttausende Engländer fallen jeden Sommer ein.
Amsterdam mag sie nicht und droht in "Werbungen" mit Gefängnisstrafen bei einem Besuch, wenn sie sich daneben benehmen. In Magaluf auf Mallorca sind sie auch nicht mehr erwünscht. Und auch Lanzarote möchte es gediegener angehen. Aber in Bulgarien sind junge britische, trinkfreudige Touristen herzlich willkommen. Und besonders in Sunny Beach.
Jedes Jahr fallen hunderttausende Menschen von der Insel an den Sonnenstrand zwischen Varna und Burgas ein, der auf Bulgarisch Slanchev Bryag heißt. Die mit Betonburgen gesäumte Gegend dürfte die billigste Urlaubsdestination Europas sein. Ein halber Liter Bier kostet rund einen Euro, All-you-can-drink-Nächte gibt es schon für 30 Euro. Genauso viel kostet ein Hotelzimmer. Dazu verkaufen Strandbars Shots von Viagra-Jelly, ein Generikum des Potenzmittels. "Blackpool abroad" heißt der Spot bei den Briten in Anlehnung an die verarmte Touristenstadt in Nordengland.
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Das hat massive Auswirkungen auf die Stimmung. Bilder von Menschen, die gleich in der Disco einschlafen, sind bei Weitem die harmlosesten. Und dass man hier gerne die Hose lüftet, gehört scheinbar ohnehin zum guten Ton. In der Vergangenheit gab es schon Herzstillstände nach Trinkgelagen oder Todesstürze Betrunkener von Hotelbalkons und -dächer.
Das hinderte die Tourismusindustrie, die nach dem Ende des Kommunismus eigentlich auf westeuropäische Familien gesetzt hatte, nicht daran, noch mehr auf die erlebnishungrigen Gäste zu setzen. Während im Vereinigten Königreich Lachgas als psychoaktive Substanz verboten ist, wird es in den Straßen von Sunny Beach in Lachgasballone verkauft. Und damit möglichst wenig passiert, muss die Polizei im Sommer aufstocken. 40 Beamte extra versehen Dienst am Strand, auf dem laut Daily Mirror 130 Rettungsschwimmer beschäftigt sind.
Dass illuminierte Gäste nicht nur anfällig für Schlägereien oder Verletzungen jeglicher Art sind, davor warnt auch das britische Außenministerium. Aus Sunny Beach würden es regelmäßig Meldungen über Raubüberfälle oder aggressive Taxi-Fahrer geben.
Achtung, Räuber
Schon vor einigen Jahren warnte das auswärtige Amt in englischen Medien, dass auch Kontakte mit Sex-Arbeiterinnen unangenehm enden könnten. "Wir haben viele Berichte, dass Prostituierte und ihre Zuhälter Briten ausgeraubt haben." Auch Stripclubs würden kein unbedingt sicherer Ort sein. Sie müssten sich dort vor Wucher und Wut in Acht nehmen. "Touristen müssen hier viel zu viel zahlen und werden mit Gewalt bedroht, wenn sie es dann nicht tun."
Die Süddeutsche berichtete schon 2007: "Hotels, Bars oder Diskotheken werfen jährlich Gewinne von geschätzt 100 Millionen Euro ab. Oft werden sie von einer der laut Innenministerium 424 Mafiagruppen Bulgariens kontrolliert." Der Generalstaatsanwalt sagte 2016: "Der Krieg wird nicht nur um Drogen geführt, sondern auch um Eisstände, Taxihaltestellen und jedes Stück Land."
Und auch wenn bulgarische Behörden immer mal wieder als Spaßbremsen auftreten, so richtig loswird Sunny Beach sein Image nicht. Gerade erst hat der englischer Fernsehsender Channel 4 eine neue mehrteilige Reality-Serie über britische Touristen und ihre Aktivitäten dort veröffentlicht.
Schwabbelige Touristen
In der Doku sagt die Polizistin Desislava Goranova: "Meiner Meinung nach sehen die üblichen britischen Touristen so aus: weiße Haut, etwas schwabbelig und sie tragen so wenig Gewand wie möglich. Sie sind sehr laut und mit Tattoos übersäht.
Ihr Kollege sekundierte ihr und legte noch ein Schäuflein nach: Britische Touristen könnten nicht so mit Alkohol umgehen wie die Einheimischen. "Sie verursachen die meisten Probleme, weil sie nicht trinken können." Der Unterschied zwischen den Bewohnern von der Insel und den Bulgaren sei, das Briten Beer trinken, während Bulgaren zu Weinbrand greifen. "Wir werden nüchtern, wenn wir Bier trinken."
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