So sind wir: Eine Liebeserklärung an die Serie "This Is Us"

Herausragendes Fernsehen: Die Serie „This Is Us“ nimmt Abschied, die letzte Staffel startet bei Amazon Prime Video und Disney+.

„This Is Us“ ist eines der besten Dinge, die Sie je im Fernsehen gesehen haben werden.

Wenn man sich manchmal fragt, was Fernsehen heute sein kann, gibt diese Serie die Antwort. Nein, es muss nicht, seiner selbst überdrüssig, auf Autopilot ewig dieselben Gebührenfernsehen-Hauptabendrunden zwischen Krimi, Naturfilm und Show drehen.

Und nein, TV-Serien müssen keine geschwätzigen, hochgerüsteten Special-Effects-Blockbuster mit Abschlussschwierigkeiten sein.

Fernsehen kann mehr, und anderes.

Und zwar genau das: „This Is Us“ erzählt von Familie, und zwar so, wie Familie ist. Emotionsgeladen, melancholisch, verklärt, brutal, voller Geheimnisse, von denen man immer nur einen Bruchteil kapiert.

Familie zu sein heißt nämlich, dass Menschen gemeinsam ein Leben leben, und jeder von diesen Menschen dieses Leben ganz anders wahrnimmt, obwohl alle voneinander glauben, dass sie dasselbe Leben leben.

Familie ist kompliziert und wunderbar.

Die Pearsons, das sind Rebecca (Mandy Moore) und Jack (Milo Ventimiglia), ihre Kinder Randall, Kevin und Kate.

©Ron Batzdorff/NBC/NBC/Ron Batzdorff

Sie werden in „This Is Us“ über mehrere Generationen hinweg begleitet, und ihnen passiert, was im Leben so passiert. Sie erleben ein großes Unglück und viel, viel kleines Glück. Sie basteln sich eigene Traditionen aus dem Schwemmgut des Lebens. Sie drehen Steine der Familiengeschichte um, und entdecken darunter Gutes und Schlechtes.

Sie lieben und streiten und hoffen und scheitern.

©Ron Batzdorff/NBC/NBC/Ron Batzdorff

Es ist eine amerikanische Familie, die über das Amerikanische hinausgehende Wahrheiten vom Leben anzubieten hat. So sind wir.

An dieser Stelle ließe sich leicht denken: Familie? Hab’ ich selbst genug. Es wäre ein Fehler. Denn wie „This Is Us“ vom Leben erzählt, ist ganz große Literatur.

Erzählkunst

Da geht es nicht um teure Produktion oder Stars oder andere Oberflächen: Der Trick der Show, der bis in die letzte Folge hinein fasziniert, ist die Art des Erzählens.

Die Drehbuchautoren nehmen den Seher an der Hand, zeigen ihm etwas – eine Szene, eine Person, ein Ereignis – und verbringen dann die nächste Stunde damit, zu erzählen, warum das Bild, das man sich auf den ersten Blick gemacht hat, nur ein Teil der Geschichte ist. Wie komplex Menschen sind, warum Wahrheit nicht einfach ist, warum Menschen so tun, was sie tun. Die Serie ist, auch, ein Gegenprogramm zu den emotionalen Schnellschüssen, mit denen man das Leben abhandelt, wenn man nicht aufpasst.

©Ron Batzdorff/NBC/NBC/Ron Batzdorff

Jede Staffel schreibt die vorherigen neu. Jetzt, am 1. Juni, startet die sechste Staffel bei Amazon Prime Video und bei Disney+. Es heißt, wie das so ist im Leben, Abschied zu nehmen.

Während draußen die nächste Generation, auch schon groß, Ball spielt, wechseln drinnen am Sterbebett die Generationen ihre Rollen. „Du hast uns gut gemacht“, ist das Abschiedswort, das man als Kind seinen Eltern mitgeben will.

Georg Leyrer

Über Georg Leyrer

Seit 2015 Ressortleiter Kultur und Medien, seit 2010 beim KURIER, seit 2001 Kulturjournalist. Zuständig für alles, nichts und die Themen dazwischen: von Kunst über Musik bis hin zur Kulturpolitik. Motto: Das Interessanteste an Kultur ist, wie sie sich verändert.

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